Dr. Alexander Nordhues, Leitender Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Mutter Madina, Dr. Gerd Degoutrie, Chefarzt der Frauenheilkunde und Geburtshilfe, und Prof. Dr. Mark Goepel, Chefarzt der Klinik für Urologie und Nephrologie, am Bett des kleinen Sultan. Foto: Helios
Dr. Alexander Nordhues, Leitender Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Mutter Madina, Dr. Gerd Degoutrie, Chefarzt der Frauenheilkunde und Geburtshilfe, und Prof. Dr. Mark Goepel, Chefarzt der Klinik für Urologie und Nephrologie, am Bett des kleinen Sultan. Foto: Helios

Velbert. Im Helios-Klinikum Niederberg ist jetzt der kleine Sultan zur Welt gekommen. Seine Mutter Madina, geboren in Kasachstan, leidete seit ihrer Geburt an einer Fehlbildung des Becken, des Genitals und der Harnblase. Vor sieben Jahren wurde sie in Velbert deswegen operiert. Dass sie nun schwanger wurde und einen gesundes Kind zur Welt gebracht hat, überraschte auch die Ärzte in Velbert.

Das Helios-Klinikum berichtet wie folgt: „Madina ist glücklich und stolz als sie ihren niedlichen Sohn präsentiert. Auf den ersten Blick ahnt man nichts davon, was die junge Frau bis zu diesem Moment alles schon durchmachen musste.

Die jetzt 32-Jährige wurde 1989 mit einer Fehlbildung des Beckens, des Genitals und des Harntrakts in Kasachstan geboren. „Blasenextrophie“ war die damalige Diagnose, bei der sich die vordere Bauchwand des ungeborenen Kindes im Mutterleib nicht richtig schließt und auch die Harnblase sich nicht zu einer „Kugel“ entwickelt, sondern als Blasenplatte in der vorderen Bauchwand geöffnet bleibt. Der Urin fließt dabei unkontrolliert heraus. Auch der vordere Beckenknochen (Schambein) wächst nicht zusammen, sodass sich auch das Genitale nicht regelgerecht entwickeln kann.

In ihrem Heimatland konnte man diese Fehlbildung nicht korrigieren, sodass als operative Versorgung nach der Geburt lediglich ein Seitenausgang für den Urin angelegt wurde und die junge Frau seither ein Beutelsystem (Urin-Stoma) auf dem Bauch tragen musste. Ihr sehnlichster Wunsch war die Veränderung dieser Situation und 2014 war es dann endlich soweit.

Die damals 25-Jährige konnte sich, auf Vermittlung eines Unternehmers aus Herne, bei Prof. Dr. Mark Goepel, Chefarzt der Urologie des Helios-Klinikums Niederberg, vorstellen. In Velbert konnte ihr erfolgreich eine Ersatzblase aus eigenem Darmgewebe angelegt werden – diese Technik nennt sich Ileozoekal-Pouch mit Appendixstoma (Dickdarm-Ersatzblase mit Blinddarm-Nabelausgang). Die neue Blase wurde von innen mit dem Blinddarm an den Bauchnabel angeschlossen, sodass die Patientin sich fortan selbst katheterisieren kann und keinen Beutel mehr tragen muss. Der komplizierte Eingriff erfolgte komplikationsfrei und das Ergebnis erleichtert Madina seither ihren Lebensalltag enorm.

Es vergingen fast sieben Jahre, bis der versierte Urologe des Helios-Klinikums in Velbert erneut von Madina hören sollte. Nicht etwa, weil die neue Blase nun Probleme machte oder ein erneuter Eingriff erforderlich gewesen wäre – im Gegenteil. Madina war indes schwanger geworden. Die Wahrscheinlichkeit je ein Kind zu bekommen, war für die nun werdende Mutter sehr gering, was das Glück noch verstärkte. Und da Sie sich bei ihrem ersten Eingriff so gut beraten und betreut fühlte, wollte sie nun ein weiteres Mal den Rat der Velberter Spezialisten einholen und wissen, wie sie ihr Kind am besten zur Welt bringen könne, ohne dass die neu angelegte Blase Schaden nimmt.

Das Helios-Klinikum Niederberg arbeitet seit jeher interdisziplinär mit den verschiedenen Fachabteilungen eng zusammen und verfügt – mit der Geburtshilfe, der Kinderklinik und der Neonatologie – über eine große Expertise in dem Bereich. Nach einer vorbereitenden Untersuchung durch die Spezialisten der Urologie und der Geburtshilfe zu Beginn des Jahres, stand so schnell feststand, dass die Geburt im Klinikum erfolgen sollte.

Dr. Degoutrie übernahm nun die Behandlung der Patientin und legte gemeinsam mit ihr den Zeitpunkt des Kaiserschnitts fest, denn eine natürliche Geburt war durch die Fehlbildung leider ausgeschlossen.

Nach der beginnenden Öffnung des Muttermundes der Patientin und einer zunehmenden Beschwerdesymptomatik, entschied sich Dr. Degoutrie nicht länger zu warten. So wurde nach entsprechender Planung mit den urologischen und pädiatrischen Kollegen, Ende April der Kaiserschnitt durchgeführt. Aufgrund der anatomischen Verhältnisse der Mutter musste bei der Patientin eine Längseröffnung der Bauchdecke sowie eine Längseröffnung der Gebärmutter vorgenommen werden. Trotz dieser besonderen Umstände verlief die gesamte Operation komplikationslos und Madina brachte einen kleinen Jungen zur Welt.

Nun war er da, der kleine Mann. Sultan wog bei der Geburt 2.195 g und war 47cm groß. Direkt nach dem Kaiserschnitt übernahmen die Kinderärzte und Kinder-Intensivschwestern der neonatologischen Abteilung der Kinderklinik unter der Leitung des leitenden Oberarztes Dr. Alexander Nordhues den frisch entbundenen Säugling.

Anfangs war Sultan aufgrund der Frühgeburtlichkeit von 36+2 Schwangerschaftswochen und der Vollnarkose der Mutter noch sehr schlapp. Er zeigte eine Atemanpassungsstörung und musste daher auf der neonatologischen Frühgeborenenstation für knapp 24 Stunden bei der Atmung unterstützt werden. Außerdem erhielt er für zwei Tage zusätzliche Flüssigkeit, da die Trinkmenge nicht ausreichte und er zunächst an Gewicht verlor.

Seither entwickelt sich der kleine Mann prächtig. Er nimmt jeden Tag an Gewicht zu und kann mittlerweile voll gestillt werden. Nach Abschluss aller Untersuchungen – wie Stoffwechsel- und Blutuntersuchung, Sonographie der Hüften, des kindlichen Kopfes, der Blase und der Nieren – braucht es nun für Sultan nur noch einige Tage, bis er sein Reisegewicht erreicht hat und mit seiner Mama zurück in seine Heimat fliegen kann.“