Düsseldorf (dpa/lnw) – Angesichts des sich abzeichnenden Hausärztemangels macht sich die SPD-Opposition für den Ausbau kommunaler Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) in unterversorgten Gebieten in Nordrhein-Westfalen stark. Die Landesregierung solle ein Förderprogramm für diese Zentren auflegen, fordert die SPD-Landtagsfraktion. In Versorgungszentren schließen sich mehrere ambulant tätige Ärzte zusammen und praktizieren unter einem Dach.
Nach Angaben von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) gab es Ende März neun Medizinische Versorgungszentren (MVZ) in kommunaler Trägerschaft in NRW. Diese befinden sich in Kalletal, Marienmünster, Neuenrade, Wettringen, Dortmund, Monheim (2), Goch und Remscheid. Ein weiteres kommunales MVZ sei im Landesteil Nordrhein in Planung, hatte Laumann in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD mitgeteilt.
50 neue kommunale Versorgungszentren gefordert
Nach Ansicht der SPD muss das Ziel aber sein, 50 neue kommunale MVZ in unterversorgten Gebieten bis 2030 zu gründen. Dafür sollten bis zu 25 Millionen Euro für die Kommunen bereitgestellt werden. Die SPD schlägt auch zinslose Darlehen über die NRW-Bank zur Errichtung kommunaler MVZ und die Förderung der Gründungs-Beratung für die Kommunen vor.
Auch müsse das Aktionsprogramm für die hausärztliche Versorgung in NRW sofort wieder mit ausreichenden Fördermitteln ausgestattet werden, sagte Thorsten Klute, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Das mit 2,5 Millionen Euro ausgestattete Programm sei seit April ausgeschöpft.
Ein eigenständiges Förderprogramm für Medizinische Versorgungszentren in kommunaler Trägerschaft plant die Landesregierung nach früheren Angaben Laumanns nicht. Er hatte dagegen auf Fördermöglichkeiten über das Hausarztaktionsprogramm des Landes (HAP) verwiesen.
Finanz- und Personalprobleme
Die bereits bestehenden kommunalen Versorgungszentren kämpfen mit Finanz- und Personalproblemen. Das machte Remscheids Sozialdezernent Thomas Neuhaus deutlich. Das dortige kommunale MVZ für Kinder- und Jugendmedizin mit vier Sitzen mache pro Standort pro Jahr ein Defizit von 80.000 Euro – insgesamt also rund 320.000 Euro jährlich. «Die Kommunen zahlen drauf», sagte Neuhaus. Außerdem sei es schwierig, Ärzte zu finden, weil die Kommunen im Kampf um Fachkräfte nur geringere Tarife anbieten könnten.
Auch ist die Gründung eines kommunalen MVZ nicht so leicht, wie der Bürgermeister der hoch verschuldeten Stadt Castrop-Rauxel, Rajko Kravanja, berichtete. «Wir haben überhaupt keine Grundstücke mehr.» Castrop-Rauxel sei seit 1987 in der Haushaltskonsolidierung. Das Tafelsilber sei «verscheuert». Ein MVZ müsse aber in einer gut erreichbaren Lage gegründet werden.
Zwar gibt es auch private Versorgungszentren. Die entstehen nach Worten der stellvertretenden Fraktionssprecherin Lisa Kapteinat aber eher dort, wo es ein hohes Potenzial an Privatversicherten gebe. Den ambulanten Versorgungsauftrag haben zudem die Kassenärztlichen Vereinigungen. Daran dürfe auch nicht gerüttelt werden, so Gesundheitspolitiker Klute. Die kommunalen MVZ machten vor allem dort Sinn machen, wo private Träger keine Möglichkeit sähen, die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten.
Ärztemangel verschärft sich
Unterdessen verschärft sich der Ärztemangel. Bis zum Jahr 2034 wird es laut Landesregierung im Vergleich zu heute rund 1.950 Vollzeitstellen weniger in der hausärztlichen Versorgung in NRW geben. Hinzu kommt, dass laut einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung in den nächsten fünf Jahren ein Viertel der Hausärztinnen und Hausärzte aus Altersgründen aus dem aktiven Berufsleben ausscheiden wird. Mehr als ein Drittel der in NRW tätigen Hausärzte ist älter als 60 Jahre. Die Zahl der Arztpraxen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken.