Ratingen | Wer in den kommenden Wochen zwischen Ratingen, Hösel, Heiligenhaus und Velbert unterwegs ist, braucht Geduld – und starke Nerven. Ab dem 13. Oktober wird gleich an zwei neuralgischen Punkten gebaut: Auf der Höseler Straße (B 227) zwischen Ober- und Unterilp erneuert Straßen.NRW die Fahrbahndecke, während der Kreis Mettmann zeitgleich die K 31 (Zum Schwarzebruch/Eggerscheidter Straße) saniert. Beide Maßnahmen sind technisch nachvollziehbar, aber für viele Bürger schlicht ein Albtraum.
Denn was auf dem Papier nach Routine klingt, ist in der Realität eine verkehrliche Vollbremsung: Zwischen Ratingen, Hösel, Heiligenhaus und Velbert fallen gleich zwei Hauptachsen aus. Pendler müssen weiträumig über Breitscheid, Isenbügel oder Mettmann ausweichen, Handwerker und Pflegedienste verlieren Zeit, Eltern brauchen längere Wege zu Kitas oder Betreuungen. Selbst für kurze Distanzen – etwa zwischen Ober- und Unterilp – werden plötzlich zehn Kilometer Umweg nötig.
Die Verwaltungen betonen, dass die Sperrungen technisch unvermeidbar seien. Eine halbseitige Sperrung mit Ampelregelung, so heißt es, hätte den Verkehr vollständig zum Erliegen gebracht und die Bauzeit verdreifacht. Auch ein Einbahnstraßenbetrieb sei wegen der zu geringen Fahrbahnbreite und der Arbeitssicherheit nicht möglich. Insofern war die Entscheidung für eine kurze, aber vollständige Vollsperrung während der Herbstferien konsequent – aus Sicht der Planer.
Politisch begleitet wurde das Projekt durchaus kontrovers. Schon 2024 hatte es Ärger um die „gestückelte“ Sanierung der K 31 gegeben, als zunächst nur die Brücke instand gesetzt, die restliche Fahrbahn aber auf später verschoben wurde. CDU-Bezirksausschusschef Michael Droste sprach damals von einer Zumutung, während Landrat Thomas Hendele auf Sicherheitsgründe verwies. Nun folgt also der zweite Akt – und damit die endgültige Fertigstellung. Auch auf Heiligenhauser Seite verteidigt die CDU-Fraktion die Vollsperrung der Höseler Straße als „notwendig, um einen Verkehrskollaps zu verhindern“. Gleichwohl räumt man ein, dass die Belastung für Arbeitnehmer und Unternehmen erheblich sei.
In sozialen Medien und Bürgerrunden klingt das anders: Viele Bewohner empfinden die gleichzeitige Sperrung beider Straßen als Beleg mangelnder Abstimmung zwischen Kreis, Land und Kommunen. Insbesondere Eltern und Selbstständige beklagen, dass sie „zwischen allen Ebenen zerrieben“ würden. Der Tenor: Verständnis für die Notwendigkeit der Arbeiten ja – aber Unverständnis für die Koordination.
Fakt ist: Ein perfekter Zeitpunkt existiert nicht. Wird im Sommer gebaut, klagen Touristen und Ferienpendler. Wird im Herbst gebaut, leiden Berufstätige und Handwerker. Und wenn gar nichts gemacht wird, wächst der Ärger über Schlaglöcher und Straßenschäden. Zwischen diesen Polen bewegt sich Verwaltungshandeln zwangsläufig. In einer dicht besiedelten Region wie Ratingen–Heiligenhaus–Velbert ist jede Baumaßnahme ein Kompromiss, der nie allen gerecht wird.
Am Ende bleibt also die unbequeme Wahrheit: Nur wer nichts anfasst, macht es scheinbar allen recht – und doch alles falsch. Straßen müssen saniert werden, bevor sie unbefahrbar sind. Dass dies mit Belastungen einhergeht, ist unvermeidlich. Entscheidend ist, dass Behörden, Politik und Baufirmen transparent bleiben, nachvollziehbar handeln und mit den Betroffenen sprechen – nicht über sie. Dann kann aus einer nervigen Baustelle zumindest ein gemeinsames Verständnis entstehen, dass Erneuerung oder sogar auch Fortschritt manchmal eben Stillstand bedeutet.