Der Grüne Knollenblätterpilz ist hochgefährlich. (Archivbild)
Der Grüne Knollenblätterpilz ist hochgefährlich. (Archivbild) Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa

Münster/Düsseldorf (dpa/lnw) – Mit dem feuchten Herbst zieht der Duft von Laub und Erde durch Nordrhein-Westfalens Wälder – und lockt Pilzsammler auf die Suche nach Steinpilzen und Champignons. Doch zwischen den bunten Blättern lauert eine mitunter tödliche Gefahr: der Grüne Knollenblätterpilz, der leicht mit essbaren Arten verwechselt wird.


In Münster wurden zuletzt Spielplätze gesperrt, nachdem ein Kind einen Giftpilz in den Mund genommen hatte. Gleichzeitig meldete die Uniklinik Essen erneut mehrere schwere Vergiftungsfälle, bei denen Betroffene die hochgiftigen Pilze gegessen hatten. Ärzte und Pilzforscher warnen eindringlich: Schon kleine Mengen könnten lebensbedrohlich sein – Vorsicht und Respekt vor unbekannten Pilzen seien jetzt oberstes Gebot.

Grüner Knollenblätterpilz ist hochgefährlich

Der Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) ist Experten zufolge einer der giftigsten Pilze Deutschlands. Bereits der Verzehr kleinster Mengen könne zu akutem Leberversagen führen, sagt Markus Litt-Lampe, Facharzt für Innere Medizin der Informationszentrale gegen Vergiftungen am Universitätsklinikum Bonn (UKB). Typische Beschwerden einer Knollenblätterpilz-Vergiftung treten demnach meist acht bis zwölf Stunden nach dem Verzehr auf und beginnen mit starkem Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen.

Litt-Lampe zufolge ist eine frühzeitige Behandlung entscheidend. Je schneller die Therapie mit Aktivkohle und dem Gegenmittel Silibinin beginne, desto besser seien die Chancen, dass die Leber nicht irreparabel geschädigt werde. Bei schweren Fällen sei eine Lebertransplantation jedoch unumgänglich. Im Ernstfall sollten Pilzreste, Mahlzeitenproben oder auch Erbrochenes für eine Untersuchung durch zertifizierte Pilzsachverständige aufbewahrt werden.

Dramatischer Pilzvergiftungsfall im Herbst 2024

Überregionales Aufsehen erregte im vergangenen Jahr ein Fall aus Essen: Im Oktober 2024 waren dort drei Kinder und ein Erwachsener nach dem Verzehr von Knollenblätterpilzen mit akutem Leberversagen in die Uniklinik eingeliefert worden. Drei von ihnen benötigten eine Lebertransplantation. Auch in Münster war eine Patientin aufgrund einer ähnlichen Vergiftung intensivmedizinisch behandelt worden und hatte eine Spenderleber erhalten.

Ältere Menschen, Personen mit Vorerkrankungen oder Untergewicht sind dem Mediziner zufolge besonders gefährdet. Überlebende trügen teils schwere Folgeschäden davon – von bleibender Leberschwäche bis hin zur lebenslangen Immunsuppression nach einer Transplantation.

Stadt Münster reagiert auf Giftpilz-Funde

Nach dem Fund giftiger Knollenblätterpilze auf mehreren Spielplätzen in Münster-Handorf Anfang Oktober reagierte die Stadt umgehend. Wie Stadtsprecher Martin Füser mitteilte, wurden am Spielplatz Telgenweg sofort erste Maßnahmen eingeleitet – darunter das Absammeln der Pilze und das Fräsen der Sandflächen, um ein erneutes Aufkeimen zu verhindern.

Zur Sicherheit wurden Füser zufolge alle betroffenen Flächen mit Bauzäunen abgesperrt, bis der Sand vollständig ausgetauscht ist. Hinweisschilder informierten vor Ort über die Maßnahmen. Wann der Austausch abgeschlossen sein wird, ist laut Füser offen. Die Stadt betont, dass Spielplätze regelmäßig kontrolliert werden – auch auf Pilze. Dennoch sollten Eltern in der derzeit feuchten Herbstphase besonders aufmerksam sein.

Lebensgefahr durch Verwechslung mit Speisepilzen

Der Pilzforscher Gerhard Schuster von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) warnt davor, den Grünen Knollenblätterpilz zu unterschätzen. Der Pilz werde häufig mit Champignons, grünen Täublingsarten oder Perlpilzen verwechselt. Wichtige Unterscheidungsmerkmale seien die weißen Lamellen und die sackartig umhüllte, knollige Stielbasis – diese liege jedoch oft verdeckt im Boden. Auch Facharzt Litt-Lampe vom UKB warnt: «Mit sogenannten “Pilz-Apps” lassen sich Pilze nicht sicher identifizieren».

Experte: Sandtausch auf Spielplätzen schützt nicht vor Giftpilzen

Schuster betont, dass der Grüne Knollenblätterpilz als sogenannter Mykorrhizapilz in Symbiose mit Laubbäumen wie Buchen und Eichen lebe. Daher bringe es wenig, auf Spielplätzen den Sand auszutauschen: «Die Sporen sind sowieso immer und überall vorhanden. Der passende Lebensraum, gute Bedingungen und der richtige Symbiosepartner sind für das Keimen entscheidend». Selbst nach Baumfällungen könne der Pilz noch Jahre später erscheinen. Aufklärung sei der beste Schutz – und «der Respekt vor unbekannten Pilzen muss geweckt werden».