Ist der geständige mutmaßliche Vierfachmörder von Solingen rechtsradikal? (Archivbild)
Ist der geständige mutmaßliche Vierfachmörder von Solingen rechtsradikal? (Archivbild) Foto: Federico Gambarini/dpa

Wuppertal (dpa/lnw) – Im Prozess um den Vierfachmord von Solingen ist der Angeklagte mit einem weiteren, vierten Feuer in Verbindung gebracht worden. Es habe im Keller eines Wohnhauses in Wuppertal am 5. Januar 2022 gebrannt, sagte Nebenklage-Vertreterin Seda Başay-Yıldız. Bewohner hätten mit einer Drehleiter gerettet werden müssen. 


In diesem Haus habe nicht nur die Freundin des Angeklagten früher gewohnt, sondern auch ein Mann, mit dem der Angeklagte Streit gehabt und sich sogar einmal geprügelt habe. 

Die Auswertung der Festplatten habe ergeben, dass der Angeklagte noch in der Brandnacht versucht habe, über die Suchmaschine Google etwas zum Feuer in Erfahrung zu bringen. Die Anwältin beantragte, den damaligen Kontrahenten des Angeklagten, einen Marokkaner, als Zeugen zu hören zum Hintergrund des Streits. Zudem sollten die Ermittler prüfen, ob es Parallelen bei der Brandlegung zu den bereits gestandenen Taten gebe. 

Im Laufe des Prozesses hatte die Anwältin zahlreiche Hinweise auf eine etwaige rassistische Motivation des geständigen Angeklagten zutage gefördert. So waren ein rassistisches Gedicht aus der Garage des Angeklagten, NS-Literatur, ein rassistischer Chat mit seiner Freundin, 166 Dateien mit rechtsextremem Inhalt auf einer Festplatte und ein Polizeivermerk aufgetaucht, wonach es sich um eine rechtsextrem motivierte Tat gehandelt haben könnte. 

Die Polizei sah sich harter Kritik ausgesetzt und ist derzeit damit befasst, umfangreich nach zu ermitteln. 

Richter: «Darf nicht passieren»

Auch der Vorsitzende Richter Jochen Kötter hatte sich erstaunt gezeigt: «Ich könnte da auch aus der Haut fahren, wenn ich das sehe», hatte er gesagt. «Ich muss Ihnen zugestehen, dass das nicht passieren darf.» 

Die Ermittler hatten argumentiert, das Meiste sei dem Angeklagten nicht eindeutig zuzuordnen und deswegen aussortiert worden. Wuppertals Polizeipräsident hatte nach der Festnahme des geständigen Angeklagten gesagt, dass es keine Hinweise auf einen rechtsradikalen Hintergrund gibt. 

Die Anwälte der Angehörigen hatten darauf hingewiesen, dass in den vom geständigen Angeklagten angezündeten Häusern fast ausschließlich Menschen mit Migrationshintergrund gelebt hätten. Eine der Brandstiftungen sei am Jahrestag der Pogromnacht gewesen. 

Bei dem tödlichen Feuer starben zwei kleine Kinder und die Eltern

Der mutmaßliche Mörder und Brandstifter hat bereits gestanden. Bei dem tödlichen Feuer am 25. März 2024 starb in Solingen eine bulgarische Familie im Dachgeschoss – die 28 und 29 Jahre alten Eltern und ihre beiden Töchter im Alter von drei Jahren sowie wenigen Monaten. Als Motiv gab der Angeklagte «Stress mit der Vermieterin» an. Ihm war wegen Mietrückständen gekündigt worden.

Der deutsche Angeklagte gestand neben mehreren Brandlegungen auch eine Macheten-Attacke, bei der er einen Bekannten lebensgefährlich verletzte. Der 40-Jährige muss sich in Wuppertal wegen vierfachen Mordes und zahlreichen Mordversuchen vor Gericht verantworten. Ein Psychiater hatte ihn als hochgefährlich eingestuft.