Düsseldorf (dpa/lnw) – Die Bahn-Branche in Nordrhein-Westfalen bekommt die kurzfristigen Zugausfälle durch Personalmangel allmählich etwas besser in den Griff. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres seien bereits spürbar weniger Züge kurzfristig ausgefallen, berichteten die Verkehrsverbände VRR, Go. Rheinland und NWL im Verkehrsausschuss des Landtags.
Allerdings ist es ein Aufwärtstrend auf einem sehr niedrigen Niveau: Denn im Jahr 2024 haben Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Züge im Land einen erneuten Tiefpunkt erreicht. Jeder vierte Zug war verspätet, jeder sechste Zug fiel ganz aus.
Keine Hoffnung auf schnelle Lösungen
«Das ist natürlich ein unhaltbarer Zustand», sagte Oliver Wittke, Chef des Verkehrsverbands Rhein-Ruhr (VRR). Erst recht, weil es seit Einführung des Deutschland-Tickets einen Ansturm auf die öffentlichen Verkehrsmittel gebe. «Die Branche liefert eine Leistung ab, die damit nicht einhergeht», gab er zu.
Die Probleme seien aber so groß, dass man keine schnellen Lösungen versprechen könne. «Wir müssen uns ehrlicherweise noch auf einige Jahre mit Engpässen und Einschränkungen einstellen», sagte Wittke.
Fokus auf kurzfristige Zugausfälle
In den Fokus nehmen die drei Verkehrsverbände, die für Regionalzüge und S-Bahnen in Nordrhein-Westfalen zuständig sind, deshalb seit einiger Zeit die kurzfristigen Zugausfälle. Die sind für viele Pendler besonders ärgerlich, wenn sie schon am Bahnsteig stehen und der Zug dann doch nicht kommt. Meist ist fehlendes Personal der Grund dafür.
5,4 Prozent der Fahrten fielen im vergangenen Jahr kurzfristig aus. Das war bereits ein kleiner Rückgang gegenüber dem Vorjahr (5,9 Prozent). Doch das Ziel der Verbände ist ein Wert unter einem Prozent.
Die Verkehrsverbände haben deshalb auf mehreren Linien die Fahrpläne ausgedünnt. Dadurch fahren landesweit insgesamt etwa vier Prozent weniger Züge – die sollen dafür aber trotz des Lokführermangels zuverlässiger kommen, so der Plan.
Ausfälle gehen teils um mehr als 70 Prozent zurück
Der Effekt dieser Maßnahme sei deutlich spürbar, betonte Go-Rheinland-Chef Marcel Winter. Beim stark frequentierten Rhein-Münsterland-Express (RE 7) von Krefeld über Köln, Wuppertal und Münster nach Rheine seien von Januar bis März in diesem Jahr 71 Prozent weniger Züge kurzfristig ausgefallen als im Vorjahreszeitraum. Bei der Ostwestfalen-Bahn (RB 72) waren es den Angaben zufolge 82 Prozent, bei der Rhein-Wupper-Bahn (RB 48) 72 Prozent.
Auch auf den wichtigen Linien des Rhein-Ruhr-Express (RRX) gebe es einen deutlichen Rückgang der kurzfristigen Ausfälle – dort allerdings noch auf vergleichsweise hohem Niveau.
Ein Dauerzustand seien die ausgedünnten Fahrpläne aber nicht, betonte Wittke. Bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2025 wolle man so viele Lokführer haben, dass möglichst überall wieder der normale Fahrplan gelten könne. «Ziel ist, dass das eigentliche Angebot 2026 wieder zu 100 Prozent steht.»
Jeder sechste Zug kommt gar nicht
Doch die kurzfristigen Zugausfälle sind nur ein Teil des Problems. Im vergangenen Jahr erreichten Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Regionalzüge und S-Bahnen in Nordrhein-Westfalen neue Tiefstwerte, wie aus der im Verkehrsausschuss vorgestellten Jahresbilanz des Kompetenzcenters Integraler Taktfahrplan NRW hervorgeht.
Insgesamt fiel bei Regionalzügen und S-Bahnen 2024 mehr als jeder sechste (17,5 Prozent) eigentlich geplante Fahrt aus – im Jahr 2023 waren es noch 13,8 Prozent Ausfälle. Häufigster Grund dafür waren Baustellen.
Doch zu denen gebe es keine Alternative, denn das Schienennetz sei vielerorts im Land marode, sagte Kai Schulte, Leiter des Kompetenzcenters Integraler Taktfahrplan. NRW habe nach aktuellen Zahlen der Deutschen Bahn das zweitschlechteste Schienennetz aller 16 deutschen Bundesländer.
Jeder vierte Zug kommt nicht pünktlich
Auch die Pünktlichkeit der Züge bleibt eine Baustelle: 25,1 Prozent der Regionalzüge und S-Bahnen waren im vergangenen Jahr mit mindestens vier Minuten Verspätung unterwegs. Das ist der höchste Wert seit Jahren. 2023 waren 21,9 Prozent der Züge unpünktlich. Die größten Probleme gibt es traditionell bei Regionalexpress-Linien. Die RE-Züge fahren oft auf weiteren Strecken durch mehrere störungsanfällige Knotenpunkte – und sind deshalb häufiger verspätet als etwa S-Bahnen.