Dr. Sören Lutz, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Helios-Klinikum Niederberg Foto: Helios

Velbert. Das Gesundheitsministerium NRW hat die Frühgeborenversorgung neu strukturiert. Für das Helios-Klinikum Niederberg hat das Konsequenzen: „Es kann keine neonatologische Intensivstation mehr vorgehalten werden und eine Versorgung ist nur noch ab der Schwangerschaftswoche 36 möglich“, erklärt Chefarzt Dr. Sören Lutz. Über die Hintergründe und die Änderungen, die jetzt umgesetzt werden, berichtet das Helios-Klinikum.

Das Land NRW hat durch die zuständige Planungsbehörde, das Gesundheitsministerium (MGEPA bzw. MAGS) im Juli 2013 einen neuen Krankenhausrahmenplan erlassen, der unter anderem Änderungen bei der künftigen Versorgung von Schwangeren und Frühgeborenen zur Umsetzung vorgibt. Damit einher ging die schrittweise Umsetzung eines neuen zweistufigen Modells zur Versorgung von Schwangeren und Früh- und Neugeborenen, das nur noch in Perinatalzentren Level I zur Versorgung von Frühgeborenen und Schwangeren sowie Kliniken zur Geburtshilflichen Grundversorgung unterteilt. Damit wird von einer bundeseinheitlichen Qualitätssicherungsrichtlinie (QFR-RL des G-BA), die grundsätzlich eine vierstufige Abstufung für die Versorgung vorsieht, abgewichen. Infolgedessen entfallen in NRW die Versorgungstufen der Perinatalzentren II und der Stufe III (perinatologischen Schwerpunkt).

Versorgungstufen II und III der Perinatalzentren entfallen

Die Aktivierung dieses Konzeptes erfolgte in 2019. Das Helios-Klinikum Niederberg ist von dieser Neustrukturierung ebenfalls betroffen. Für den Kreis Mettmann bedeutet dies den Verlust der spezialisierten Versorgung von Früh- und Neugeborenen vor Ort, die künftig auch im Rahmen eines perinatologischen Schwerpunktes nicht mehr im bisherigen Umfang angeboten werden darf. „Dass die Krankenhausrahmenplanung geänderte Versorgungsstrukturen vorsieht, war bekannt. Warum unsere Bemühungen um den Erhalt des Versorgungsangebotes, etwa durch eine Ausnahmeregelung für den Standort oder zumindest in Form einer adäquaten Übergangsregelung, nicht aufgegriffen wurden, ist hier bei allen Beteiligten auf großes Unverständnis gestoßen“, erklärt Klinikgeschäftsführer Dr. Niklas Cruse.

Spezialisierte Versorgung mit langer Tradition

Das Helios-Klinikum Niederberg übernimmt bereits seit mehr als dreißig Jahren als einziges Krankenhaus im Kreis Mettmann die Versorgung von Schwangeren und Frühgeborenen, in einem Maße, das deutlich über dem der geburtshilflichen Regelversorgung liegt (Level II). Die dafür erforderlichen Qualitätsanforderungen wurden erfüllt und jährlich nach Vorgabe der Qualitätssicherungs-Richtlinie „Früh- und Reifgeborene“ (QFR-RL) bescheinigt. „Dass wir Schwangeren in Zukunft unser Versorgungsangebot nicht mehr im gewohnten Umfang anbieten können, obwohl alle Voraussetzungen dafür gegeben sind, macht uns sehr betroffen“, betont auch Dr. Sören Lutz, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. „Wir werden die krankenhausplanerische Entscheidung zu akzeptieren haben, wodurch auch unsere neonatologische Intensivstation nicht mehr vorgehalten werden darf und eine Versorgung nur noch ab der Schwangerschaftswoche 36+0 möglich ist.“

Perinataler Schwerpunkt soll wieder angeboten werden

Da dem Helios-Klinikum Niederberg nach dem jetzigen Stand der Bemühungen auch eine Übergangsfrist nicht gewährt wird, ist das Haus gezwungen, die gebotenen Maßnahmen zeitnah zu ergreifen und bereits in der kommenden Woche umzusetzen. „Natürlich hoffen wir, dass uns das hochspezialisierte Team auch künftig für den Standort erhalten bleiben und wir den betroffenen Kolleginnen und Kollegen eine adäquate Perspektive bieten können“, sagt Gerd Bloemertz, Pflegedirektor am Helios-Klinikum Niederberg. „In Abstimmung mit dem Betriebsrat, der Personalabteilung und Pflegedirektion werden wir dazu in den kommenden Tagen mit allen, die von den planungsrechtlich bedingten Neuerungen betroffenen sind, individuelle Einzelgespräche führen.“ Parallel dazu arbeitet der Führungsstab der Klinik weiterhin mit Hochdruck daran, die spezialisierte Versorgung von Früh- und Neugeborenen  künftig wieder im Rahmen eines perinatalen Schwerpunktes anbieten und die spezialisierten Mitarbeiter wieder in ihrem gewohnten Bereich einsetzen zu können.

Hebammengeleiteter Kreißsaal bleibt unberührt

Im Rahmen der geburtshilflichen Versorgung steht das Helios Klinikum Niederberg werdenden Müttern auch weiterhin zuverlässig zur Seite. Das Angebot des hebammengeleiteten Kreißsaals sowie der hebammengeleiten Wöchnerinnenstation bleibt erhalten und auch die notfallmäßige Versorgung von Säuglingen sowie Notkaiserschnitte werden unverändert durchgeführt. Durch die angeschlossene Kinderklinik ist eine rundum Betreuung von Mutter und Kind – von Geburt an bis zum 18. Lebensjahr – auch in Zukunft gesichert, das gilt auch für das Vorbereitungsangebot der Elternschule.

Darüber hinaus kommt die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie (Neurologie des Kindes- und Jugendalters) ihrem Versorgungsauftrag für Kinder mit Ausnahme onkologischer Erkrankungen in vollem Umfang nach. Behandelt werden etwa Patienten mit gastrointestinalen, pulmonologischen, allergologischen, neurologischen, metabolischen, infektiösen Erkrankungen sowie auch aus sozialer Indikation (bspw. Kindeswohlgefährdung; Zusammenarbeit mit der Schreiambulanz Ratingen).

Erkrankungen des Herzens werden in Kooperation mit der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Wuppertal betreut. Durchgeführt werden auch weiterhin neurophysiologische Untersuchungen sowie sämtliche diagnostische apparative und laborchemische Verfahren (MRT, CT, Röntgen, Ultraschall, EEG, Langzeit-Blutdruck/-EKG, visuell evozierte Potentiale, sensibel evozierte Potentiale, Nervenleitgeschwindigkeiten, Fructose- und Lactoseatemtests, Liquorpunktion). Überregional bekannt ist die monatlich stattfindende Westdeutsche Down-Ambulanz. Am Haus vorgehalten wird eine chefärztlich geführte Sprechstunde für neuropädiatrische Fragestellungen.