Ein Absperrband wird vor einem Polizeiwagen ausgerollt. Foto: David Inderlied/dpa/Illustration

Düsseldorf (dpa/lnw) – Die Zahl entdeckter Weltkriegsbomben geht im besonders belasteten Nordrhein-Westfalen in jüngster Zeit tendenziell zwar zurück. Dabei spielten die Corona-Pandemie und die schwache Baukonjunktur eine Rolle. Das Bergen und Entschärfen von Blindgängern verbunden mit weiträumigen Absperrungen und Evakuierungen von Gebäuden bleibt nach Regierungseinschätzung aber eine Aufgabe für lange Zeit.  

Im Jahr 2023 sind nach Ministeriumsangaben landesweit 167 Weltkriegsbomben mit einem Gewicht von mindestens 50 Kilogramm entdeckt worden. Das sind fast ein Drittel weniger als 2022, als landesweit noch 239 Blindgänger gefunden wurden. Fünf Bomben mussten 2023 am Fundort kontrolliert gesprengt werden, da vom Zünder eine besondere Gefahr ausging.

Das Ministerium führt den Rückgang der Bombenfunde vor allem auf eine geringere Bautätigkeit zurück. Denn die Experten der Kampfmittelbeseitigung würden häufig beim Haus- und Straßenbau aktiv. 70 Prozent der Bomben finden demnach die Experten, bevor Baufirmen tätig werden. Dazu würden Luftbilder aus der Kriegszeit sowie weitere Unterlagen zum Grundstück ausgewertet. Daraufhin werde systematisch nach Blindgängern gesucht. Unter anderem auch beim Breitbandausbau stießen Arbeiter auf Kampfmittel im Boden.  

«Wer glaubt, die Männer und Frauen von der Kampfmittelräumung haben bald nichts mehr zu tun, irrt sich. Noch unsere Enkel und Urenkel wird das tödliche Erbe beschäftigen. Immer wieder werden gerade die schweren Bomben dafür sorgen, dass Menschen für die Räumung ihre Wohnungen kurzzeitig verlassen müssen», erklärte Innenminister Herbert Reul (CDU).

Inklusive kleinerer Bomben sowie Granaten, Minen, Handgranaten, Munition und weiterer Sprengmittel beseitigten die Experten 2023 gut 4800 Kampfmittel. Während im Jahr 2022 insgesamt 443 Sprengungen aus Sicherheitsgründen vor Ort nötig waren, sind im Jahr 2023 mit 839 Kampfmitteln fast doppelt so viele am Einsatzort gesprengt worden, weil sie nach Experteneinschätzung nicht transportfähig waren. Darunter waren vor allem Handgranaten.

Im Jahr 2019 waren in NRW noch 307 Weltkriegsbomben mit einem Gewicht von mindestens 50 Kilogramm entschärft worden. Infolge der Corona-Pandemie sank die Zahl 2020 auf 197 Fälle, weil die Behörden die aktive Suche zeitweise einschränkten, um große Evakuierungen zu vermeiden. Im Jahr 2021 stieg die Zahl der Bombenentschärfungen auf 278. Ein Jahr später spielte bei dem Rückgang auf 239 Fälle schon die Abkühlung der Baukonjunktur eine Rolle.

Die Zahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen ist im Jahr 2023 deutlich um mehr als ein Viertel auf rund 43.600 in NRW gesunken, wie das Statistische Landesamt im März mitteilte. In den Zahlen sind sowohl Genehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch in Umbauten enthalten. Die Baugenehmigungen sagen zwar nichts darüber aus, wie viele Wohnungen tatsächlich gebaut wurden, sie gelten aber als Indikator der Bauaktivität. 

Bei einem Fund munitionsähnlicher Gegenstände sei besondere Vorsicht angesagt, betont das Innenministerium auf seiner Übersichtsseite zur Kampfmittelbeseitigung im Internet. Die Ordnungsbehörden, Feuerwehr oder Polizei müssten umgehend informiert werden. Funde seien am Ort zu belassen. Das Berühren oder gar Untersuchen verdächtiger Gegenstände könne lebensgefährliche Folgen haben. Kampfmittel würden im Laufe der Zeit nicht ungefährlicher. Alter und Korrosionswirkungen könnten die Gefährlichkeit noch erhöhen.