Bei den Kommunalwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sind Tausende Mandate zu vergeben. (Archivbild)
Bei den Kommunalwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sind Tausende Mandate zu vergeben. (Archivbild) Foto: Oliver Berg/dpa

Düsseldorf (dpa/lnw) – Rund 13,7 Millionen Bürger dürfen am 14. September in Nordrhein-Westfalen darüber abstimmen, wer in den nächsten fünf Jahren die Geschicke vor Ort bestimmen darf. Im bevölkerungsreichsten Bundesland geht es um Tausende Mandate in den Kommunalparlamenten der 396 Städte und Gemeinden, der 31 Kreise sowie im Ruhrparlament des Regionalverbands (RVR).


Mit Spannung verfolgt werden insbesondere die Spitzen-Personalien: Wer verteidigt seinen Posten als Bürgermeister, Oberbürgermeister oder Landrat? Wie eng wird die AfD vor allem den Sozialdemokraten in ihrer einstigen «Herzkammer» Ruhrgebiet auf den Fersen sein? Können die Grünen ihre OB-Posten halten oder gar ausbauen, und wird die CDU wieder als Gewinnerin aus der Kommunalwahl hervorgehen?

Die Deutsche Presse-Agentur wirft ein paar Schlaglichter auf einige Kommunalwahl-Hotspots. 

Bielefeld 

Bei der Kommunalwahl in Bielefeld tritt der bisherige Amtsinhaber Peter (Pit) Clausen (SPD) nicht mehr im Rennen um den Posten des Oberbürgermeisters an. Der 63-Jährige war seit 2009 OB in der größten Stadt Ostwestfalens. Sozialdezernent Ingo Nürnberger (SPD) will ihm nun folgen. Für die CDU geht Staatsanwältin Christiana Bauer ins Rennen. Für die Grünen tritt der Software-Entwickler Dominic Hallau an. Im Rat der Stadt gab es zuletzt eine Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken. 

Bochum

Schafft es der frühere Bochumer Polizeipräsident Jörg Lukat von der SPD als gemeinsamer Oberbürgermeister-Kandidat von Rot-Grün? Die Polizei führte er von 2019 bis 2024. Bei seiner Nominierung unterstrich die SPD, dass Lukat auch für eine Aufsteiger-Geschichte stehe: Aus einem Arbeiterhaushalt stammend, startete er vor mehr 45 Dienstjahren als Polizeiwachtmeister, holte das Abitur nach und schloss sein Studium als Verwaltungsdiplomwirt ab. Die Bochumer Stadtspitze war seit Ende des Zweiten Weltkriegs stets SPD-geführt. Zuletzt hatte es im Rat eine rot-grüne Mehrheit gegeben. Der bisherige OB Thomas Eiskirch (SPD) tritt nach zwei Amtszeiten nicht mehr an. Für die CDU will es nun Vize-Bezirksbürgermeister Andreas Bracke wissen. 

Dortmund 

Gleich elf Gegenkandidaten treten in Dortmund gegen den amtierenden Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) an. Für die CDU ist das Alexander Omar Kalouti – vor Ort kein Unbekannter. Er leitet seit Jahren die Pressearbeit des Dortmunder Theaters und will die drittgrößte Stadt in NRW mit Innovation und moderner Führung nach vorn bringen, wie er im Wahlkampf ankündigt. Für die Grünen bewirbt sich die Dortmunder Fraktionschefin Katrin Lögering mit den Schwerpunkten Kampf gegen die Klimakrise und gegen soziale Ungerechtigkeit. Für die AfD sorgt Kandidat Heiner Garbe mit seiner Forderung nach «massiven und kontinuierlichen Abschiebungen» für Schlagzeilen. Westphal hatte den OB-Sessel 2020 nach einer Stichwahl mit 52,0 Prozent erobert. 

Düsseldorf

In der Landeshauptstadt will der CDU-Politiker Stephan Keller seinen OB-Sessel verteidigen und in eine zweite Amtszeit gehen. Dafür hat der 54-jährige Jurist ein vollmundiges Wahlkampfversprechen gewagt: Innerhalb von fünf bis acht Jahren soll Düsseldorf die erste deutsche Großstadt ohne Obdachlose auf der Straße werden. Jüngste Umfragen sehen Keller mit großem Vorsprung vor seinen insgesamt elf Mitbewerbern. Vor allem die Herausforderer von SPD und Grünen, Fabian Zachel und Clara Gerlach, wollen den OB mindestens in eine Stichwahl zwingen. Seit der Kommunalwahl 2020 regiert Kellers CDU gemeinsam mit den Grünen mit einer klaren Ratsmehrheit. 

