Düsseldorf (dpa/lnw) – Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat sich «sehr enttäuscht» über die Arbeit der schwarz-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen geäußert. Es sei absehbar, dass viele Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag nicht umgesetzt würden, sagte die Landesvorsitzende Heide Naderer in Düsseldorf.
Der Erhalt der Arten und der natürlichen Lebensgrundlagen erfahre nicht dieselbe notwendige Aufmerksamkeit wie das Thema Klimaschutz, kritisierte Naderer. Kritisch nahm sie vor allem das von der Grünen-Politikerin Mona Neubaur geführte Wirtschaftsministerium ins Visier.
Grüne Ministerin in der Kritik
Die Ministerin habe auf jeden Fall die Ambition, die Wende zu erneuerbaren Energien zu schaffen und bis zum Ende der Wahlperiode 1.000 neue Windkraftanlagen an den Start zu bringen, konzedierte Naderer. «Aber sie wird es auf Kosten der Naturverträglichkeit erreichen.» Der Schutz der ökologisch wichtigen Flächen und der Artenvielfalt sei in den Planungen nicht ernst genug genommen worden.
Hauptkritikpunkt des Nabu: Die Landesregierung plane keine konkrete Umsetzung der sogenannten EU-Wiederherstellungsverordnung. Diese verbindlich geltende internationale Vereinbarung habe das Ziel, zerstörte Natur wieder in einen ökologisch guten Zustand zu bringen – nicht allein zum Wohle von Tieren und Pflanzen, sondern auch für saubere Luft, sauberes Wasser und gesunde Böden für die Menschen, erklärte Naderer.
Die Handschrift des Wirtschaftsministeriums
Obwohl die Landesregierung derzeit an einer Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) arbeite, seien diese Ziele dort nicht verbindlich hinterlegt, kritisierte die Naturschützerin. Es sei unfassbar, dass Tatsachen, die man besser wisse, einfach ignoriert würden. Offenbar gehe es nur um die Öffnung für wirtschaftliche Interessen von Investoren. Das zeige deutlich die Handschrift des federführenden Wirtschaftsministeriums.
Besonders besorgniserregend sei, dass erwogen werde, mit der Änderung des LEP möglicherweise sogar den Wald zu öffnen für Infrastrukturprojekte «in überragendem öffentlichem Interesse», sagte Naderer. Dabei könne es etwa um Straßen und Versorgungsleitungen gehen. «Da schrillen bei uns wirklich die Alarmglocken.»
Prestige-Projekt zweiter Nationalpark fehlgeschlagen
Wenn man nebeneinanderlege, was der schwarz-grüne Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt habe und was bislang umgesetzt worden sei, dann sei die Bilanz für den Natur- und den Freiflächenschutz miserabel, stellte Naderer fest. Dazu zähle auch das Scheitern eines zweiten Nationalparks, der eigentlich ein Prestige-Projekt der Grünen hätte sein sollen.
Trotz Regierungsbeteiligung der Grünen setze sich der Negativtrend für Flora und Fauna auch in NRW fort. So stünden hier inzwischen 44 Prozent der Tier-, Pilz- und Pflanzenarten als gefährdet auf der Roten Liste.
SPD: Ohne Rücksicht auf Verluste
Ähnlich argumentierte die SPD-Opposition. «Ausgerechnet unter einem grünen Umweltminister und einer grünen Wirtschaftsministerin fällt der Natur- und Artenschutz in Nordrhein-Westfalen flach», ätzte der umweltpolitische Sprecher ihrer Landtagsfraktion René Schneider. «Die angestrebte Änderung des Landesentwicklungsplans ebnet den Weg für den Ausverkauf bei Naturflächen.» Ministerin Neubaur gehe «ran an neue Flächen ohne Rücksicht auf Verluste».