Der Gewerkschafter Thorben Albrecht möchte dem DGB eine starke Stimme verleihen.
Der Gewerkschafter Thorben Albrecht möchte dem DGB eine starke Stimme verleihen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Essen (dpa) – Nordrhein-Westfalen hat einen neuen obersten Gewerkschafter. Die Delegierten des Dachverbandes der unterschiedlichen Gewerkschaften in Deutschland wählten den 55-jährigen Thorben Albrecht in der Zeche Zollverein in Essen zu ihrem neuen Vorsitzenden, die Zustimmung lag bei 97 Prozent. Einen Gegenkandidaten hatte er nicht. Der gebürtige Lüneburger Albrecht ist Sozialdemokrat und Mitglied bei der IG Metall und bei Verdi. Seine Vorgängerin Anja Weber war aus Altersgründen nicht wieder zur Wahl angetreten.


Von 2014 bis 2018 war Albrecht beamteter Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, 2018 wurde er Bundesgeschäftsführer des SPD-Parteivorstandes. Ab 2020 arbeitete er bei der IG Metall, zuletzt war er selbstständiger Berater für Arbeitnehmervertretungen und gemeinwohlorientierte Organisationen. 

Emotionale Rede vor den Delegierten

«Ich trete an, um dem DGB NRW eine starke Stimme zu geben», sagte Albrecht in seiner Bewerbungsrede vor den rund 100 Delegierten aus den acht Mitgliedsgewerkschaften des DGB. Nordrhein-Westfalen stehe vor großen Herausforderungen. Um NRW wirtschaftlich und sozial gut aufzustellen, seien deutlich höhere Investitionen in die Infrastruktur wichtig, mahnte der Gewerkschafter an. «Es muss Geld in die Hand genommen werden – für Brücken und Breitband, aber auch für Bildung und Behörden.» 

Gleiches gelte für die Industrie. Der DGB werde sich einer De-Industrialisierung mit aller Macht entgegenstellen. Die Arbeitgeber seien gefragt, Investitionen und Innovationen voranzutreiben, Beschäftigte einzubinden und auf Sozialpartnerschaft zu setzen. 

«Aber auch die Politik in Land und Bund muss ihren Beitrag leisten – mit einer aktiveren und schützenden Industriepolitik.» Albrecht mahnte «Steuergerechtigkeit» an. «Wir brauchen eine Debatte darüber, wie sehr hohe Vermögen und Erbschaften endlich einen angemessenen Teil beitragen können.»

Vize Unger kennt sich bereits aus beim NRW-DGB

Vize-Chefin des DGB NRW bleibt Anke Unger, die 45-Jährige wurde bei der Bezirkskonferenz in ihrem Amt als stellvertretende Vorsitzende bestätigt. Sie ist bereits seit 2023 DGB-Vize in NRW. In ihrer Rede mahnte sie einen starken Sozialstaat an, der die Gesellschaft zusammenhalte. «Dort, wo soziale Sicherheit bröckelt, wo Menschen das Gefühl verlieren, dass sie in schwierigen Zeiten aufgefangen werden – dort wächst die Entfremdung, dort wächst die Wut, dort gewinnen die Populisten.»