Die Angeklagten müssen sich wegen mutmaßlichen Drogenschmuggels vor Gericht verantworten. (Archivfoto)
Die Angeklagten müssen sich wegen mutmaßlichen Drogenschmuggels vor Gericht verantworten. (Archivfoto) Foto: Christoph Reichwein/dpa

Düsseldorf (dpa/lnw) – Bei mehrjährigen Ermittlungen zum internationalen Kokainhandel im Auftrag der Mafia ist die Polizei bei einem Angelparadies im Ruhrgebiet auf Ungereimtheiten gestoßen. Das Angelparadies dürfte «ein Geldwäsche-Vehikel» sein, das «kaum wirtschaftlich geführt wird», heißt es in einem Bericht der Ermittler, den das Wuppertaler Landgericht nun präsentiert hat.


Die im Angelparadies in Breckerfeld beschäftigten Eheleute S. «haben enorme Probleme, die Kasse zu bedienen», heißt es in dem Bericht weiter. Fortlaufend machten sie Buchungsfehler. Zudem hätten sie die Mehrwertsteuer nicht berücksichtigt, ergänzte LKA-Chef-Ermittler Oliver Huth als Zeuge. Der Hauptangeklagte und damalige Betreiber des Angelparadieses habe sich immer wieder aus der Kasse bedient, was Probleme in der Buchhaltung verursacht habe, die Fehlbestände zu erklären.

«Körperliche Sanktionen» erwogen

Kunden hätten sich zudem über den hochmotorisierten Fuhrpark gewundert. Es habe auch bereits Gerüchte gegeben, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugehe. Ein Mann, der das Angelparadies in Misskredit gebracht habe, sei den Angeklagten ein Dorn im Auge gewesen. Sie hätten sogar «körperliche Sanktionen» gegen ihn erwogen. Es sei dann aber wohl nur zu einem Gespräch mit dem Kritiker gekommen.

Offenbar war das Angelparadies mit dubiosen Darlehen wirtschaftlich über Wasser gehalten worden. Eine Geldgeberin, inzwischen verstorben, habe als Sicherheit für ihren Kredit ein Fahrzeug aus dem Fuhrpark erhalten.

Deutsche Drogenkurierinnen waren durch eine Autopanne in den Blick der italienischen Ermittler geraten. Am 5. Mai 2020 war ein Rechtshilfeersuchen der italienischen Antimafia-Behörden in Düsseldorf eingegangen. Daraufhin war die Ermittlungskommission «Eureka» gegründet worden.

Autobahngebühren nicht gezahlt

Chef-Ermittler Huth musste am Montag einräumen, dass es sich bei den geschmuggelten Drogenmengen in vielen Fällen nur um Annahmen handelt. Auch eine Kommunikation der Mafia mit der deutschen Gruppierung habe man nicht dokumentieren können, nur Inhalte, die der Hauptangeklagte später weiter gegeben habe.

In anderer Hinsicht machten es die Angeklagten den Ermittlern leicht: Weil sie ihre Autobahngebühren nicht bar bezahlten, sondern durch die Mautstellen einfach durchfuhren, fiel den Ermittlern eine Liste mit 19 mutmaßlichen Kurierfahrten in die Hände, die wegen nicht gezahlter Autobahngebühren erstellt worden war.

Fünf der acht Angeklagten haben bereits gestanden. So war eine bis dahin unbescholtene Rechtsanwaltsgehilfin mit mehreren Kilogramm Kokain erwischt und in Italien bereits zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.

Mehr als 50 Kurierfahrten im Auftrag der Mafia

Die acht deutschen Angeklagten sind 36 bis 64 Jahre alt. Die fünf Männer und drei Frauen kommen aus Hattingen, Dortmund, Wuppertal, Remscheid und Castrop-Rauxel. Als Hauptbeschuldigter gilt ein 64-Jähriger aus Hattingen. Er soll mit dem Drogenhandel 2,2 Millionen Euro eingenommen haben. Der Prozess des Wuppertaler Landgerichts findet im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts statt.

Laut Anklage soll die Gruppe im Auftrag der italienischen Mafia fast 900 Kilogramm Kokain geschmuggelt haben. Ihnen wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung und Drogenhandel oder Beihilfe dazu vorgeworfen. Alles soll im Auftrag der italienischen Mafia-Gruppierung ‚Ndrangheta geschehen sein. Allerdings waren drei als mutmaßliche Mafiosi in Dortmund angeklagte Männer freigesprochen worden. Die Beweise gegen sie reichten für eine Verurteilung nicht aus.