Blick auf die Erich Kästner Grundschule in West, Bild: Alexander Heinz
Blick auf die Erich Kästner Grundschule in West, Bild: Alexander Heinz

Ratingen | Vormittags Matheunterricht, nachmittags Bastelwerkstatt oder Leseecke – und das alles im selben Raum. Mit einem innovativen Konzept zur multifunktionalen Ausstattung von Klassenräumen will die Stadt Ratingen auf den wachsenden Bedarf im Offenen Ganztag (OGS) reagieren. Pädagogisch durchdacht, räumlich effizient und finanziell tragbar: Die neuen Lern- und Lebensräume sollen den Ansprüchen von Unterricht und Betreuung gleichermaßen gerecht werden.


Seit der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen OGS-Platz stellt sich bundesweit die Frage, wie Schulen den zusätzlichen Raum- und Betreuungsbedarf stemmen können. In Ratingen setzt man auf eine Lösung mit Weitblick: Statt überall neu zu bauen, sollen vorhandene Räume intelligent umgestaltet werden. Die Idee: Durch moderne, flexible Möblierung und gezielte Gestaltung wird aus dem klassischen Klassenzimmer ein Raum, der sowohl am Vormittag für konzentriertes Lernen als auch am Nachmittag für kreative Freizeitaktivitäten geeignet ist.

Ein auf Lernwelten spezialisierter Innenarchitekt analysierte dafür zunächst die räumlichen Möglichkeiten aller städtischen Grundschulen. Das Ergebnis ist ermutigend: In nahezu jeder Schule gibt es Potenziale, um durch multifunktionale Möblierung bestehende Flächen besser zu nutzen. Schuldezernent Patrick Anders betont: „Gerade an engen Standorten ist der Ausbau durch Anbauten nicht möglich oder schlicht zu teuer. Multifunktionale Räume sind da ein wirkungsvoller und nachhaltiger Lösungsansatz.“

Das neue Raumkonzept verfolgt einen pädagogisch fundierten Ansatz: Möbel sollen nicht nur stapelbar oder verschiebbar sein, sondern auch aktiv zur Förderung von Selbstständigkeit, Bewegung und Kreativität beitragen. Farben, Materialien und Raumaufteilung werden bewusst gewählt, um eine positive Lernatmosphäre zu schaffen und auch nachmittags Geborgenheit zu bieten. Aus Klassenräumen werden Lern- und Lebenswelten.

Dass diese Transformation auch finanziell tragfähig ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Rund fünf Millionen Euro werden für die Möblierung aller Grundschulräume kalkuliert – deutlich günstiger als flächendeckende Neubauten. Für den ersten Schritt hat der Stadtrat bereits 930.000 Euro für die konkrete Planung freigegeben. Nun werden für jede Schule individuelle Ausstattungskonzepte entwickelt, basierend auf einem standardisierten Rahmenplan.

„Wir gestalten Schule nicht nur als Lernort, sondern als Lebensraum für Kinder“, so Patrick Anders. Mit dem neuen Konzept reagiert die Stadt nicht nur auf gesetzliche Vorgaben, sondern auch auf gesellschaftliche Entwicklungen. Der OGS ist längst mehr als Betreuung – er ist Teil eines ganzheitlichen Bildungskonzepts, das Lernzeiten, Freizeit, soziale Entwicklung und individuelle Förderung miteinander verbindet.

Durch die multifunktionale Raumgestaltung schafft Ratingen die strukturelle Grundlage für dieses moderne Bildungsverständnis. Und das Wichtigste: Die Kinder profitieren direkt – sie erleben ihre Schule als Ort, an dem sie lernen, spielen, sich entfalten und zu Hause fühlen können. Ein bedeutender Schritt hin zu zukunftsfähiger, kindgerechter Schule.