Jochen Ott, Vorsitzender der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Düsseldorf (dpa/lnw) – Der SPD-Oppositionsführer im NRW-Landtag, Jochen Ott, fordert eine radikale Kürzung der Lehrpläne an den Schulen und ein neues Arbeitszeitmodell für Lehrkräfte. Die starren Lehrpläne seien ein Kernproblem für Zeitmangel und Stress bei Lehrerinnen und Lehrern, sagte Ott dem Nachrichtenportal «Ruhr24». Für wichtige Themen abseits der Lehrpläne bleibe wenig Zeit. Den Lehrern sollte nach Ansicht des SPD-Landtagsfraktionschefs nicht alles vorgeschrieben werden, was sie im Unterricht behandeln müssen. «Stattdessen sollten sie ihre selbst gewählten Inhalte in Ruhe unterrichten, damit sich diese in den Köpfen der Schüler festsetzen – und es nicht in reines Kurzzeitlernen ausartet, also schnell alles rein und schnell wieder raus aus den Köpfen.»

Auch ein neues Arbeitszeitmodell schlägt Ott vor. Dieses sollte nicht mehr nur an der Zahl der 45-Minuten-Unterrichtsstunden ausgerichtet sein, sondern auch die anderen Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern erfassen. Zudem sollten die Verwaltungsassistenzen massiv ausgeweitet werden, um Lehrer zu entlasten.

Die Bildungsgewerkschaft GEW forderte eine Erfassung der Mehrarbeit der Lehrer, bevor neue Arbeitszeitmodelle eingeführt würden. Nur dann sei die Landesregierung in der Pflicht, auch für entsprechende Entlastung zu sorgen. Die politischen Entscheider schöben die Arbeitszeiterfassung aber vor sich her, sagte die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik. Der Hauptgrund dafür sei, dass in Zeiten des Personalmangels gerade die strukturelle Mehrarbeit stillschweigend hingenommen werde. Dabei schrieben das Bundesarbeitsgericht und der Europäische Gerichtshof eine Arbeitszeiterfassung grundsätzlich vor.

Quereinstieg zu kompliziert

Der schwarz-grünen Landesregierung warf Ott vor, den Seiteneinstieg von dringend benötigten Lehrkräften in der Praxis zu erschweren. «Es findet sich immer etwas, warum jemand als Lehrkraft scheinbar nicht qualifiziert ist», sagte er. Er könne Hunderte Einzelfälle von NRW-Schulen nennen, wo eine Einstellung gescheitert sei. Manchmal versperrten auch die Bezirksregierungen den Quereinstieg. So gebe es ehemalige Hochschulprofessoren, die für einen Job als Lehrer für die Ausbildung zum Medizinisch Fachangestellten (MFA) an Berufsschulen aufgrund mangelnder Qualifikation nicht angenommen würden.

Zur Finanzierung der Ausstattung der Schulen verlangte Ott erneut ein milliardenschweres Förderprogramm und die Aufweichung der Schuldenbremse. «Wir könnten mit einem Darlehen der NRW-Bank, bei denen die Tilgung über das Land läuft, wahnsinnig viel erreichen.»

Abschied von «Oldschool»

Ott sprach sich auch für eine grundlegende Modernisierung des Unterrichts aus. «Wir müssen anfangen zu verstehen, dass wir Kinder in einer medialen Welt ganz anders pushen und ihre Begeisterung noch mal wecken müssen», sagte er. «So wie wir früher Schule gemacht haben, 30 Leute im Raum, einer sitzt vorne, so läuft das nicht mehr. Das ist wirklich Oldschool.»