Das Komplizierteste ist erledigt, jetzt fehlt es an Durchsetzungsvermögen der gewählten Volksvertreter, der am Willen. A44 Brücke in der grünen Landschaft (hier noch ohne A44) ; Bild: Alexander Heinz
Das Komplizierteste ist erledigt, jetzt fehlt es an Durchsetzungsvermögen der gewählten Volksvertreter, der am Willen. A44 Brücke in der grünen Landschaft (hier noch ohne A44) ; Bild: Alexander Heinz

Kreis Mettmann. Was in Ratingen, Heiligenhaus und Velbert derzeit geschieht, könnte fast als Kapitel im „Buch der Schildbürgerstreiche der Neuzeit“ auftauchen: Nach über einem halben Jahrhundert Planung, Klageverfahren, Gutachten und Genehmigungen ist der Lückenschluss der A44 – ein gerade einmal vier Kilometer langes Teilstück zwischen dem Autobahnkreuz Ratingen-Ost und Heiligenhaus-Hofermühle – endlich planfestgestellt, rechtssicher und baureif. Doch anstatt nun die Bagger rollen zu lassen, werden die Mittel zurückgehalten.


Der Rat der Stadt Ratingen hat deshalb eine ungewöhnlich deutliche Resolution beschlossen. Das Schreiben richtet sich an Bundesminister für Verkehr Herrn Patrick Schnieder, Bundesminister für Finanzen Herrn Lars Klingbeil, Peter Beyer MdB, Kerstin Griese MdB, Dr. Ophelia Nick. Sie alle werden eindringlich gebeten, die Fertigstellung der letzten vier Kilometer der A44 endlich zu ermöglichen – und die Finanzierung für das Jahr 2026 verbindlich zu sichern.

Unterzeichnet ist das Schreiben von den Fraktionsvorsitzenden Stefan Heins (CDU), Christian Wiglow (SPD), Christian Otto (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Markus Sondermann (FDP) und Rainer Vogt (Bürger Union). Damit steht die gesamte kommunale Politik – quer durch alle Lager – hinter der Forderung.

Der Hintergrund ist klar: Ohne den Lückenschluss bleibt die jahrzehntelange Investition in die bestehenden A44-Abschnitte weitgehend entwertet. Der Schwerlast- und Pendlerverkehr wälzt sich weiterhin durch die Ortskerne von Ratingen-Homberg, Hösel und Heiligenhaus, mit Staus, Abgasen und Belastungen für Anwohner, Umwelt und Wirtschaft. Das 2020 fertiggestellte Brückenbauwerk über das Angertal steht seither wie ein Mahnmal in der Landschaft – Symbol für eine Politik, die bereit ist, Milliarden in Infrastruktur zu investieren, aber an den letzten Metern scheitert.

Besonders betroffen ist die Industrieregion Velbert–Heiligenhaus–Ratingen, deren Unternehmen auf eine leistungsfähige Anbindung angewiesen sind. Sowohl neu geplante als auch etablierte Gewerbegebiete drohen durch die fehlende Verbindung an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Für Investoren wird die Region schwerer kalkulierbar, für Betriebe steigen Logistikkosten und Personalaufwand.

Dabei ist das Dilemma kein Einzelfall: Ob beim Riederwaldtunnel (A66/A661) in Frankfurt, dem A1-Lückenschluss in der Eifel, der A14-Nordverlängerung oder der A281 in Bremen – überall wird nach Jahren der Planung plötzlich gezögert, weil Haushaltsmittel umverteilt oder politische Prioritäten verschoben werden. Der Unterschied: Während andere Projekte noch juristisch umstritten sind, ist die A44 längst baureif.

Die Ratinger Resolution bringt es auf den Punkt: Ein kurzer Abschnitt mit großem Nutzen darf nicht in derselben Prioritätenliste verschwinden wie ein völlig neuer Autobahnneubau über Dutzende Kilometer. Es gehe hier, so die Stadt, um Effizienz, Glaubwürdigkeit und um den Respekt vor jahrzehntelanger Arbeit.

Sollte der Bund dieses Projekt erneut verschleppen, wäre das nicht nur ein verkehrspolitisches Versäumnis, sondern ein Symbol dafür, wie schwer sich Deutschland mit der Umsetzung eigener Entscheidungen tut. In einer Zeit, in der die Bürger von Politikern vor allem Verlässlichkeit erwarten, wäre das Festhalten an dieser Blockade tatsächlich ein Paradebeispiel für modernen Schildbürgersinn.

Ein fertiger Plan, ein genehmigtes Projekt, ein sichtbares Brückenbauwerk – und dennoch Stillstand. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so ernst wäre.