Mülheim (dpa/lnw) – Die renommierten Mülheimer Theatertage für Gegenwartsdramatik haben im 50. Jahr ihres Bestehens wieder ein Stück der Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek für den Wettbewerb nominiert. Gezeigt wird «Asche» (Thalia Theater, Hamburg), eine Auseinandersetzung mit der Endlichkeit, ausgelöst vom Tod von Jelineks Ehemann im Jahr 2022, wie Festivalleiterin Stephanie Steinberg bei der Präsentation des Programms in Mülheim/Ruhr sagte.
Nominiert sind sieben neue Stücke deutschsprachiger Gegenwartsdramatik für Erwachsene und fünf für Kinder. Beide Wettbewerbe sind mit je 15.000 Euro dotiert. Alle nominierten Stücke werden während der Theatertage (10. bis 31. Mai) in Mülheim aufgeführt. Über die Sieger wird bei öffentlichen Jurysitzungen entschieden. Jelinek sei zum 23. Mal nominiert, sagte Steinberg, viermal hatte sie den Preis gewonnen.
Ausgewählt aus 250 Uraufführungen pro Saison
Erstmals erhielten in diesem Jahr Nominierte, die nicht den Erwachsenen- oder Kinderpreis gewinnen, 3.000 Euro für ihre Nominierung. Außerdem werde zusätzlich ein mit 5.000 Euro dotierter Publikumspreis vergeben, kündigte Steinberg an. Der Gründungsgedanke eines Festivals für uraufgeführte neue Stücke sei bis heute sehr lebendig, betonte die Festivalleiterin. «1976 waren es etwa 50 deutschsprachige Uraufführungen, aus denen das Auswahlgremium wählen konnte. Heute sind es rund 250 Uraufführungen pro Saison.»
Das Festival wird am 10. Mai traditionell mit der Preisverleihung an die Vorjahressieger eröffnet – im Erwachsenenwettbewerb die in Israel geborene Dramatikerin Sivan Ben Yishai für ihr Stück «Nora oder Wie man das Herrenhaus kompostiert». Dann folgt mit «Doping» (Nora Abdel-Maksoud, Münchner Kammerspiele) das erste Stück im aktuellen Wettbewerb, eine böse Polit-Komödie unter anderem über einen FDP-Politiker auf Sylt, der wegen einer Erkrankung um seine Karriere fürchtet.
Die übrigen nominierten Stücke im Erwachsenen-Wettbewerb sind «Staubfrau» (Maria Milisavljević, Schauspielhaus Zürich), «Das beispielhafte Leben des Samuel W.» (Lukas Rietzschel, Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau), «Frau Yamamoto ist noch da» (Dea Loher, Schauspiel Stuttgart), «Altbau in zentraler Lage» (Raphaela Bardutzky, Schauspiel Leipzig) und «They Them Okocha» (Bonn Park, Schauspiel Frankfurt).
Stücke fühlen «entnervter Gesellschaft den Puls»
«An politischen und sozialen Sprengstoffen fehlt es unserer Gegenwart gewiss nicht», sagte der Sprecher des Auswahlgremiums für die Erwachsenen-Stücke, der Theaterkritiker Stephan Reuter. «Die Autorinnen und Autoren fühlen einer zunehmend entnervten Gesellschaft den Puls».
Im Kinderwettbewerb sind nominiert: «Aufräumen. Ein ordentliches Stück Chaos» (Tina Müller & Theater Fallalpha, Zürich), «Pembo. Halb und halb macht doppelt glücklich» (Ayşe Bosse, Hessisches Staatstheater Wiesbaden), «T-Rex, bist du traurig? (Steht dein T für Tränen?)» (Fayer Koch, Theater der Jungen Welt Leipzig), «Woche – Woche» (Lara Schützsack, GRIPS Theater Berlin) und «Freddie und die ganze Katastrophe» (Ensemble Mummpitz, Theater Mummpitz Nürnberg).