Tamara Ströter vom Blindenverein im Kreis Mettmann hat das Projekt begleitet. Foto: Neanderthal-Museum
Tamara Ströter vom Blindenverein im Kreis Mettmann hat das Projekt begleitet. Foto: Neanderthal-Museum

Mettmann. Das Neanderthal-Museum können Besucher spielerisch mit einer interaktiven App erkunden. Das Angebot richtet sich vor allem an Menschen mit einer Sehbehinderung, kann jedoch grundsätzlich von jedermann genutzt werden.

„Wir sind ein offenes Haus, inklusiv für jeden“, stellt Museumschefin Bärbel Auffermann klar. Weil Theorie und Praxis des guten Gedankens nicht zusammenpassten, hat man nun mit einer Spiele-App fürs Smartphone nachgebessert, die im Neanderthal-Museum in Zusammenarbeit mit einem Wegesystem und haptischen Stationen funktioniert.

Ausgerichtet sind die interaktiven Angebote auf die Bedürfnisse von Menschen mit einer Sehbehinderung, grundsätzlich könnten jedoch alle Besucher das Museum unter Rückgriff auf das Spiel „Neanderthal Memories“ eigenständig und auf eine neue Art erleben.

Umgesetzt worden ist das Projekt als Kooperation mehrerer Akteure: als Träger fungierten die Museumsstiftung und der Blinden- und Sehbehindertenverein Nordrhein; die Entwicklung übernahm das Unternehmen Wegesrand; die Projektleitung verantwortete „NMsee“ und dort die Archäologin Anna Riethus. Die aus Wien stammende Forscherin sieht in der Gaming-App eine Chance, um die ansonsten eher emotionslose Archäologie um ein lebendiges narratives Element zu erweitern.

Tamara Ströter wandelt auf Namis Spuren: An mehreren Stationen im Museum kann man die interaktive Geschichte erleben. Foto: Neanderthal-Museum
Tamara Ströter wandelt auf Namis Spuren: An mehreren Stationen im Museum kann man die interaktive Geschichte erleben. Foto: Neanderthal-Museum

Genau darauf haben die Entwickler den Fokus gesetzt: das Spiel „Neanderthal Memories“ sei niedrigschwellig angelegt, erklärt Thorsten Unger von Wegesrand, jenem Unternehmen, das für das Game-Development zuständig war. „Es handelt sich im Grunde um ein interaktives Hörbuch-Spiel“, erklärt Unger. Einmal auf dem Smartphone installiert – die App gibt es sowohl für Android-Geräte als auch für Apples iOS – folgt man dem geist der Eiszeit-Jägerin Nami und ihren Erinnerungen an die letzte Reise mit ihrem Sohn.

Zwingend nutzen müssen Besucher das App-Spiel nicht, sie können „selbst entscheiden, wie stark man den Rundgang beeinflussen will“, so Thorsten Unger für das Entwicklerteam.

Die Künstliche Intelligenz „NMsee“ unterstützt den Nutzer und leitet Besucher so durch das Museum. Durch Wischgesten auf dem Smartphone können Entscheidungen getroffen werden, die jene Geschichte beeinflussen, die sich über 14 Stationen innerhalb des Neanderthal-Museums erstreckt. Gestartet wird die Spielsession in den Museumshallen, dort gibt es unter anderem 3D-Drucke zu ertasten. Für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen stehen Tastschriften und Braille zur Verfügung. Die Kombination aus Haptik und Game-Design sei eine der großen Herausforderungen bei der Entwicklung gewesen, erklärt Thorsten Unger. Das Projekt sei „ein schönes Beispiel dafür, wie man mit modernen Technologien Menschen teilhaben lassen kann“.

Spiel plus Navigationssystem macht Museum inklusiver

Das Projekt fußt dabei auf zwei Säulen: dem App-Spiel einerseits sowie einem unabhängigen Leitsystem mit haptischen Elementen andererseits. Damit das inklusive Projekt auch von jenem alltagsauglich genutzt werden kann, hatte Tamara Ströter vom Blindenverein im Kreis Mettmann die Spieleentwicklung begleitet. Mit ihren Erfahrungen und Rückmeldungen trug Ströter dazu bei, dass Menschen mit einer Sehbehinderung mit der Gaming-App einen Mehrwert für den Museumsbesuch an die Hand bekommen.

Den Entwicklern war die enge Begleitung wichtig, erklärt Wegesrand-Chef Thorsten Unger. Man habe sich immer wieder mit Betroffenen beraten und Prototypen regelmäßig testen lassen. „Man kann das Museum selbst erobern“, schwärmt Tamara Ströter, der anzumerken ist, wie groß die Freude darüber ist, das Neanderthal-Museum intensiv erleben zu können.

Die Gesamtkosten für das Projekt liegen bei 700.000 Euro, 250.000 Euro entfallen dabei nach Angaben von Projektleiterin Anna Riethus auf die Spielentwicklung und das Beacon-System.