Der Angeklagte soll unter anderem Folterungen und Explosionen in Auftrag gegeben haben.
Der Angeklagte soll unter anderem Folterungen und Explosionen in Auftrag gegeben haben. Foto: Federico Gambarini/dpa

Köln (dpa) – Brutale Folterungen, Explosionen und Entführungen – der sogenannte Kölner Drogenkrieg hat überregional für Aufsehen gesorgt. Vor dem Kölner Landgericht begann nun unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen der Prozess gegen den mutmaßlichen Drahtzieher: Ein 24-Jähriger soll Boss der Drogenbande sein, die im vergangenen Jahr auch in der Bevölkerung für Angst und Schrecken sorgte. 


Auf der Anklagebank des Kölner Landgerichts sitzt der Mann mit Schnauzbart, dunkelgerahmter Brille und schwarzem Rollkragenpullover. Anderthalb Stunden lang liest die Staatsanwaltschaft detailliert mehr als 30 Taten vor, die sie dem Deutsch-Iraker zuordnet: neben zahlreichen Drogengeschäften unter anderem Geiselnahmen und die Anstiftung zu Sprengstoffexplosionen.

Angeklagter soll Befehle erteilt haben

Schnell wird deutlich: Der 24-Jährige soll sich wohl selten selbst die Hände schmutzig gemacht haben. Vielmehr soll er vorwiegend aus dem Hintergrund Befehle erteilt haben, die andere Personen dann willig ausführten.

Zum Beispiel bei der Entführung zweier Menschen aus Bochum nach Köln: Dort werden die beiden Opfer im Keller einer Villa von mehreren Tätern stundenlang misshandelt, etwa mit Eisenstangen geschlagen und mit Messern verletzt. Die Anklage wirft dem 24-Jährigen vor, per Videotelefon zugeschaltet gewesen zu sein und die Anweisungen erteilt zu haben. Um deren Umsetzung vor Ort soll sich vor allem sein Mitangeklagter, ein 25-jähriger Iraker, gekümmert haben, der als sein Stellvertreter fungiert habe.

Mitangeklagter soll als Stellvertreter fungiert haben 

Für fünf Sprengstoffexplosionen in Köln, Duisburg und Engelskirchen soll der 24-Jährige junge Männer – teils aus den Niederlanden – gegen Bezahlung rekrutiert haben. Gegen einen von ihnen begann in der vergangenen Woche der Prozess: Der 18-Jährige hatte dabei gestanden, im Eingangsbereich eines Modegeschäfts in einer Kölner Einkaufsstraße einen Sprengsatz gezündet zu haben – den Auftraggeber habe er nicht gekannt.

Ziel dieser Gewalttaten war es laut Anklage, eine große Menge gestohlener Drogen zurückzubekommen. Im Juni 2024 hatten Unbekannte 350 Kilogramm Marihuana, das der Bande gehörte, aus einer Lagerhalle in Hürth gestohlen – dies gilt als Auslöser des sogenannten Kölner Drogenkriegs. Der 24-Jährige habe versucht, Druck auf vermeintliche Mitwisser auszuüben, um Informationen über den Verbleib des Rauschgifts zu erpressen, so der Vorwurf.

Raub von Marihuana war Auslöser der Gewaltspirale

Beide Angeklagte wollten sich am ersten Verhandlungstag nicht äußern. Bei einer Verurteilung droht beiden Männern neben einer langen Haftstrafe auch die Sicherungsverwahrung. Ein Urteil in dem Prozess könnte frühestens Mitte nächsten Jahres fallen.

Im Zusammenhang mit dem «Kölner Drogenkrieg» ermittelt die Staatsanwaltschaft mittlerweile gegen rund 90 Beschuldigte. 21 Personen seien bereits verurteilt worden. 16 Angeklagte warten noch auf ihren Prozess – weitere Anklagen seien in Vorbereitung, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf dpa-Anfrage mit. «Ein konkretes Ende der komplexen und umfangreichen Ermittlungen ist derzeit nicht abzusehen.»