Die frühere Pflegetochter eines wegen Missbrauchs verurteilten Priesters forderte vom Erzbistum Köln 830.000 Euro Schmerzensgeld. (Archivbild)
Die frühere Pflegetochter eines wegen Missbrauchs verurteilten Priesters forderte vom Erzbistum Köln 830.000 Euro Schmerzensgeld. (Archivbild) Foto: Federico Gambarini/dpa

Köln (dpa) – Das Landgericht Köln hat eine Klage einer Missbrauchs-Betroffenen auf 830.000 Euro Schmerzensgeld gegen das Erzbistum Köln abgewiesen. Die heute 58 Jahre alte Frau war in ihrer Kindheit von einem Priester als dessen Pflegetochter schwer sexuell missbraucht worden. Der Priester wurde 2022 zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Nach der Entscheidung des Landgerichts kann das Erzbistum Köln dafür aber nicht haftbar gemacht werden. Der Priester habe «mehr oder weniger als Privatperson» gehandelt und nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes, hieß es in der Urteilsbegründung. Zudem gebe es keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des Erzbistums. 


Rechtsanwalt Eberhard Luetjohann, der die Klägerin vertritt, sagte, von dem Urteil gehe eine fatale Botschaft aus: «Ein Priester kann sich quasi in voller Montur im Kölner Dom eine Touristin schnappen, nach hinten gehen und sie hinter dem Schrein der Heiligen Drei Könige vergewaltigen und anschließend sagen: „Das habe ich in meiner Privatzeit gemacht“.» Ob man gegen das Urteil beim Oberlandesgericht Köln Berufung einlegen werde, sei noch nicht entschieden, so Luetjohann. 

Betroffenen-Initiative kritisiert Gerichtsurteil

Matthias Katsch von der Betroffenen-Initiative «Eckiger Tisch» zeigte sich nach der Verkündigung der Gerichtsentscheidung «entsetzt». «Dieses Urteil ist ein Schlag für alle Betroffenen, die ihre Hoffnungen in den Rechtsstaat gesetzt haben», sagte Katsch der Deutschen Presse-Agentur. Das Urteil zeuge von völliger Unkenntnis davon, wie umfassend die katholische Kirche das Priesteramt verstehe – oder aber es zeuge von «Voreingenommenheit für diese alte, ehrwürdige Institution hier in Köln», so Katsch. 

Eine Sprecherin des Landgerichts wies diesen letzten Vorwurf entschieden zurück. «Das Gericht hat allein auf der Grundlage des Gesetzes entschieden», betonte sie. In der Rechtsprechung habe sich durchaus die Auffassung etabliert, dass die Kirche für Taten von Priestern in Mithaftung genommen werden könne. Das gelte allerdings nicht pauschal. Entscheidend sei, ob der Priester die Tat in Ausübung seines Amtes begangen habe. Nicht alles, was ein Priester tue, könne als Amtshandlung im juristischen Sinn gewertet werden. Die Frage, wie es in diesem konkreten Fall gewesen sei, habe das Gericht in dem Verfahren beantworten müssen – und am Ende entschieden, dass der erforderliche enge Zusammenhang mit der klerikalen Tätigkeit hier nicht gegeben gewesen sei.