Hochwasser in Langenberg: Die Fluten haben eine Mauer an der Villa Au eingerissen. Foto: Kling

Der Mensch braucht einen Sündenbock. Wenn Ereignisse das Leben durcheinander wirbeln, etwas nicht wie geplant verläuft, dann muss jemand schuld sein. Denn irgendwo müssen wir ja hin, mit unserem Ärger. Deshalb: willkommen, Sündenbock!

Nun ist es beim Wetter im Allgemeinen etwas schwieriger, jemanden dafür verantwortlich zu machen. Vor den Folgen des Klimawandels warnen Experten zwar schon seit Jahren, insbesondere davor, dass Starkregen-Ereignisse zunehmen werden. Andere beklagen ebenso lange bereits, dass immer mehr Flächen versiegelt werden. Was uns immer wieder dann einfällt, wenn es zu schlimmen Hochwassern kommt.

Aber wer ist jetzt schuld: Die Leugner des Klimawandels? Die, die seit Jahrzehnten „falsch“ wählen? Oder doch wir alle irgendwie, der Mensch im Allgemeinen? Nun ist man selbst irgendwie kein guter Sündenbock, also brauchen wir einen anderen. Was Konkreteres.

Die Menschen seien nicht richtig gewarnt worden, lautet der nächste Vorwurf bei der Sündenbock-Suche. Nun ja: Der Deutsche Wetterdienst kann damit nicht gemeint sein. Er hat so was von intensiv gewarnt – wir haben das bereits am Montag vor dem Unwetter online veröffentlicht – dass es niemandem entgangen sein könnte, der die Nachrichten verfolgt.

Allerdings: Der Wetterdienst warnt auch schon den ganzen Sommer. Schließlich zogen Gewitter gleich haufenweise über das Land. Und da sie ganz oft nur ganz lokal waren, passierte oft: nichts. Also sagen wir, wenn eine Unwetterwarnung kommt: Ach was! Panikmache.

Tritt dann allerdings die Katastrophe ein, beschweren wir uns darüber, nicht richtig gewarnt worden zu sein. Nun ja, der Mensch: Er ist vor allem flexibel. Wie wir sehen: Der Sündenbock hilft in dieser Lage nicht wirklich weiter.

Wer allerdings helfen kann: der Mensch als soziales Wesen. Wer mit Betroffenen in den Hochwassergebieten spricht, der hört auch viel von Dankbarkeit: dafür, dass so viele helfen. Von unermüdlichen Einsatzkräften. Dass so viele mit anpacken.

Füreinander da sein, einstehen, miteinander das Unglück angehen: Besser geht’s nicht.