Das Gerresheimer-Logo vor einem Büro des Düsseldorfer Verpackungsspezialisten.
Das Gerresheimer-Logo vor einem Büro des Düsseldorfer Verpackungsspezialisten. Foto: Christoph Reichwein/dpa

Düsseldorf (dpa) – Der Verdacht gegen den Verpackungsspezialisten Gerresheimer, gegen Rechnungslegungsvorschriften verstoßen zu haben, hat sich teilweise erhärtet. Nachdem die Finanzaufsicht Bafin im September eine Prüfung problematischer Buchungen im Konzernabschluss 2024 eingeleitet hatte, gab das Düsseldorfer Unternehmen am Samstagabend das Ergebnis einer Untersuchung einer von ihm beauftragten Kanzlei bekannt. 


Dieser Untersuchung zufolge hätte ein Drei-Millionen-Euro-Umsatz wahrscheinlich nicht schon im Geschäftsjahr 2024 verbucht werden dürfen. Zuvor war die Firma davon ausgegangen, dass alles mit rechten Dingen zugegangen war. 2024 war Gerresheimer nach eigenen Angaben auf einen Konzernumsatz von gut zwei Milliarden Euro gekommen, ein Plus von 2,9 Prozent.

Es geht um sogenannte «Bill-and-Hold»-Vereinbarungen, bei denen eine Firma Ware schon in Rechnung stellt, obwohl sie die bislang nicht an den Käufer übergeben hat – etwa weil der Käufer die Ware aus logistischen Gründen erst später haben möchte. Solche Vereinbarungen sind legal und nicht unüblich. Allerdings gelten recht strenge Vorschriften, wann genau eine Firma solche Geschäfte als Umsatz verbuchen darf. Es soll nicht geschehen, dass eine Firma ihre Jahreszahlen mit vorgezogenen Buchungen aufbläht und sich dadurch in besserer Verfassung zeigt, als sie es tatsächlich ist. 

Aktie ist in diesem Jahr auf Talfahrt

Die Bafin sah bei Gerresheimer im September bei einigen Verträgen konkrete Anhaltspunkte, dass der jeweilige Umsatz schon im Geschäftsjahr 2024 erfasst worden sei, obwohl die Verfügungsgewalt nicht an den Kunden übergegangen sei. Dadurch könnte der Umsatz im Konzernabschluss 2024 zu hoch gewesen sein, argwöhnte die Bafin.

Nach der Bekanntgabe des Prüfverfahrens der Bonner Finanzkontrolleure sackte der ohnehin schon auf Talfahrt befindliche Gerresheimer-Aktienkurs weiter ab. Binnen eines Jahres hat eine Gerresheimer-Aktie etwa zwei Drittel ihres Wertes verloren.

Kanzlei soll andere Verträge überprüfen

Gerresheimer gab nun bekannt, dass man im Geschäftsjahr 2024 «Bill-and-Hold»-Vereinbarungen über insgesamt 28 Millionen Euro verbucht habe. Die externe Anwaltskanzlei, die den Drei-Millionen-Vertrag unter die Lupe genommen hatte, soll sich nun die Buchungen der Verträge für die verbliebenen 25 Millionen Euro anschauen. Das Unternehmen betonte erneut, dass es mit der Bafin vollumfänglich kooperiere, «um eine vollständige und transparente Klärung zu erreichen». 

Der einstige Bierflaschen-Hersteller mit einer längst geschlossenen Glashütte im Düsseldorfer Stadtteil Gerresheim hat sich auf Medizinprodukte spezialisiert. Die Verpackungen aus Glas und Kunststoff werden für Hustensäfte, Augentropfen, Nasensprays, Asthmainhalatoren, Impfstoffe, Kosmetika sowie als Insulin-Pens benutzt. Große Werke sind in Bünde in Ostwestfalen und in Pfreimd in der Oberpfalz. Der Verwaltungssitz ist am Düsseldorfer Flughafen, insgesamt hat Gerresheimer 13.600 Mitarbeitende.