Bielefeld (dpa) – Pokal-Wahnsinn auf der Bielefelder Alm: Hunderte Anhänger des großen Außenseiters Arminia stürmten nach dem erstmaligen Einzug ins Pokalfinale den Rasen. «Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin» und «Oh, wie ist das schön», sang der Großteil der 26.601 Zuschauer, während das Starensemble von Titelverteidiger Bayer Leverkusen dem Drittligisten fassungslos bei der großen Pokalparty zuschaute.
«Ich bin einfach nur stolz auf diese Mannschaft», sagte Bielefelds Trainer Mitch Kniat nach dem 2:1 (2:1)-Sensationscoup am Dienstagabend in der ARD. «Heute schläft keiner in der Stadt», kündigte der Coach an. Sein Team steht nach Toren von Marius Wörl (20. Minute) und Maximilian Großer (45.+3) erstmals in der Vereinsgeschichte im Endspiel des DFB-Pokals.
Leverkusen droht nun Saison ohne Titel
Erstmals seit Union Berlin 2001 ist damit wieder ein drittklassiger Club im Finale. «Glück brauchten wir gar nicht, denn wir waren die ganze Zeit am Drücker», sagte Kniat völlig zu Recht. In Berlin spielt die Arminia am 24. Mai entweder gegen den VfB Stuttgart oder RB Leipzig, die sich an diesem Mittwoch im zweiten Halbfinale messen (20.45 Uhr/ZDF und Sky).
Bayer 04 droht dagegen nach dem Double im vergangenen Jahr eine Saison ohne Titel. «Das war mit Abstand das schlechteste Spiel in dieser Saison», schimpfte Leverkusens Nationalspieler Robert Andrich. «Wir haben eine Menge falsch gemacht».
In der Bundesliga liegt Leverkusen sechs Punkte hinter Spitzenreiter FC Bayern München. Aus der Champions League sind die Rheinländer schon ausgeschieden. Ohne ihren verletzten Superstar Florian Wirtz fehlte den Leverkusenern in der Offensive die Durchschlagskraft. Bayer wirkte seltsam uninspiriert und leistete sich hinten ungewohnte Unaufmerksamkeiten. Nur Jonathan Tah traf für die Werkself (17.).
Ausgelassene Stimmung schon lange vor dem Spiel
Die Partie elektrisierte Bielefeld seit Tagen. Mit einem großen Fanmarsch und viel Pyrotechnik stimmten sich die Fans auf den Abend ein. Sie zogen an üppig mit Fahnen und Schals geschmückten Häusern vorbei. Sowohl die Bielefelder als auch die Leverkusener Anhänger empfingen die Teams mit Choreografien.
«Wir müssen den letzten Schweißtropfen auf dem Platz lassen», sagte Kniat vor dem Spiel bei Sky. Von Beginn an entwickelte sich ein packender Pokalfight. Leverkusen übernahm die Kontrolle, Bielefeld hielt mit viel Einsatz dagegen. Dennoch nutzten die Gäste eine Ecke zur frühen Führung. Alejandro Grimaldo flankte, Amine Adli verlängerte und Nationalverteidiger Tah traf aus kurzer Distanz.
Arminia zeigt extrem starke Reaktion auf frühen Rückschlag
Wer nun aber dachte, Leverkusen hätte der Arminia damit den Mut genommen, sah sich getäuscht. Fast im Gegenzug glich Bielefeld aus. Bayers Piero Hincapie legte unfreiwillig vor und Wörl traf platziert ins Eck. Für den 20-Jährigen war es bereits der dritte Treffer im Wettbewerb.
Und die Gastgeber machten weiter: Schon Noah Sarenren Bazee hatte das 2:1 auf dem Fuß. Der Stürmer scheiterte aber frei an Bayer-Keeper Lukas Hradecky, der erstmals in dieser Pokalsaison den Vorzug vor Matej Kovar erhielt. Kurz vor der Pause wurde die Alm dann endgültig zum Tollhaus. Louis Oppie schlug einen perfekten Freistoß und Großer drückte den Ball im Sprung über die Linie. «Was ist hier Los?», brüllte der Stadionsprecher ungläubig ins Mikrofon.
Bayer 04 fehlt Kreativität
Auch nach der Pause fand Leverkusen nicht zu seinem Spiel. Bayer 04 bekam kaum Tempo in seine Aktionen und suchte vergeblich nach Lücken in der gut sortierten Bielefelder Defensive. Nervös lief Alonso in seiner Coachingzone auf und ab. Immer wieder versuchte der Spanier korrigierend einzugreifen. Es half nicht.
Bielefeld war dem dritten Tor lange näher, als Leverkusen dem Ausgleich. Erst in der Schlussphase kamen die Gäste zu gefährlicheren Abschlüssen. Bielefelds Torwart Jonas Kersken und der Pfosten retteten der Arminia jedoch den knappen Vorsprung.