Duisburg

Auch in der Heimatstadt der SPD-Bundesvorsitzenden Bärbel Bas sind die Sozialdemokraten keineswegs auf der sicheren Seite. Schon bei der Kommunalwahl 2020 musste die Duisburger SPD herbe Verluste hinnehmen und fiel auf 30,8 Prozent. Dabei hatte die AfD vor fünf Jahren mit 9,3 Prozent noch einen recht deutlichen Rückstand. Das hat sich geändert: Bei der Bundestagswahl fuhr sie im Wahlkreis Duisburg II 24,8 Prozent der Zweitstimmen ein und verfehlte damit nur hauchdünn hinter der SPD (25,3) eine Mehrheit. Seit 2012 ist der ehemalige Landtagsabgeordnete Sören Link OB in Duisburg. Der 49-Jährige tritt erneut für die SPD an. Zuletzt hatte er auf Anhieb die absolute Mehrheit errungen. Das scheint diesmal wegen der hohen Bewerberzahl eher unwahrscheinlich.

Gelsenkirchen

Die kriselnde Industriestadt Gelsenkirchen mit der bundesweit höchsten Arbeitslosenquote steht bei der Kommunalwahl besonders im Fokus. Viele Jahre war sie eine Hochburg der SPD. Bei der Bundestagswahl schaffte die AfD aber – NRW-weit einmalig – eine Zweitstimmen-Mehrheit. Für die Sozialdemokraten tritt Sozialdezernentin Andrea Henze bei der OB-Wahl an. Sie hat zahlreiche Gegenkandidaten, darunter den örtlichen AfD-Vize Norbert Emmerich. Angesichts der hohen Bewerberzahl wird mit einer Stichwahl gerechnet. Bei der Kommunalwahl 2020 war die SPD-Mehrheit im Stadtrat um rund ein Drittel auf 35,1 Prozent zusammengeschrumpft. Die AfD hatte 12,9 Prozent erreicht, könnte aber weiter deutlich zulegen.

Köln

In der Domstadt tritt Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach zwei Amtsperioden nicht wieder an. Das Erbe der parteilosen Politikerin wird überwiegend kritisch beurteilt: Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des «Kölner Stadt-Anzeiger» und der «Kölnischen Rundschau» sehen die Bürger ihre Stadt im Niedergang. Auf die Frage, was in der größten Stadt von NRW in den vergangenen Jahren besser geworden sei, sagen 64 Prozent der Bewohner: nichts. 78 Prozent geben an, Köln habe sich in den letzten Jahren zu seinem Nachteil verändert. Hauptkritikpunkte sind die Verkehrssituation, der Wohnungsmarkt und die Vermüllung. Rekers Nachfolge ist völlig offen: Die aussichtsreichsten Kandidaten – Berivan Aymaz (Grüne), Torsten Burmester (SPD) und Markus Greitemann (CDU) – kommen in Umfragen demnach alle nur auf 10 oder 11 Prozent der Stimmen. 

Kreis Düren

Im Kreis Düren ist der langjährige Landrat Wolfgang Spelthahn seit November 2024 wegen staatsanwaltschaftlicher und disziplinarischer Ermittlungen vorläufig suspendiert. Der 62-Jährige tritt nicht mehr an. Um den Chef-Posten in dem 270.000-Einwohner-Kreis westlich von Köln bewerben sich vier Kandidaten. Der Jüngste ist 27 Jahre alt, kandidiert für die Grünen und kommt außerdem aus einer Grünen-Familie: Andreas «Andi» Krischer ist der Sohn von NRW-Umweltminister Oliver Krischer. Für die CDU geht der NRW-Landtagsabgeordnete Ralf Nolten ins Rennen.

