Düsseldorf (dpa/lnw) – Das Verschwinden von Asylbewerbern kurz vor der geplanten Abschiebung ist wie im Fall des mutmaßlichen Attentäters von Solingen nach Worten eines Ausländerbehördenmitarbeiters «ein absoluter Regelfall».
Dass Issa Al H. im Juni 2023 zum Zeitpunkt der geplanten Rückführung nach Bulgarien nicht in der Flüchtlingsunterkunft in Paderborn angetroffen worden sei, sei nicht auffällig gewesen. Das sagte der Mitarbeiter der Zentralen Ausländerbehörde Bielefeld im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Aufarbeitung des Terroranschlags von Solingen.
«Es kommt öfter vor, dass Personen nicht angetroffen werden, als dass Personen angetroffen werden.» Das Verfahren der versuchten Rücküberstellung sei «völlig im normalen Rahmen abgelaufen», so der Mitarbeiter, der seinerzeit für die Transportkoordination der Ausländerbehörde in Bielefeld zuständig gewesen war.
Kein weiterer Abschiebungsversuch unternommen
Issa Al H. hätte eigentlich am 5. Juni 2023 den EU-Asylregeln zufolge nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Als er aus der Unterkunft abgeholt werden sollte, war er jedoch nicht aufzufinden, obwohl er am Tag zuvor und auch nach der gescheiterten Flugabschiebung tagsüber beim Mittagessen in der Unterkunft anwesend war. Ein weiterer Rückführungsversuch wurde nicht unternommen.
Bei dem Anschlag am 23. August 2024 auf einem Stadtfest in Solingen waren drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt worden. Der mutmaßliche Attentäter, der Syrer Issa Al H., muss sich seit Ende Mai vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verantworten. Die Terrororganisation Islamischer Staat hatte den Messeranschlag für sich reklamiert. Der 27-Jährige hatte gestanden, den Anschlag begangen zu haben, zum Vorwurf der IS-Mitgliedschaft schweigt er.
Nur wenige Räume wurden durchsucht
In der Regel werde auch in Gemeinschaftsräumen, auf Fluren oder Toiletten gesucht, wenn eine abschiebepflichtige Person sich verstecke, sagte der Zeuge. Andere Zimmer hätten nach damaliger Gesetzeslage nicht betreten werden dürfen, es sei denn, es hätte konkrete Hinweise gegeben, dass sich die gesuchte Person dort aufhalte.
Er habe damals telefonisch Rückmeldung der Außendienstmitarbeiter bekommen, dass Issa Al H. nicht in der Notunterkunft vorgefunden worden sei und alle zuständigen Stellen informiert, sagte der Zeuge. Danach sei die Akte zurück an die Sachbearbeiter gegangen, die unverzüglich prüfen müssten, wann die nächste Überstellung möglich sei.
Da die Überstellungsfrist nach Bulgarien nach der gescheiterten Rückführung nicht verlängert werden konnte, wurde Issa Al H. Ende August 2023 nach Solingen überwiesen.