
Essen (dpa/lnw) – Die Stadt Essen will nun doch keine Eigenanteile von Patientinnen und Patienten für Rettungseinsätze erheben – und sieht gute Chancen für eine baldige bundesweite Lösung. «Die Stadt Essen wird die angekündigten Eigenanteile von Bürgerinnen und Bürgern für Rettungsdienstgebühren ab 1. Januar 2026 aussetzen», teilte die Kommune mit. Das habe der Stadtrat per Dringlichkeitsentscheidung beschlossen. Der Versand von Gebührenbescheiden werde vorübergehend ausgesetzt.
Streit um Finanzierung von Fehlfahrten
Viele Kreise und Großstädte in Nordrhein-Westfalen verhandeln im Moment mit den Krankenkassen über die Kosten für den Rettungsdienst im kommenden Jahr. Die gesetzlichen Kassen hatten angekündigt, einen bestimmten Teil der Kosten nicht mehr zu übernehmen. Es geht es um Fehlfahrten, die entstehen, wenn ein Rettungswagen gerufen wird, dann aber kein Patient ins Krankenhaus kommt. Geld bekommen die Träger der Rettungsdienste – also Städte und Kreise – für solche Fehlfahrten nicht, Kosten entstehen aber trotzdem.
Die gesetzlichen Krankenkassen dürften nach bisheriger Rechtslage nur für Kosten aufkommen, die für die Versorgung ihrer eigenen Versicherten entstehen, hatten sie in einer Stellungnahme betont. Sonstige Kosten – etwa für Fehlfahrten von Rettungswagen – müssten die Kommunen selbst tragen.
Nun ist eine Lösung in Sicht
«Nach intensiven Gesprächen auf Bundes- und Landesebene mit Essener Beteiligung zeichnet sich eine Lösung ab», hieß es nun. Im ersten Quartal 2026 solle ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung ins Bundeskabinett eingebracht werden. Eine Beschlussfassung noch vor der Sommerpause sei möglich, berichtete die Stadt.
Bis zu einer einheitlichen Regelung solle unter der Moderation von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) eine Übergangsregelung zur Kostenübernahme von Fehlfahrten mit den Kassen erzielt werden – und zwar bis Ostern.
Auch Laumann ist optimistisch
Laumann bestätigte die Gespräche und zeigte sich optimistisch, dass bis Ostern eine Lösung für NRW erarbeitet werden könne, die bis zur Verabschiedung des neuen Bundesgesetzes halten müsse. Sein Ministerium sei zudem dabei, das Rettungsdienstgesetz NRW zu überarbeiten, sagte Laumann im Landtag. Zunächst aber werde in Berlin wenigstens ein Kabinettsbeschluss gebraucht, so dass klar werde, in welche Richtung es gehe.
Die Kostenkalkulation der Fehlfahrten müsse aber transparenter werden, forderte Laumann. Diese sei von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Dass die Krankenkassen dort hinschauten, könne er schon verstehen. Andererseits könnten natürlich die Kommunen nicht auf den Kosten sitzenbleiben. Nun sei in die Sache Bewegung gekommen, und beide Seiten gingen aufeinander zu. Anhand einiger Musterkommunen solle Kostentransparenz hergestellt werden. Dann werde zwischen kommunalen Spitzenverbänden und Krankenkassen überlegt, wie man zu Lösungen zur Frage der Fehlfahrten kommen könne. «Ich glaube, dass man dann auch Lösungen finden wird, wie sie weiterhin solidarisch über die Krankenkassen finanziert werden», so der Minister.
Öffentliche Debatte bringt Bewegung in den Streit
In dem Finanzierungsstreit hatte Essen als erste Stadt in NRW angekündigt, sie müsse Patienten künftig rund 267 Euro Eigenanteil pro Rettungseinsatz in Rechnung stellen. Andere Kommunen hatten ein ähnliches Vorgehen angekündigt, aber noch keine konkreten Zahlen genannt. Die öffentliche Debatte habe nun Bewegung gebracht und werde «hoffentlich positive Auswirkungen für Bürgerinnen und Bürger in ganz NRW haben», sagte der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) laut Mitteilung.
«Die Gebühren werden an die Krankenkassen gerichtet. Der Anspruch der Stadt auf die Gebühren bleibt bestehen und verfällt nicht», hieß es weiter aus Essen.
