Baustelleninspektion, Bild mit KI erstellt:Alexander Heinz
Baustelleninspektion, Bild mit KI erstellt:Alexander Heinz

Ratingen | Das Stadttheater ist längst mehr Politikum als Bauprojekt. Während die Fassade noch eingerüstet ist, liefern sich SPD und Bürger-Union (BU) im Wahlkampf ein Schaulaufen der Kritik. Beide Fraktionen stellen zur kommenden Sitzung des Bau- und Vergabeausschusses am 28. August Anträge, beide sehen „unhaltbare Zustände“ – und doch könnte ihre Herangehensweise unterschiedlicher kaum sein.


SPD: Bühne für Empörung und Transparenz
Fraktionschef Christian Wiglow nutzt deutliche Worte: „Es reicht nicht, wenn hinter verschlossenen Türen Zahlen verschoben werden. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf zu wissen, warum Millionen zusätzlich ausgegeben werden – und warum die Baustelle trotzdem stillsteht.“

Bürgermeisterkandidatin Rosa-Maria Kaleja schlägt in dieselbe Kerbe, aber noch emotionaler: „Seit Monaten höre ich das Gleiche auf Marktplätzen und an Haustüren: ‚Warum bewegt sich da nichts?‘ Die Menschen fühlen sich hingehalten. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich auf das Stadttheater freuen.“ Für die SPD wird die Baustelle zur Wahlkampfbühne: Transparenz, Bürgernähe und klare Antworten sollen Vertrauen zurückgewinnen – und Stimmen bringen.

Bürger-Union: Zahlen statt Parolen
Die Bürger-Union geht nüchterner, aber nicht minder scharf vor. Ihr Antrag klingt wie eine Abrechnung mit der Verwaltung: „Seit Januar bestenfalls eine Handvoll Arbeiter, oft tagelang gar keine Baufahrzeuge – der Schwung ist raus“, heißt es dort.

BU-Fraktionssprecher bringt es auf den Punkt: „Wir wollen keine Durchhalteparolen. Wir wollen Projektpläne, Risikoberichte, Kostenaufstellungen. Was kostet jeder Monat Verzögerung die Stadt – Kräne, Containerburg, steigende Preise? Das muss auf den Tisch.“ Die Bürger-Union stilisiert sich als harte Kontrolleurin, die keine Ausreden akzeptiert und die Verwaltung zum Rechenschaftsbericht zwingt.

Zwei Rollen, ein Ziel
Damit bedienen beide Fraktionen unterschiedliche Rollen:

  • Die SPD setzt auf Empörung und Emotion – und lässt ihre Bürgermeisterkandidatin das Sprachrohr der verärgerten Bürgerschaft sein.
  • Die BU inszeniert sich als kühler Zahlenwächter, der mit Projektcontrolling und Sachlichkeit punkten will.

Gemeinsam ist ihnen nur eines: Die Überzeugung, dass die Stadtspitze das Projekt nicht im Griff hat.

Bauzaun als Wahlkampfbühne
Dass beide Oppositionsfraktionen ihre Anträge fast zeitgleich einreichen, ist mehr als Zufall. Das Stadttheater wird im Kommunalwahlkampf zum Symbol: Für die SPD steht es für mangelnde Transparenz, für die Bürger-Union für fehlende Professionalität.

Wenn der Ausschuss am 28. August tagt, geht es also nicht nur um Baufortschritte. Dann entscheidet sich auch, wem die Wählerinnen und Wähler mehr zutrauen: der SPD mit ihrer Empörung im Namen der Bürger – oder der Bürger-Union mit ihrer harten Rechnung an die Verwaltung. „Das Stadttheater ist längst ein Wahlkampftheater“