NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat sein erstes Buch vorgestellt.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat sein erstes Buch vorgestellt. Foto: Oliver Berg/dpa

Düsseldorf (dpa/lnw) – Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, hat sein erstes Buch vorgestellt. Es heißt «Sicherheit. Was sich ändern muss.» Für das Werk habe er mit einem eisernen Vorsatz brechen müssen, bekennt der 73-Jährige in Düsseldorf, nämlich dem, nie ein Buch zu schreiben.


«Ich bin so alt und lange dabei, ich muss mich nicht noch wichtig machen», sei bislang seine Devise gewesen. Doch nun zieht er nach acht Jahren als Innenminister Zwischenbilanz, auch wenn er sein Buch ausdrücklich nicht als Bilanz oder gar als Vermächtnis verstanden wissen möchte. «Ich wollte einfach mal aufschreiben, was mir wichtig ist.» 

Es sei ihm darum gegangen zu zeigen, dass es möglich ist, das Vertrauen der Bürger in den Staat zurückzugewinnen. Dafür müsse man Probleme offen ansprechen und sich um sie kümmern. Zeit, Geduld und Ausdauer brauche es allerdings schon. «Kleine Schritte statt große Sprüche.» 

Beliebtester Minister

Nach seinem Amtsantritt 2017, Reul ist da schon 65 Jahre alt, wurde er schnell zum beliebtesten Minister im Landeskabinett. Ob im Regen bei der Messerkontrolle in der Düsseldorfer Altstadt, oder im Ruhrgebiet bei der Clan-Razzia: Er zeigt Einsatz. 

Dass er aus Überzeugung handelt und Probleme angehen will, nehmen die Leute ihm ab, wohl auch wegen Sätzen wie diesem: «Ich bin ein alter Knacker, ich könnte längst in Rente sein.» Auf 192 Seiten skizziert Reul die großen Themen seiner bisherigen Amtszeit, Verbesserungen und Verbesserungsbedarf. 

«Das überlebe ich keine drei Tage» 

Die Bekämpfung von Kindesmissbrauch und sogenannter Clankriminalität hat er sich weit oben auf die Fahne geschrieben. Als nach seinem Amtsantritt der Kindesmissbrauchs-Komplex von Lügde losbricht, sei er entsetzt gewesen, bekennt er. Der Polizei wurden zahlreiche Fehler und Versäumnisse vorgeworfen und er habe gedacht: «Das überlebe ich keine drei Tage, du kannst den Rücktritt einreichen.» 

Doch dann habe er die Führungskräfte der Polizei zusammengetrommelt und die Bekämpfung von Kindesmissbrauch zum Topthema erklärt. 30 Millionen Euro habe man aufgewandt, Personal umgeschichtet und Tausende Ermittlungsverfahren gegen Verdächtige auf den Weg gebracht. 

Während die Kriminalität in Nordrhein-Westfalen rückläufig ist, von 1,5 Millionen Straftaten im Jahr 2015 auf knapp 1,4 Millionen im vergangenen Jahr, gibt es Bereiche, in denen sie dennoch wächst. Die Cyberkriminalität gehört dazu. 

Das Internet ist längst zum Einfallstor für Betrug, Diebstahl, Erpressung, Sabotage und Spionage geworden. Die Digitalisierung der Polizei, Cyber-Cops, digitale Streifen und ein Kompetentenzentrum im Landeskriminalamt sind Reuls Antworten. 

Auf eine Serie von Amokläufen psychisch kranker Täter reagierte er mit der Schaffung des Programms Periskop. Dabei geht es um die «Früherkennung von Personen mit Risikopotenzial». 7.000 auffällige Menschen habe man überprüft, davon haben man sich 370 näher angenommen und 90 Prozent von ihnen stabilisieren können. 

Kein starkes Signal

Schnell habe er gemerkt, dass ein Glaubenssatz der Politik nicht stimmt: «Fehler darf man durchaus zugeben.» So sei es aus seiner Sicht ein Fehler gewesen, den Bürgerkriegsflüchtlingen, die in den 1980ern Jahren aus dem Libanon kamen, keine Arbeitserlaubnis zu geben, sagt er. Nun habe man es mit jahrzehntelang gewachsenen Clan-Strukturen zu tun. 

Dass er mit der Justiz gelegentlich hadert, oder mit Datenschutzvorgaben, daraus macht er keinen Hehl. Wenn Drohungen gegen Politiker, auch gegen ihn selbst, wegen Geringfügigkeit nicht verfolgt werden, sei das kein starkes Signal des Rechtsstaats. 

Der Rheinländer spricht sich im Buch für die Herabsetzung des Alters der Strafmündigkeit aus. Er wolle keine 13-Jährigen ins Gefängnis stecken, aber Sozialstunden dürften es nach einer schweren Straftat schon sein. 

Rechtsextreme Polizisten-Chats – auch damit sah er sich konfrontiert. Im Nachgang zeigt er sich in seinem Buch enttäuscht, dass rechtlich kaum ein Beamter belangt wurde, weil die Justiz deren Chats als nicht öffentlich und damit nicht als Volksverhetzung einstufte. Eine Gesetzesinitiative im Bundesrat, dies zu ändern, sei leider noch nicht erfolgreich gewesen. 

Dafür sei man bei der Vorratsdatenspeicherung nach 20 Jahren endlich auf einem guten Weg. Das Buch erscheint am kommenden Dienstag. Ob es ein zweites Buch von ihm geben wird? «Ich glaube nicht.»