Ratingen (AH) | Als das St.-Marien-Krankenhaus im Mai 2024 seine Tore schloss, verlor Ratingen seine zentrale Notaufnahme. Seither gibt es vor Ort nur noch eine ambulante Notfallversorgung: An der Mülheimer Straße betreiben die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) und die Stadt Notdienstpraxen für Erwachsene und Kinder. Zunächst bis März gesichert, wurde die Laufzeit inzwischen bis mindestens Ende September verlängert. Jetzt entscheidet die KV anhand von Fallzahlen, ob und wie es weitergeht.
Für viele Bürgerinnen und Bürger bleibt die Unsicherheit: Wohin im Ernstfall? Lebensbedrohliche Notfälle werden längst in die umliegenden Kliniken gebracht – nach Mettmann, Düsseldorf oder Essen. Für Rettungsdienste und Patientinnen bedeutet das längere Wege, organisatorisch beherrschbar, aber spürbar. Die Stadt Ratingen ist damit Teil einer bundesweiten Entwicklung: Der Bund plant integrierte Notfallzentren und Akutleitstellen, die langfristig eine engere Verzahnung zwischen Rettungsdienst, Hausärzten und Bereitschaftsdienst schaffen sollen. Was andernorts erst konzipiert wird, erprobt Nordrhein bereits in Ansätzen.
Doch die Basis jeder Versorgung bleibt die hausärztliche Praxis. Und hier zeigt sich das strukturelle Problem: Mehr als die Hälfte der Hausärztinnen und Hausärzte in Nordrhein ist über 50 Jahre alt, viele stehen kurz vor dem Ruhestand. Der Gesetzgeber hat reagiert: Ab Oktober 2025 sollen die Hausarzt-Budgets abgeschafft werden. Leistungen der Grundversorgung werden dann vollständig vergütet – eine finanzielle Entlastung, die junge Ärztinnen und Ärzte ermutigen soll, sich niederzulassen.
In Ratingen übernehmen schon heute engagierte Medizinerinnen Verantwortung. Ein Beispiel ist Dr. Claudia-Ionela Rachiteanu, Fachärztin für Innere Medizin mit Ausbildung in der Lungenheilkunde. Sie führt zwei Standorte: die Praxis in Ratingen-Mitte (Oberstraße 48–50) sowie eine zweite in Homberg (Steinhauser Straße 36). Dort bietet sie die allgemeinärztliche Versorgung für gesetzlich Versicherte an. Ihre spezialisierte Tätigkeit als Pneumologin kann sie jedoch nicht kassenärztlich abrechnen – diese führt sie ausschließlich privatärztlich in der Innenstadtpraxis durch. Das ist exemplarisch für die Lücken im System: Hochqualifizierte Leistungen bleiben eingeschränkt zugänglich, wenn die Vergütungsstrukturen nicht nachziehen.
Bemerkenswert ist auch, dass Dr. Rachiteanu neue Wege geht. In ihrer Praxis bietet sie neben den klassischen medizinischen Standardbehandlungen auch ergänzende Ansätze wie Regenerative Therapie mit ätherischen Ölen. Sie betont, dass diese nur unterstützend zur Regelversorgung dienen, individuell wirken können, aber kein Erfolgsversprechen darstellen. Ergänzend in eine ganzheitliche Therapie eingefügt, kann aber vielen Patienten direkt geholfen werden und eine Linderung bei chronischen Erkrankungen herbeigeführt werden.
Dies zeigt, wie junge Ärzte und Ärztinnen versuchen, klassische hausärztliche Medizin mit ganzheitlichen Ansätzen zu verbinden – ohne die Basis der wissenschaftlich fundierten Grundversorgung zu verlassen. Ratingens medizinische Versorgung ist nicht schlecht – aber sie steht an einer Schwelle. Ohne Krankenhaus bleibt die Verantwortung stärker bei den Praxen. Notdienstpraxen fangen das Gröbste auf, die Regionalsysteme leisten ihren Beitrag.