Düsseldorf/Essen (dpa/lnw) – Der mutmaßliche Messer-Attentäter am Essener Berufskolleg war bei seinem Angriff auf eine 45-jährige Lehrerin noch nicht einmal zwei Wochen an der Schule. Das sagte Schulministerin Dorothee Feller im Fachausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags.
An dem Berufskolleg werde Schulsozialarbeit ohnehin eingesetzt, sagte die CDU-Politikerin. In so kurzer Zeit könne aber keine präventive Maßnahme greifen. Vertreter mehrerer Landtagsfraktionen hatten zuvor eine stärkere Gewaltprävention an Schulen gefordert.
Haftbefehl für 17-Jährigen
Der 17-jährige Schüler soll am Freitag am Essener Berufskolleg Bildungspark Nord die Lehrerin durch mehrere Stiche schwer verletzt haben. Ein Richter erließ Haftbefehl wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung.
Nun müsse das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren abgewartet werden, um etwas über das Motiv und weitere Hintergründe zu erfahren, sagte die Ministerin. Zum Polizeieinsatz in Essen soll am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags informiert werden.
Sie könne vorerst bloß mitteilen, dass der mutmaßliche Täter zunächst eine Hauptschule besucht habe und dann an ein anderes Berufskolleg als den späteren Tatort gewechselt sei. Diese Schule habe er ohne Abschluss verlassen, sei aber danach auch nicht mehr schulpflichtig gewesen.
SPD und FDP fordern mehr Gewaltprävention
Abgeordnete von SPD und FDP forderten, mehr gegen Gewalt an Schulen zu tun. «Gewaltprävention muss eine Hauptaufgabe der Schulpolitik werden», sagte die SPD-Politikerin Dilek Engin. Die beste Prävention seien Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen, die aber längst nicht in ausreichendem Maße vorhanden seien.
Der AfD-Abgeordnete Christian Blex verlangte mehr Informationen über den Hintergrund des mutmaßlichen Attentäters – insbesondere seinen Aufenthaltsstatus und mögliche extremistische oder religiöse Motive. Im Gegensatz zu Sprechern aller anderen Fraktionen sieht die AfD Messerangriffe an Schulen nicht als Einzelfall.
Lehrerin gesundheitlich stabil
Die Lehrerin sei glücklicherweise inzwischen in einem gesundheitlich stabilen Zustand, weil die Rettungskette funktioniert habe, sagte Feller. Dem Opfer sei es besonders wichtig zu betonen, dass ihre Ersthelfer Schüler gewesen seien – noch bevor ausgebildete Lehrkräfte eingegriffen hätten.
Das Berufskolleg habe auf das Attentat korrekt reagiert, sagte Feller. Die Schüler hätten sich in den Klassenräumen verschanzt – so wie es in den Notfallplänen für Amoklagen vorgesehen sei. Auch in einem benachbarten Gymnasium und einem Justizausbildungszentrum auf dem Campus hätten sich die Anwesenden verbarrikadiert. Schulpsychologen stünden vor Ort zur Verfügung, solange sie gebraucht werden.
In den nächsten Wochen werde eine Expertenkommission im Ministerium dem Gewaltphänomen an Schulen auf den Grund gehen, kündigte Feller an. Dort würden auch Kinder- und Jugendpsychiater hinzugezogen. Fakt sei aber auch, dass schreckliche Gewaltexzesse wie an dem Essener Berufskolleg nicht allein ein schulisches Problem seien, sagte die Ministerin.