Das Land NRW stellt mehr Geld für die Kitafinanzierung zur Verfügung. (Archivbild)
Das Land NRW stellt mehr Geld für die Kitafinanzierung zur Verfügung. (Archivbild) Foto: Friso Gentsch/dpa

Düsseldorf (dpa/lnw) – Das nordrhein-westfälische Landesregierung hat Eckpunkte für die lang erwartete Reform der Kitafinanzierung am Dienstag im Kabinett beschlossen. Dazu erhöht das Land die Grundfinanzierung im Kinderbildungsgesetz (KiBiz) ab dem 1. August 2027 um 200 Millionen Euro und stellt weitere 50 Millionen Euro bereit, um mehr Personal in die Kitas zu bekommen. Hinzu kommen laut Mitteilung des Familienministeriums 1,5 Milliarden Euro für Investitionen. 


Über eine grundsätzliche Neuaufstellung des Kita-Systems will sich das Land in den kommenden Wochen mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Trägern wie den Kirchen weiter austauschen. 

Mit den 50 Millionen Euro soll mit einer praxisintegrierten Ausbildung die Qualifizierung von neuem Personal sichergestellt werden. Bei den Investitionen geht es um die Kita-Infrastruktur. Mit dem Plus von 200 Millionen Euro ab 2027 will das Land den Kitabetreibern mehr finanzielle Planungssicherheit bieten. 

Mehr Eigenverantwortung für Kitas

Durch den Abbau von Bürokratie will Familienministerin Josefine Paul (Grüne) Prüfverfahren straffen und Dokumentationspflichten reduzieren. Dazu zählt der Wegfall einer Prüfungsstufe bei den Landesjugendämtern. Die Kitas sollen außerdem in Eigenverantwortung den Betreuungsschlüssel und die Betreuungszeiten festlegen können. Wobei die Kernzeit bei mindestens fünf Stunden am Tag liegt. 

Paul sprach gegenüber der Deutschen Presse-Agentur vor dem Hintergrund von leeren öffentlichen Kassen bei den zusätzlichen Mitteln von viel Geld. Das jetzt beschlossene sei nur ein Baustein in einem ganzen Maßnahmenbündel, um den Eltern mehr Verlässlichkeit bei der Betreuung ihrer Kinder zu bieten. 

Reaktionen von den Trägern

«In einer Zeit, die für das Land, die Kommunen, alle Träger und auch die Kirche finanziell schwierig ist, sehen wir im vorliegenden Eckpunktepapier einen wichtigen Meilenstein. Es ist gemeinsam gelungen, neuralgische Punkte und wirksame Maßnahmen zu identifizieren», sagte Antonius Hamers, Leiter des des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen. Auf Basis der gefassten Zusagen sei ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung unseres Kita-Systems möglich. 

Auch der Vertreter der evangelischen Kirche äußerte sich positiv. Die nun vorgestellten Maßnahmen können zu einer absehbaren Entlastung und Verlässlichkeit des Systems beitragen. Sie seien Grundlage, um eine Reform des KIBiz anzugehen. «Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass die Kita geöffnet und das eigene Kind gut betreut wird. Auch die Träger müssen sich darauf verlassen können, dass das Kita-System finanziell stabilisiert wird», sagte Martin Engel, der Leiter des Evangelischen Büros NRW. 

Zurückhaltender äußerte sich der Städtetag NRW. «Der Städtetag nimmt die Vorschläge zur Kenntnis, die in einem ersten Schritt einen Beitrag leisten können, die Situation vor Ort zu stabilisieren und damit qualitativ zu verbessern. Wir werden darüber in unseren Gremien zeitnah beraten», sagte Christian Schuchardt vom Städtetag NRW laut Mitteilung des Landes. Notwendig sei aber auch das grundständige In-Ordnung-bringen der Finanzlage der freien Träger sowie der Kommunen. «Dies betrifft die Betriebskosten und die Investitionen. Hier verlassen wir uns darauf, dass das Land in dem angekündigten zweiten Schritt nachliefert und mit allen Beteiligten einen perspektivischen Prozess aufsetzt», sagte Schuchardt. 

Kritik von Verdi an den Eckpunkten 

Kritik dagegen kommt von den Arbeitnehmern. «Die Landesregierung ist auf einem Irrweg. Wenn Kern- und Randzeiten – auf freiwilliger Basis – eingeführt werden, gehen Verlässlichkeit und Stabilität verloren. Die Verantwortung liegt damit bei den Trägern, unsere Kolleginnen und Kollegen werden zum Spielball ihrer Arbeitgeber», sagte Gabriele Schmidt, von der Gewerkschaft Verdi in NRW. Das sei nicht akzeptabel. Verdi werde das Eckpunktepapier kritisch prüfen. Schmidt: «Unsere große Sorge, dass darunter die Qualität in den Kitas leiden wird, besteht aber nach wie vor.»

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft äußerte Bedenken zu dem Eckpunktepapier. «Der vorliegende Entwurf ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt für die frühkindliche Bildung. Was hier als mutige Reform verkauft wird, bedeutet in Wahrheit eine Abwertung pädagogischer Arbeit und eine Gefährdung guter Bildungschancen für alle Kinder», sagte die Vorsitzende der GEW in NRW, Ayla Celik. 

Die vorgesehene Trennung in «25 Stunden Bildung» und «den Rest Betreuung» sei ein Konstrukt ohne jede pädagogische Grundlage. Frühkindliche Bildung lasse sich nicht in Stundentakte pressen, sagte Celik der Deutschen Presse-Agentur. Diese Aufspaltung gehe an der Realität in den Einrichtungen, an den Bedarfen der Kinder und Familien sowie am professionellen Selbstverständnis der Beschäftigten völlig vorbei. 

Die NRW-Vorsitzende der GEW fordert kleinere Gruppen in den Kitas und eine verlässliche Finanzierung. Alles andere sei Symbolpolitik auf Kosten der Kinder, Familien und Beschäftigten.