Köln/Meerbusch (dpa/lnw) – Das Bündnis «Rheinmetall Entwaffnen» hat einen Zugang zu einem Bundeswehr-Gebäude in Köln blockiert. Zugleich rief das Bündnis zu einer weiteren Aktion in Meerbusch auf. Der Protest in Köln am Vormittag sei der Start der ausgerufenen «Aktionstage» und richte sich gegen die neue Wehrpflicht, die am Vormittag im Bundeskabinett beschlossen wurde, teilte die Gruppierung mit. Das Gebäude gehört laut einem Bundeswehr-Sprecher zum Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr.
Eine Sitzblockade in Köln mit 70 Leuten wurde aufgelöst
Rund 70 Personen nahmen am Morgen an einer Sitzblockade vor einem zentralen Zufahrtstor teil, schilderte ein Polizeisprecher. «Die Einsatzkräfte haben diese Personen eingekesselt.» Die Lage sei ruhig geblieben. Die Demonstranten hatten weiße Overalls an und verdeckten ihre Gesichter mit bunten Mützen, die nur Sehschlitze offenließen. Laut Polizei wurden Personalien aufgenommen. Nach rund fünf Stunden war die Versammlung ausgelöst.
Der Dienstbetrieb sei durch den Protest nicht gestört worden, sagte eine Sprecherin der Bundeswehr in Köln der Deutschen Presse-Agentur. Die Bundeswehr setze sich für den Schutz der Demokratie ein. «Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind Grundrechte und gehören zu den höchsten Gütern der Demokratie.»
«Wir sind nicht kriegsbereit!»
«Wir wollen mit den Kriegen der Herrschenden nichts zu tun haben und sind nicht bereit, für ein Land zu sterben, das uns sämtliche soziale Infrastruktur immer mehr wegkürzt», hieß es in einer Mitteilung der Aktivisten zu ihrem Protest in Köln. «Sobald die Wehrpflicht wieder eingeführt ist, werden hier auch die Rekrutierungen organisiert. Deshalb sind wir heute schon hier, um klar zu sagen: Wir sind nicht kriegsbereit!»
Demo-Zug darf nicht zum Privathaus des Rheinmetall-Chefs führen
Zugleich wurde bekannt: Ein umstrittener Protestzug des Bündnisses am morgigen Donnerstag in Meerbusch darf nicht bis zum Privathaus des Rheinmetall-Konzernchefs Armin Papperger ziehen. Die rund 200 angemeldeten Teilnehmenden müssten bereits an der Kreuzung zu der Straße umdrehen, in der das Haus liege, teilte ein Sprecher der Kölner Polizei auf dpa-Anfrage mit. Sie dürften nur bis zu der fraglichen Straße gehen, aber nicht in die Straße hinein.
Rheinmetall ist einer der wichtigsten Waffenlieferanten der Ukraine. Der deutsche Rüstungskonzern liefert dem Land Artilleriemunition, Flugabwehr und Panzer. Damit wehrt sich die Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg. Die Leute von «Rheinmetall Entwaffnen» wollten ursprünglich bis zum Privathaus des Konzernchefs ziehen. Eine Bündnissprecherin sagte nun der dpa, man dürfe lediglich «20 Meter in die Gefahrenzone» hineingehen.
Mehrere Proteste in Aktionswoche
Am Dienstag hatten die Aktivisten ein Antikriegscamp mit mehreren Hundert Teilnehmenden in der Domstadt gestartet. Am Samstag soll als Höhepunkt eine Demonstration in der Kölner Innenstadt stattfinden. Einer Sprecherin zufolge sind die Teilnehmenden solidarisch mit der Bevölkerung der Ukraine, glaubten aber nicht, dass der Krieg mit Aufrüstung beendet werden könne.
Die Polizei hatte das Protestcamp verboten, das Kölner Verwaltungsgericht bestätigte dies zunächst. Das NRW-Oberverwaltungsgericht kippte diese Entscheidung dann aber am vergangenen Wochenende.
Größerer Polizeieinsatz für Demo in Meerbusch geplant
Wenige Tage später teilte nun die Polizei mit, dass der Demo-Zug in Meerbusch nach Kompromissgesprächen mit dem Anmelder stattfinden könne und von mehreren Hundert Einsatzkräften begleitet werde. Auf die Veranstaltung am Donnerstagnachmittag bereite man sich intensiv vor. Gewalt oder unfriedliche Aktionen würden nicht geduldet. Bei Straftaten oder Auflageverstößen werde man konsequent einschreiten.
Politik will Weichen für neuen Wehrdienst stellen
Das Bundeskabinett brachte derweil in Berlin das Gesetz zur Einführung eines neuen Wehrdienstes auf den Weg. Die Ministerrunde billigte auf einer Sitzung im Verteidigungsministerium den Rechtsrahmen, der eine Wehrerfassung junger Männer einführt, aber zunächst auf Freiwilligkeit und einen attraktiveren Dienst setzt, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Die Bundeswehr muss für die neuen Nato-Ziele und als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland in der stehenden Truppe und der Reserve kräftig aufwachsen.
Rheinmetall mit neuem Werk für Artilleriemunition
Unterdessen stand am Nachmittag auch die Einweihung eines neuen Werks für Artilleriemunition auf dem Programm, zu dem Rheinmetall ins niedersächsische Unterlüß eingeladen hatte. Zu dem Termin am Mittwochnachmittag mit Konzernchef Papperger wurden auch Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD), Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sowie Nato-Generalsekretär Mark Rutte erwartet.