Überall Fahrzeuge und Arbeiter: Die Baufirmen haben die neue Brücke im Rekordtempo hochgezogen.
Überall Fahrzeuge und Arbeiter: Die Baufirmen haben die neue Brücke im Rekordtempo hochgezogen. Foto: Alex Talash/dpa

Lüdenscheid (dpa/lnw) – Vier Jahre nach der Sperrung der Rahmedetalbrücke an der A45 im Sauerland wird die wichtige Nord-Süd-Verbindung am Montag wieder freigegeben. Bundeskanzler Friedrich Merz und Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (beide CDU) kommen zu der Zeremonie und sollen das symbolische Band durchschneiden. Gegen Mittag wird die für 170 Millionen Euro neu gebaute Brücke dann für den Verkehr freigegeben.


Die Planungs- und Bauzeit von vier Jahren ist rekordverdächtig für Infrastrukturprojekte hierzulande. Minister Schnieder hat das jüngst positiv bewertet: «Wir können Tempo in Deutschland», sagte er.

Fachleute nennen als Grund dafür die Tatsache, dass wegen des hohen öffentlichen Drucks alle politischen Entscheidungen schnell getroffen wurden. Außerdem erhielten die beteiligten Baufirmen Bonuszahlungen für schnelles Bauen.

ADAC: Tempo bei Rahmedetalbrücke muss neuer Maßstab sein

Der Automobilclub ADAC fordert, das Bautempo bei der Rahmedetalbrücke dürfe keine Ausnahme bleiben. «Eine Bauzeit zwischen zwei und drei Jahren muss der Maßstab für zukünftige Brückenersatzbauwerke sein», sagte der Leiter des Fachbereichs Verkehr und Umwelt beim ADAC Nordrhein, Roman Suthold. Entscheidend sei, dass der Staat Planung und Bau eines Projekts an einen Auftragnehmer übertrage, der dann auch für die fristgerechte Umsetzung geradestehe. «Diese integrierte Vorgehensweise spart Zeit, reduziert Kosten und minimiert Schnittstellenprobleme», betonte Suthold.

Das sei auch deshalb wichtig, weil der Sanierungsdruck angesichts der maroden Brückeninfrastruktur in ganz Nordrhein-Westfalen immens sei. «30 Prozent der mehr als 6.000 Autobahnbrücken in NRW sind sanierungsbedürftig», sagte der ADAC-Verkehrsexperte. «Die Rahmedetalbrücke war nur die Spitze des Eisbergs. Fast jede zehnte Autobahnbrücke in NRW hat ihre geplante Lebensdauer schon überschritten und liegt auf der Intensivstation.»

Krischer: «Die Gefahr weiterer Sperrungen ist real»

Besonders im Fokus stehen in Nordrhein-Westfalen im Moment die Nordbahnbrücke an der A565 in Bonn und die Wiehltalbrücke auf der A4 zwischen Olpe und Köln.

«Die Gefahr weiterer Sperrungen ist real, deshalb haben wir an den Bund appelliert, dass er seine Autobahnbrücken besser schützen und dem Erhalt endlich die notwendige Priorität einräumen muss», sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Derzeit habe der Bund bei der Sanierung alter Autobahnbrücken noch nicht das erforderliche Tempo erreicht. «Auch in Berlin muss der Grundsatz “Erhalt vor Neubau” konsequent umgesetzt werden», forderte der NRW-Minister.

Bei den Strecken, für die das Land zuständig sei, setze man klare Schwerpunkte. «Wir konzentrieren unsere Mittel gezielt dort, wo der Sanierungsbedarf am größten ist. Brücken haben Vorfahrt», sagte er. «Dadurch reduzieren wir Risiken und bauen den Sanierungsstau nachhaltig ab.»

1,5 Milliarden Schaden für die Wirtschaft im Sauerland

Die plötzliche Sperrung der einsturzgefährdeten Rahmedetalbrücke war vor vier Jahren ein riesiger Schock für das Sauerland. Die A45 verbindet die Region als einzige Nord-Süd-Achse mit dem Ruhrgebiet und Hessen. Die vierjährige Sperrung hatte nach Angaben von Wirtschaftsverbänden erhebliche Auswirkungen auf die Lieferketten, Unternehmen beklagten zweistellige Umsatzrückgänge. Das Institut der Deutschen Wirtschaft beziffert den Schaden für Betriebe in der Region auf rund 1,5 Milliarden Euro.

Während der Sperrung haben sich täglich 20.000 Autos und Lastwagen über kleine Umgehungsstraßen mitten durch Orte und Wohnsiedlungen gequält – Lärm, Abgase und Staus inklusive. Damit soll nun Schluss sein. Man freue sich auf eine Zukunft, «in der unsere Region wieder frei durchatmen kann», sagte Bürgermeister Sebastian Wagemeyer (SPD).

Abgeschlossen sind die Arbeiten an der Rahmedetalbrücke noch nicht. Bislang ist nur die erste Brückenhälfte fertig. Daneben wird an einem zweiten Brückenteil gebaut. Ende 2026 sollen alle Arbeiten geschafft sein.