Hakan Civelek, Geschäftsführer der IG Metall Velbert, übt Kritik an der Knorr-Bremse-Schließung in Wülfrath. Foto: IG Metall Velbert
Hakan Civelek, Geschäftsführer der IG Metall Velbert, übt Kritik an der Knorr-Bremse-Schließung in Wülfrath. Foto: IG Metall Velbert

Velbert/Wülfrath. Der Geschäftsführer der Velberter IG Metall, Hakan Civelek, übt Kritik an der Knorr-Bremse-Schließung in Wülfrath.  

„In den letzten Jahren ist der Knorr-Bremse Konzern mit sagenhaften zweistelligen Renditen gewachsen“, so Hakan Civelek, erster Bevollmächtigter und Geschäftsführer IG Metall Velbert. Die IG Metall übt am Aufstieg des Knorr-Bremse Konzerns scharfe Kritik.

„Der schnelle Reichtum ist auf dem Rücken der Beschäftigten erfolgt. Im Konzern arbeiten die Beschäftigten 42 statt 35h Stunden. Angesichts der fehlenden Tarifbindung im Großteil der Konzernunternehmen verdienen die Beschäftigten auch weniger als in anderen tariflich gebundenen Unternehmen“, so Civelek, der sich darüber empört, dass tarifgebundene Unternehmen zunehmend von Unternehmen ohne Tarifbindung unter Druck gesetzt werden und es zu Wettbewerbsverzerrung komme. Es sei außerdem nicht hinnehmbar, dass nur knapp 20 Prozent der Knorr-Bremse Beschäftigten in Deutschland arbeiten und knapp 80 Prozent im Ausland.

Im Jahr 2016 hat der Knorr-Bremse Konzern den Lenkungshersteller Tedrive Steering System in Wülfrath aufgekauft, erklärt Hakan Civelek zu den Hintergründen. Technologische Kompetenz und umfassendes Fertigungswissen hat den Standort in Wülfrath im Lenkungsgeschäft ausgezeichnet. Nun soll bereits in einigen Monaten die Produktion eingestellt werden.

Für den Gewerkschafter der Velberter IG Metall ist die Sachfrage klar: „Knorr-Bremse hat den Standort in Wülfrath gekauft, um Knowhow abzuschöpfen und um einen Marktzugang für spezialisierte Lenksysteme zu erhalten. Zukünftige Produkte sollen billig im Ausland produziert werden.“

IG Metall sieht „Chance für die Zukunft“

Tatsächlich wurde die Entwicklungsabteilung in ein neues Kompetenzzentrum vom Wülfrather Standort abgespalten. Das Produktionswerk in Wülfrath wird 2020 geschlossen und viele Beschäftigte befinden sich aktuell schon in der Transfergesellschaft.

Auch wenn die Werksschließung von der Konzernleitung bereits beschlossen und verkündet wurde, sieht die IG Metall Velbert eine reelle Chance für die Zukunft, zumindest für einen kleineren Teil der Beschäftigten: „Bis 2026 gibt es konkrete Aufträge aus der Automobilindustrie. Außerdem ist bereits ein Investor in Erscheinung getreten, der die Restproduktion am Wülfrather Standort weiterführen möchte. Der Investor hat bereits grünes Licht von den Automobilherstellern erhalten und die Produkte könnten sicher in Wülfrath bleiben“, sagt Civelek.

Für den Gewerkschafter ist aber auch klar, dass es nur für eine reduzierte Personalstärke weitergehen kann. „Wir reden hier von 50 bis 60 Beschäftigte, die wir mit der Restproduktion bis 2026 retten könnten. Dafür lohnt es sich aber zu kämpfen“, sagt der Gewerkschafter. Zudem wendet er sich direkt an den Unternehmenspatriarchen: „Ich fordere Heinz Hermann Thiele persönlich zum Umdenken auf. Geben sie den Menschen in unserer Region eine Chance, mit einem neuen Investor noch ein paar Jahre weiter zu arbeiten. Verkaufen Sie die Restproduktion an den Investor“, so der Gewerkschafter.

Unverständnis laut IG Metall auch bei VW

Nach Angaben des Gewerkschafters stößt das Vorgehen von Knorr-Bremse auch bei VW auf Unverständnis. „VW würde sofort am Standort weitermachen – bei denen besteht höchster Respekt vor der Leistungsfähigkeit im Werk“, so Civelek.

Dabei will VW nicht nur die Unwägbarkeiten einer Standortschließung mit Blick auf Liefertreue und Qualität vermeiden – vielmehr gibt es Angebote aus dem Konzern, weitere Teile nach Wülfrath zu verlagern. Perspektivisch könnte sogar vor dem Hintergrund der stärkeren Zusammenarbeit von VW und Ford bei der Elektromobilität dem Standort – grob zwischen Wolfsburg und Köln gelegen – eine strategische Bedeutung zukommen. Denn als ehemaliger Ford-Standort mit dem derzeitigen Hauptkunden VW sind in Wülfrath beide Automobilhersteller bestens bekannt.

„Statt Standortschließung würden wir dann über Möglichkeiten der Standorterweiterung sprechen“, führt Hakan Civelek aus. „Hier wird dem Standort die Zukunft geraubt“, wertet der Gewerkschafter. „Und das wider jegliche ökonomische Vernunft – hier zeigt sich der Unternehmer Thiele, der immer noch die Geschicke bei Knorr-Bremse bestimmt, als schlechter Rechner.“

Hakan Civelek resümiert: Statt Gespräche mit dem Investor und den verbleibenden Kunden aufzunehmen und auf diesem Weg die Schließung für Knorr-Bremse durch Verkauf schnell und günstig über die Bühne zu bringen, geschehe seit Monaten nichts. Am Ende führt dieses Handeln gegen die ökonomische Vernunft schließlich auch noch zur Verärgerung des für Knorr-Bremse extrem wichtigen Kunden VW.