Karlsruhe/Berlin (dpa) – Drei Ukrainer sollen sich bereiterklärt haben, Anschläge auf den Gütertransport in Deutschland zu begehen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen Agententätigkeit zu Sabotagezwecken vor – und ließ sie festnehmen. Es besteht demnach der Verdacht, dass staatliche Stellen in Russland als Auftraggeber dahinterstecken. Der Fall erinnert an jüngste Ermittlungen zu russischer Sabotage in Form von Luftfrachtpaketen mit Brandsätzen.
Die Festnahmen, die jetzt öffentlich bekannt wurden, liegen teils einige Tage zurück. Am Freitag soll zunächst ein Mann in Köln von Polizisten vorläufig festgenommen worden sein. Am selben Abend wurde er der Bundesanwaltschaft zufolge nach Karlsruhe gebracht und dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt.
Einen Tag später nahmen Beamte des Landeskriminalamts in Baden-Württemberg einen mutmaßlichen Komplizen in Konstanz fest. Beide Männer sitzen in Untersuchungshaft. Der dritte Mann wurde am Dienstag im Schweizer Kanton Thurgau festgenommen. Er soll bald nach Deutschland überstellt werden.
Hinweise auf prorussische Haltung
Der mutmaßliche Plan war es, von Deutschland aus an Empfänger in der Ukraine Pakete mit Spreng- oder Brandvorrichtungen zu senden, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte. Um geeignete Transportwege auszukundschaften, habe der in Köln festgenommene Mann Ende März dort zwei Testpakete mit GPS-Trackern aufgegeben. Den Auftrag bekam er demnach von einem der Mitbeschuldigten. Der Dritte half beim Zusammenstellen der Paketinhalte.
Dass Geld als Motivation auch eine Rolle gespielt haben dürfte, gilt als wahrscheinlich. Allerdings gibt es dem Vernehmen nach auch Hinweise auf eine prorussische Haltung der Verdächtigen und in einem Fall auch Erkenntnisse über frühere Kontakte nach Russland.
Brennende Luftfracht in Leipzig
Der Verfassungsschutz, der sich zu diesen Fragen mit anderen europäischen Nachrichtendiensten austauscht, sieht seit Monaten eine Tendenz russischer Akteure, Täter – teils aus dem kleinkriminellen Milieu – anzuwerben, die für Geld Spionage- und Sabotageaktionen durchführen.
Ein Grund für diese Entwicklung ist nach Einschätzung deutscher Sicherheitsbehörden, dass der Einsatz professioneller Spione für Russland durch Sanktionen und eine erhöhte Wachsamkeit westlicher Nachrichtendienste erschwert ist.
Die neuen Festnahmen erinnern an den Fall eines brennenden Luftfrachtpakets im Juli. Nach Angaben der früheren BfV-Präsidenten, Thomas Haldenwang, war Deutschland damals nur knapp an einem Flugzeugabsturz vorbeigeschrammt. Es sei einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass das Paket noch am Boden im DHL-Logistikzentrum Leipzig und nicht während des Fluges in Brand geraten sei.
Das Paket hatte einen Brandsatz enthalten, der dort zündete und einen Frachtcontainer in Brand setzte. Für eine Verbindung zwischen diesem Fall und den jüngsten Festnahmen gibt es derzeit keine Anhaltspunkte.
Sabotage durch Bauschaum
Doch nicht immer geht es bei solchen Aktionen um Gewalt. Manchmal soll auch einfach die gesellschaftliche Spaltung befeuert werden. Im Februar war bekanntgeworden, dass die Polizei dem Verdacht nachgeht, dass eine Serie von Sabotageakten gegen Autos in mehreren Bundesländern von Moskau aus gesteuert wurde. Nach ersten Ermittlungen sei davon auszugehen, dass die Saboteure für ihre Taten Geld von einem russischen Auftraggeber erhalten hätten, hieß es aus Sicherheitskreisen.
Bei den Fahrzeugen war jeweils das Auspuffrohr mit Bauschaum verstopft worden. Am Tatort lagen teils Papierschnipsel mit Slogans, die auf die Grünen hinweisen sollten – womöglich ein Versuch, die Tat als Aktion radikaler Klimaaktivisten darzustellen.
Forderung nach diplomatischen Konsequenzen
Die Ermittlungen zu den mutmaßlichen Saboteuren aus der Ukraine stünden noch am Anfang, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul. «Ich bin mir nicht sicher, ob das alles ist», sagte er in Düsseldorf. «Es ist nicht zu Ende. Es könnte noch einen zweiten, dritten oder vierten Vorgang geben.» Die Gefahr sei im aktuellen Fall eine ernstzunehmende gewesen.
«Die vereitelten russischen Anschlagspläne müssen eine Warnung sein», sagte Robin Wagener, der Osteuropa-Beauftragte der Grünen. «Putin sucht die Auseinandersetzung und bedient sich dabei dem Instrumentenkasten von Terroristen». Die Bundesregierung müsse den russischen Botschafter einbestellen und «harte diplomatische Konsequenzen aufzeigen».
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sagte: «Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, dann handelt es sich um einen sehr ernsten Vorgang». Man wisse, dass Russland versuche, «auch mit gezielter Sabotage und perfiden geheimdienstlichen Methoden» die westlichen Demokratien zu destabilisieren. Die Sicherheitsbehörden hätten diese Bedrohung genau im Blick. Es gehe auch in diesem Fall um die «Verteidigung unseres Landes gegen die hybride Bedrohung aus Russland».