Andreas Adelberger leitet die Beratungsstelle Velbert der Verbraucherzentrale NRW. Foto: Mathias Kehren
Andreas Adelberger leitet die Beratungsstelle Velbert der Verbraucherzentrale NRW. Foto: Mathias Kehren

Velbert. Die hohen Energiepreise und die gestiegene Inflation in Folge des Ukrainekriegs haben 2022 zu einer großen Belastung und Verunsicherung bei vielen Verbrauchern geführt, berichtet die Verbraucherzentrale Velbert. Die Beratungs­stelle war extrem gefragt: Knapp 3.800 Ratsuchende wandten sich 2022 an die Velberter Ver­braucherschützer. Zum Vergleich: 2021 waren es rund 2.900.


„Gegenüber 2021 entspricht die Nachfrage einer Steige­rung von über 30 Prozent. Zusätzlich zur Pandemie haben wir ein Krisen­jahr erlebt, das bei vielen Menschen bestehende Probleme verschärft und neue aufgetan hat“, so Andreas Adelberger, Leiter der Beratungsstelle, bei der Vorstellung des Jahresberichts.

Gasmangellage, Lieferstopps, massenhafte Preiserhöhungsschreiben der Versorger, einseitige Abschlagserhöhungen ohne vorherige Information – besonders die Energiethemen haben für den Ansturm gesorgt und die Beratungskräfte vor große Herausforderungen gestellt, so Adelberger.

In 840 Rechtsberatungen und -vertretungen (2021: 644) haben sich die Verbraucherschützer zumeist erfolgreich für die berechtigten Ansprüche von Ratsuchenden eingesetzt. Das Online-Angebot mit laufend aktualisierten Informationen, Rechentools und interaktiven Musterbriefen war ebenfalls als zenrales Hilfeangebot für die Bürgerinnen und Bürger des Kreises verfügbar.

„Wir erlebten 2022 einen seit Bestehen der Beratungsstelle beispiellose Steigerung im Themenbereich Energie“, so Adelberger. Jede zweite Anfrage habe sich auf dieses Thema bezogen.

108 Cent für eine Kilowattstunde Strom

Für den Leiter der Beratungsstelle kein Wunder: „Im Schnitt mussten die Haushalte im Jahr 2022 dreimal mehr für Gas bezahlen, für Strom etwa doppelt so viel.“ Spitzenwert bei Strom sei in der Beratung ein Kunde mit einem Arbeitspreis von 108 Cent pro Kilowattstunde gewesen, bei Gas 55 Cent. Nicht nur Menschen mit geringen Einkommen habe das in finanzielle Nöte gebracht.

In der kommunalen Netzwerkarbeit organisierte die Verbraucherzentrale in Velbert wegen der für viele Menschen existenziell bedrohlichen Energiepreiskrise einen „Runden Tisch“, an der sich viele Akteure des kommunalen (Hilfe-) Sytems beteiligten, -von Schuldnerberatung und Beratungsstelle Arbeit über Einrichtungen der Sozialberatung bis hin zu Jobcenter, Sozialamt und Grundversorger. Dabei sollten, auch vorsorglich für den Fall drohender oder eingetretener Zahlungsengpässe, Wege gefunden werden, um Strom- und Gassperren zu verhindern.

Photovoltaik, Wärmepumpe oder Strom vom Balkon?

Die Energiepreiskrise und die daraus resultierenden Verunsicherungen bestimmten auch die immens hohe Nachfrage zu „technischen“ Fragen: Wie kann ich meinen Energieverbrauch senken? Welche Heizung ist die richtige? Ist Photovoltaik, eine Wärmepumpe oder eine Kombination von beidem die richtige Wahl? Welche Fördermittel gibt es? Auf solche Fragen gaben die Energieberaterinnen der Beratungsstelle in zahlreichen Vorträgen, Online-Seminaren oder an Infoständen Auskunft. Die Telefonberatungen hierzu waren teils über Monate ausgebucht.

Fakeshops: Lieferengpässe rufen Betrüger auf den Plan

Ob E-Bikes, elektronische Geräte oder Möbel: Die weltweit gestörten Lieferketten führten im vergangenen Jahr zu teils langen Wartezeiten auf bestellte Waren. „Vor allem, wenn schon Vorkasse geleistet wurde, war der Frust groß“, berichtete der Beratungsstellenleiter. Die Verbraucherschützer halfen mit Informationen rund um das Kaufrecht und gegebenenfalls auch dabei, von Verträgen zurückzutreten und bereits überwiesenes Geld zurückzuholen.

Dass manche Dinge knapp, begehrt oder in seriösen Shops gar nicht zu haben waren, rief auch vermehrt betrügerische Internetanbieter auf den Plan. In den täuschend echt aussehenden Fakeshops gab es Brennholz, Generatoren und Solaranlagen, aber auch Gaming-Zubehör oder Haushaltsgeräte zu scheinbar unschlagbaren Preisen: „Wer hereingefallen war und Vorkasse geleistet hatte, sah sein Geld in der Regel nicht wieder und konnte nur Anzeige erstatten“.

Beratung zu Reiserecht

Die teilweise chaotischen Zustände an den NRW-Flughäfen vermiesten im vergangenen Jahr vielen Flugreisenden den Urlaub. Streiks, gestrichene Verbindungen, verpasste Flieger wegen stundenlanger Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen, verlorenes oder zu spät geliefertes Gepäck: Die Beratungsstelle klärte über Fluggastrechte auf und half bei der Forderung nach Erstattungen oder Entschädigungen.

Finanzthemen im Fokus

Die Kündigungen langfristiger, gut verzinster Sparverträge war 2022 für viele Sparer:innen auch im Kreis Mettmann ein Ärgernis. Ob diese rechtmäßig waren und ob eventuell die Nachberechnung von Zinsen gefordert werden sollte, war eines von vielen Themen im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht. Steigende Hypothekenzinsen ließen für viele die monatliche Belastung deutlich steigen und warfen Fragen zu Anschlussfinanzierungen auf, die von einem spezialisierten Rechtsanwalt der Verbraucherzentrale beantwortet wurden.