
Neuss (dpa/lnw) – Nicht eingehaltene Reservierungen verursachen in Nordrhein-Westfalens Gastgewerbe herbe finanzielle Verluste. Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) NRW ist es ein wachsendes Problem, dass Kunden Tische reservieren und dann nicht kommen. In der Gastronomie ist von «No-Shows» die Rede, wenn Gäste eine Reservierung tätigen, dann aber ohne vorherige Absage nicht erscheinen.
Bei einer Dehoga-Umfrage unter 250 Gastronomen und Hoteliers gaben 87 Prozent an, dass sie das Problem der «No-Shows» aus eigener Erfahrung kennen. Rund 40 Prozent der betroffenen Unternehmer schätzten den dadurch verursachten finanziellen Schaden auf mehr als fünf Prozent des Jahresumsatzes und 60 Prozent auf bis zu fünf Prozent.
«No-Shows sind für unsere Branche keine Lappalie», sagt Dehoga-NRW-Präsident Patrick Rothkopf. «Sie verursachen reale wirtschaftliche Schäden – gerade in einer Branche, die ohnehin mit niedrigen Margen, hohen Kosten und Personalengpässen kämpft.» Wer reserviere, solle Verantwortung übernehmen und dann auch kommen oder rechtzeitig absagen.
Was tun gegen das Problem? 38 Prozent der Betroffenen gaben in der Dehoga-Umfrage an, vorher mit einem Anruf beim Gast nachzuhaken, ob er auch wirklich kommt, oder E-Mails zu schicken. 30 Prozent weisen die Gäste bei Abgabe der Reservierung darauf hin, dass diese auch verbindlich sei. Grob gesagt ein Zehntel nimmt die Gäste finanziell schon vorher in die Pflicht – sie bekommen vorher eine Anzahlung (Vorkasse) oder lassen sich eine Kreditkartennummer geben, die sie bei Nichterscheinen belasten können.
Besonders bei größeren Gruppen wollen die Gastwirte finanzielle Vorleistungen haben. Einige wenige Gastwirte sind so gebeutelt, dass sie gewissermaßen auf die Notbremse treten: Drei Prozent der Betroffenen gaben an, gar keine Reservierungen mehr anzunehmen.
Gastwirte suchen das Gespräch mit ihren Gästen
Zu den Betroffenen zählt der Gastwirt Hagen Norhausen aus Leverkusen. «Das Problem ist in den vergangenen Jahren extremer geworden», sagt der Inhaber der seit fünf Generationen familiengeführten Gaststätte Norhausen.
Er erinnert sich noch an einen Abend des vergangenen Jahres, als sein Laden eigentlich ausgebucht war, doch 38 von 150 Sitzplätzen konnten nicht gefüllt werden – entweder weil die Gäste gar nicht kamen oder weil die Gästegruppe deutlich kleiner war als angekündigt. Dieser Abend sei zwar besonders negativ gewesen, aber auch an normalen Abenden sei der Ausfall durch No-Shows spürbar und finanziell schmerzhaft.
Die geringere Anzahl von Gästen wirke sich auch auf die Bezahlung des Service-Personals aus, das dann weniger Trinkgeld bekomme, sagt der 52-Jährige. «Meinen Leuten fehlt Trinkgeld – das ist ärgerlich.»
Die Gastronomie leide ohnehin unter Personalmangel – wenn die Bezahlung wegen No-Shows geringer ausfällt als erwartet, könnte dies ein weiterer Grund sein, dass sich Kellner und Köche beruflich umorientieren wollen und Jobs in anderen Branchen suchen.
Der Gastronom Philip Winterkamp, der das Restaurant Freischütz in Schwerte betreibt, spürt ebenfalls die Folgen von unzuverlässigen Gästen. «Das ist ein Problem, was immer mal wieder aufpoppt – alles in allem hält es sich aber im Rahmen.» Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2024 habe sein Restaurant offen gehabt, man sei schon lange vorher ausgebucht gewesen.
Zwei Gruppen à 16 Personen, die an zwei langen Tischen sitzen sollten, sind dann aber nicht erschienen. Das sei bedauerlich gewesen, schließlich hätte er die Tische gerade an diesem Tag leicht anderweitig vergeben können – wenn er von der Abwesenheit der Reservierungsgruppen nur vorher gewusst hätte.
Die meisten Gastwirte scheuen finanzielle Maßnahmen
Was tun? In Sternerestaurants ist es üblich, vorher seine Kreditkarten-Nummer zu hinterlegen – wenn man nicht rechtzeitig absagt, wird eine Gebühr fällig. In anderen Preissegmenten ist so etwas hingegen die Ausnahme, wie aus der Dehoga-Umfrage hervorgeht.
Auch die Gastwirte Winterkamp und Norhausen haben in ihren Lokalen weder eine Reservierungsgebühr noch verlangen sie eine Kreditkarten-Nummer, um die Reservierungen verbindlicher zu machen und das Problem zu entschärfen. «Bei solchen finanziellen Maßnahmen sind Diskussionen mit den Gästen vorprogrammiert, da wollen wir uns gar nicht reinbegeben», sagt Winterkamp. «Wir sind Gastgeber und wollen freundlich sein, wir wollen nicht rumdiskutieren.»
Der Restaurantbetreiber befürchtet, dass solche restriktiven finanziellen Schutzmaßnahmen nicht nur ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand wären, sondern auch eine abschreckende Wirkung auf die Kundschaft haben könnten. «Die Gefahr, dass es als unfreundlich wahrgenommen wird, ist größer als der Nutzen, dass ich Umsatzeinbußen vermeiden kann», sagt Winterkamp.
