Düsseldorf (dpa/lnw) – Die Wohnungskrise in Nordrhein-Westfalen spitzt sich aus Sicht von Mieterschützern, Wohlfahrtsverbänden und Gewerkschaften zu. Seit 2021 seien die Mieten in den meisten Großstädten Nordrhein-Westfalens laut Preisdatenbank des Forschungsinstituts Empirica um mehr als 20 Prozent gestiegen, kritisierte das Bündnis «Wir wollen Wohnen».
Solche Kostensteigerungen könne auch die beste Tarifpolitik nicht mehr auffangen, stellte die Landeschefin des am Bündnis beteiligten Deutschen Gewerkschaftsbunds, Anja Weber, fest. «Die Mieten gehen durch die Decke und sind für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einfach nicht mehr tragbar.» Das sei eines der drängendsten Themen.
Kaum bezahlbare Großstadt-Wohnungen für Normalverdiener
Politik dürfe nicht länger hinnehmen, dass Wohnen in Köln, Düsseldorf, Münster oder Bonn immer mehr zum Privileg für Besserverdienende werde, während viele Berufsgruppen, wie etwa Erzieherinnen, lange Pendelwege in Kauf nehmen müssten, forderte die Gewerkschafterin. Selbst mit zwei Gehältern sei es für Durchschnittsfamilien mit Kindern kaum mehr möglich, noch Eigentum zu bilden, sagte der Landesvorsitzende des Deutschen Mieterbundes, Hans-Jochem Witzke.
Wie die Wohnungsaufsicht Mieter besser schützen könnte
Er forderte die kommunale Wohnungsaufsicht auf, die Mieter stärker zu unterstützen. Mittel wie die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze gegen überteuerte Forderungen würden viel zu wenig beachtet und nachgehalten, kritisierte Witzke. «Wir erwarten von den Stadtverwaltungen, dass die bei Verstößen auch mithelfen.»
Das könne etwa durch Auswertung von Inseraten geschehen, wo unzulässig hohe Mieten aufgerufen werden. Dazu gehöre aber auch, Fällen nachzugehen, wo Eigenbedarf vorgeschoben werde, um Mietern zu kündigen. «Solche Dinge haben wir immer wieder», berichtete der Mieterschützer.
Luxussanierung oder Abriss
Hinzu komme die sogenannte Verwertungskündigung. Hier kauften Leute mit sehr viel Geld Wohnungsbestände. «Und dann gehen die neuen Eigentümer hin, rechnen sich arm und erklären, dass sie mit der Wohnbevölkerung nur Defizite machen und sie entweder Luxusmodernisieren oder eben den Bestand abreißen und Neubauten errichten müssen», erklärte Witzke. «Die sind dann sicherlich nicht für diejenigen, die auf diese Weise vertrieben werden.»
Immer weniger Sozialwohnungen
Der Bestand an Sozialwohnungen in NRW sei seit 1990 von 1,3 Millionen auf nur noch 422.000 geschrumpft. Bis 2030 fielen nach Berechnungen der NRW-Bank auch davon rund 40 Prozent aus der Mietpreisbindung, stellte Witzke fest.
«Wer zur Kommunalwahl antritt, muss sagen, wie er oder sie bezahlbares Wohnen sichern will und kann nicht nur auf Bund und Land verweisen.» Alle politischen Ebenen könnten und müssten ihren Beitrag für bezahlbares Wohnen leisten.
Obdachlose haben keine Lobby auf dem Wohnungsmarkt
Das gelte nicht zuletzt für mehr als 122.000 Wohnungslose, die offiziell in NRW erfasst seien, sagte der Münsteraner Diözesan-Caritasdirektor Dominique Hopfenzitz. Darunter seien rund 9.700 Obdachlose, die ohne zeitweiligen Unterschlupf bei Bekannten oder in Einrichtungen tatsächlich auf der Straße lebten. Er forderte von den Kommunen, verbindliche Belegungsquoten für Wohnungslose festzulegen und ausreichend Notfallhilfe, Streetworker und Beratungsstellen vorzuhalten.
In den kommenden Tagen will das Bündnis mit Aktionen in mehr als 20 Städten auf die Problematik aufmerksam machen. Die SPD-Opposition unterstützte die Forderungen nach einer stärkeren Mietpreisbremse, einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft und mehr Hilfe für die kommunale Wohnungswirtschaft.