Kreis Euskirchen

Für den Chef-Posten im Kreishaus von Euskirchen kandidieren zwei durch die Hochwasser-Katastrophe 2021 bekannte Persönlichkeiten: Landrat Markus Ramers für die SPD (38) und die CDU-Politikerin und bisherige Bürgermeisterin der Stadt Bad Münstereifel, Sabine Preiser-Marian (54), als Herausforderin. Ramers war noch kein Jahr im Amt, als durch die zerstörerische Flut 26 Menschen im Kreis starben und er sich fortan um Opfer und Folgen des Hochwassers zu kümmern hatte. Die Flut machte auch Preiser-Marian als Bürgermeisterin der schlimm getroffenen Bilderbuch-Stadt bekannt – etwa an der Seite der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die damals sichtlich betroffen das verwüstete Zentrum besichtigte.

Mönchengladbach

In der Stadt westlich von Düsseldorf bewirbt sich für die SPD Amtsinhaber Felix Heinrichs erneut um das Amt des Oberbürgermeisters. Der 36-Jährige hatte den Chefsessel in der niederrheinischen Großstadt 2020 überraschend als damals jüngster Oberbürgermeister in NRW erobert und sie in den vergangenen fünf Jahren geräuschlos geführt. Um das Spitzenamt in der 270.000-Einwohner-Stadt konkurrieren insgesamt neun Männer. Darunter sind zwei illustre Herausforderer: So geht der Satiriker und EU-Parlamentarier Martin Sonneborn (60) für «Die Partei» ins Rennen. Und der aus Reality-Shows («Prominent getrennt») bekannte Influencer Jannik Kontalis (29) kandidiert als parteiloser Einzelbewerber.

Münster 

Bei der Kommunalwahl in Münster wählen die Bürger einen neuen Oberbürgermeister. Amtsinhaber Markus Lewe, Ex-Präsident des Deutschen Städtetags, tritt nach 16 Jahren nicht mehr an. In den vergangenen Jahren musste der CDU-Politiker im Rat der Stadt immer wieder gegen wechselnde Mehrheiten anderer Parteien regieren. Traditionell stellte die CDU hier in den vergangenen Jahrzehnten mit einer Ausnahme den OB. Für die CDU tritt jetzt Georg Lunemann an, Direktor des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe. Größte Chancen auf eine Stichwahl um das OB-Amt werden dem Münsteraner Tilman Fuchs (Grüne) eingeräumt, Sozial- und Schuldezernent im Kreis Steinfurt. Die Grünen stellen im Rat der Universitäts- und Verwaltungsstadt nach der CDU die zweitstärkste Fraktion. Neben Lunemann und Fuchs treten noch sechs weitere OB-Kandidaten an. 

Solingen 

Auch Solingen steht vor einer spannenden Entscheidung. In der Stadt, die vor einem Jahr von einem mutmaßlich islamistisch motivierten tödlichen Messer-Attentat erschüttert wurde, wird es ebenfalls einen Personalwechsel an der Spitze geben: Oberbürgermeister Tim-Oliver Kurzbach (SPD) – seit zwei Wahlperioden gemeinsamer Kandidat von Sozialdemokraten und Grünen – tritt nicht erneut an. Sieben Kandidaten bewerben sich um seine Nachfolge, darunter CDU-Ratsfraktionschef Daniel Flemm und SPD-Mann Josef Neumann, seit 2010 viermal in Folge direkt gewählter Landtagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Wuppertal III/Solingen II. Derzeit wird die Stadt von einer Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP regiert.

FDP

Die FDP ist zwar aus dem Bundestag geflogen, in den NRW-Kommunen spielen die Liberalen aber durchaus noch mit. Im ostwestfälischen Stemwede, in Hallenberg im Sauerland und Kaarst bei Düsseldorf wollen zwei amtierende Bürgermeister und eine Bürgermeisterin ihre Ämter verteidigen. In weiteren Kommunen wie Bocholt, Telgte und Isselburg im Münsterland hoffen die Freien Demokraten auf Erfolge, weil ihre Kandidaten dort von CDU, SPD oder sogar beiden Parteien unterstützt werden.

Grüne

Bei den Kommunalwahlen 2020 waren die Grünen stark wie nie und eroberten erstmals Oberbürgermeister-Posten in NRW. In Aachen will OB Sibylle Keupen ihr Amt ebenso verteidigen wie Katja Dörner in Bonn. Dagegen tritt OB Uwe Schneidewind in Wuppertal nicht wieder an. In Köln kandidiert Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz. In acht weiteren Städten kämpfen grüne Bürgermeister und Bürgermeisterinnen um ihre Wiederwahl. In Telgte könnte es zum ersten Grünen-Generationswechsel an einer Rathausspitze in NRW kommen.