
Bonn (dpa) – Seit Jahren fehlt von zwei Frauen jede Spur – nun werden ihre Fotos und der Suchaufruf massenhaft auf Smoothie-Flaschen gedruckt. Der Fruchtsafthersteller True Fruits will mit der Marketingaktion bei der Aufklärung von zwei Vermisstenfällen helfen.
Vier Wochen lang würden die Bilder von Hilal Ercan aus Hamburg und Scarlett Salice aus dem ostwestfälischen Bad Lippspringe auf den Flaschen abgebildet, teilte das Unternehmen aus Bonn mit. «Für die Familien ist es entscheidend, dass neue Hinweise eingehen, und das kann nur passieren, wenn viele Menschen von der Suche erfahren.»
Hilal Ercan war zehn Jahre alt, als sie 1999 in einem Einkaufszentrum direkt neben ihrem Wohnort in Hamburg verschwand. Sie wollte sich mit einer D-Mark Kaugummi kaufen – doch sie kehrte nie zurück. Von Scarlett Salice fehlt jede Spur, seit die damals 26-Jährige vor fünf Jahren von einer Wanderung im Südschwarzwald nicht zurückkehrte. Auch die Polizei hat mit großen Aktionen nach den beiden gesucht.
Flaschen sollen in 30.000 Supermärkten stehen
Auf wie vielen Smoothie-Flaschen die Vermisstenanzeigen zu sehen sind, verrät das Unternehmen nicht. Man könne die Suche nach den beiden Frauen durch die Aktion aber in 30.000 Supermärkten in Deutschland, Österreich und der Schweiz sichtbar machen, sagte eine Sprecherin.
True Fruits hatte im vergangenen Jahr schon einmal eine Vermisstenanzeige auf den Smoothie-Flaschen platziert. Daraufhin seien die Familien der beiden vermissten Frauen auf das Unternehmen zugekommen und hätten um Hilfe gebeten.
Verschwunden auf dem Weg zum Kaugummi-Kaufen
Der Vater von Scarlett Salice hofft auch nach so vielen Jahren der Ungewissheit, seine Tochter eines Tages wiederzusehen. «Die Hoffnung ist: Solange sie nicht gefunden wurde, kann sie noch leben», sagt Ralf Salice.
Hilals Bruder Abbas Ercan betont: «Da Hilal immer noch nicht zu Hause ist, ist es meine Pflicht, ihr Schicksal zu klären, für Gerechtigkeit zu sorgen und den Täter zu finden. Er soll sich in seiner Haut nicht sicher fühlen.»
Der Fall des damals zehnjährigen Mädchens liegt nach wie vor bei der Staatsanwaltschaft. «Die Ermittlungen dauern an und sobald es irgendeinen Hinweis gibt, wird dem nachgegangen», sagte eine Sprecherin der Behörde. Aktuell gebe es keinen neuen Stand. An der Aktion auf den Glasflaschen sind Polizei und Staatsanwaltschaft nicht beteiligt.
Zahlreiche Vermissten-Fälle bleiben ungeklärt
Laut Bundeskriminalamt (BKA) galten zum Stichtag 1. Januar 2025 in Deutschland 9.420 Personen als vermisst. Der allergrößte Teil solcher Fälle werde allerdings innerhalb weniger Tage aufgeklärt.
Bei etwa drei Prozent der vermisst gemeldeten Personen gebe es allerdings auch nach einem Jahr noch keine Gewissheit, was mit ihnen passiert ist, schreibt das BKA.
Bekannt für provokante Marketing-Kampagnen
True Fruits hat in den vergangenen Jahren immer wieder mit ungewöhnlichen Werbekampagnen breite Aufmerksamkeit erzielt und auch viel Kritik eingesteckt. Zur Bundestagswahl 2021 hatte das Unternehmen Flaschen in die Märkte gebracht, die mit den Namen der sechs größten Parteien sowie Auszügen aus dem jeweiligen Parteiprogramm etikettiert waren. Bei Edeka flogen die AfD-Flaschen daraufhin aus den Regalen.
2017 warb der deutsche Hersteller in Österreich mit dem Slogan «Noch mehr Flaschen aus dem Ausland», was für Irritationen sorgte. Nach eigenen Worten wollte True Fruits damit auf Missstände in der Flüchtlingspolitik aufmerksam machen.
