Aachen (dpa) – Das Aachener Landgericht will heute (12.00 Uhr) das Urteil gegen einen Krankenpfleger sprechen, der mehrere Patienten mit Injektionen getötet haben soll. Der Mann ist wegen neunfachen Mordes und 34-fachen Mordversuchs angeklagt. Die Staatsanwaltschaft hat für den 44-Jährigen eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert.
Der Angeklagte soll Patienten auf einer Palliativstation eigenmächtig stark sedierende Medikamente gespritzt haben, teilweise in Kombination mit Schmerzmitteln und teilweise mehrfach. Das soll in neun Fällen zum Tod der Patienten geführt haben. Alle angeklagten Taten soll der Deutsche zwischen Dezember 2023 und Mai 2024 in einer Klinik in Würselen bei Aachen begangen haben.
Angeklagter soll heimtückisch gehandelt haben
Als Motiv nimmt die Anklage an, dass der Pfleger die schwer kranken Patienten ruhig stellen wollte, um in seinen Nachtschichten möglichst wenig Arbeit mit ihnen zu haben. Der Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch gehandelt.
Der Staatsanwalt ging nach Ende der Beweisaufnahme in seinem Plädoyer von 13 vollendeten Morden aus. Er forderte für den Angeklagten die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Kommt das Gericht dem nach, wäre eine Freilassung nach 15 Jahren in der Regel ausgeschlossen.
Verteidiger fordern Freispruch
Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Er habe keine Medikamente mit dem Ziel verabreicht, Leben zu verkürzen, sagte er in dem seit März laufenden Prozess. Seine Verteidiger beantragten Freispruch.
Mit dem Urteil werden die Ermittlungen nicht abgeschlossen sein. Die Staatsanwaltschaften in Aachen und Köln prüfen weitere Verdachtsfälle aus früheren Jahren. «Wahrscheinlich wird es eine weitere Anklage geben», kündigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Aachen bereits an.
Ermittler überprüfen weitere Verdachtsfälle
Der Mann war auch mehrere Jahre als Pfleger in einer Kölner Klinik tätig. Laut Kölner Staatsanwaltschaft steht er im Verdacht, dort ebenfalls eigenmächtig Beruhigungs- und Schmerzmittel an Patienten verabreicht zu haben. Bei Durchsuchungen beschlagnahmten die Ermittler im Juli in der Klinik Unterlagen und Datenträger, die noch ausgewertet werden.
Immer wieder sorgen ähnliche Fälle in Deutschland für Schlagzeilen. In Berlin läuft derzeit ein Prozess gegen einen Palliativmediziner, der mindestens 15 Patienten getötet haben soll.
Als bislang größte Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte gilt ein Fall aus Niedersachsen: Der Ex-Pfleger Niels Högel wurde 2019 wegen 85 Morden zu lebenslanger Haft verurteilt. Sein Motiv für die Taten blieb unklar.

