SPD wirft Ministerin Paul Blockade vor.
SPD wirft Ministerin Paul Blockade vor. Foto: Federico Gambarini/dpa

Düsseldorf (dpa/lnw) – Die SPD wirft NRW-Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne) vor, den Untersuchungsausschuss des Landtags zum Terroranschlag von Solingen zu blockieren. 


In einem Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne), kritisiert die SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss, Lisa-Kristin Kapteinat, die Landesregierung habe ihr Versprechen, maximale Transparenz walten zu lassen, bereits mehrfach gebrochen. 

«Wenn ein Mitglied der Landesregierung, namentlich Fluchtministerin Paul, regelmäßig und bewusst diesen Untersuchungsausschuss blockiert und verzögert, dann erwarte ich von ihnen, dass Sie sich diesem unwürdigen Handeln entgegenstellen», so Kapteinat an die Regierungsspitze. «So wie derzeit darf es nicht weitergehen.» 

Ministerpräsident Wüst selbst habe diese maximale Transparenz nach dem Anschlag versprochen. So seien nun aber mehrfach Akten, die die geplante Vernehmung bestimmter Zeugen betreffen, erst kurz vor oder sogar nach deren Vernehmung beim Untersuchungsausschuss eingegangen. Ebenso fehlten bis heute sämtliche Erklärungen der Landesregierung und ihrer Ministerien, dass die Lieferungen vollständig seien. 

SPD sieht Salami-Taktik

Erst einen Tag vor der geplanten Zeugenaussage von zwei Mitarbeitern der Bezirksregierung Detmold habe das Ministerium weitere Akten der Bezirksregierung nachgereicht. Die Lieferung habe aus 2.433 Akten bestanden. Warum diese erst mit mehr als einem Jahr Verzögerung zur Verfügung gestellt wurden, erschließe sich nicht. 

Bereits am 2. September habe ein Mitarbeiter der zentralen Ausländerbehörde Bielefeld als Zeuge ausgesagt. Einen Tag später seien weitere Akten mit wichtigen Inhalten zu diesem Zeugen eingegangen. 

Auch in der vergangenen Woche hätten weitere 813 Akten aus dem Fluchtministerium den Untersuchungsausschuss erreicht – zwei Tage vor der geplanten Zeugenvernehmung von Personen, die der Akteninhalt direkt betrifft. Allein in der vergangenen Woche habe der Untersuchungsausschuss 3.246 neue Akten erhalten. 

«Beispiellose Missachtung»

Die Umstände der Lieferungen deuteten darauf hin, dass die Arbeit des Ausschusses strukturell blockiert werden solle. Dies sei eine «beispiellose Missachtung des Untersuchungsausschusses und damit des Parlaments». Es sei zugleich ein fatales Signal gegenüber den Opfern des Terroranschlags und ihren Angehörigen. 

Man werde die Verstöße sorgfältig dokumentieren und genau prüfen, inwiefern das Verhalten der Ministerin rechts- und verfassungswidrig sei. 

Ministerium: Bisher 3500 Daten und Akten geliefert 

Das Fluchtministerium schrieb auf Anfrage zu den Vorwürfen, es stelle dem Untersuchungsausschuss selbstverständlich alle Akten gemäß der Beweisbeschlüsse zur Verfügung. Zum jetzigen Zeitpunkt habe das Ministerium bereits rund 3500 Daten und Akten geliefert. «Auch von den zuständigen Bezirksregierungen, der Zentralen Ausländerbehörde und der zuständigen Ausländerbehörde liegen dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss bereits mehr als 3000 Akten vor.»

Abschiebung gescheitert

Am 23. August 2024 hatte der Syrer Issa al Hasan auf einem Stadtfest in Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. Die Terrorgruppe «Islamischer Staat» (IS) hatte den Anschlag für sich reklamiert. 

Al Hasan hätte bereits ein Jahr zuvor nach den EU-Dublin-Regeln nach Bulgarien abgeschoben werden müssen. Ein Versuch war gescheitert, ein weiterer wurde nicht unternommen. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht hatte den 27-jährigen Syrer im vergangenen September zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.