Die Parteichefin der SPD in Nordrhein-Westfalen, Sarah Philipp, und Generalsekretär Cordes stellen eine außergewöhnliche Kampagne vor. (Archivbild)
Die Parteichefin der SPD in Nordrhein-Westfalen, Sarah Philipp, und Generalsekretär Cordes stellen eine außergewöhnliche Kampagne vor. (Archivbild) Foto: Roberto Pfeil/dpa

Düsseldorf (dpa/lnw) – Nach schlechten Wahlergebnissen in den vergangenen Jahren wagt die SPD in Nordrhein-Westfalen eine provokative Auseinandersetzung mit politikverdrossenen Bürgern und Ex-Wählern. Im November und Dezember gehen ihre Funktionäre in zehn Städten und Gemeinden auf Zuhör-Tour, wo sie in den vergangenen 20 Jahren am meisten Zuspruch verloren haben – darunter Gelsenkirchen, Dortmund, Duisburg, Herne, Bergkamen und Bergheim. Dabei will sie ungewöhnlich offensive Wege erproben, wie die Landesparteispitze in Düsseldorf erläuterte:


  • Hau-den-Lukas: An dem Jahrmarkt-Klassiker sollen Wähler, die sauer auf die SPD sind, auch mal nonverbal ihren Frust loswerden. «Ein bisschen Dampf ablassen, muss manchmal sein», erläuterte Landesparteichefin Sarah Philipp.
  • In einer Wahlkabine können Bürger Nachrichten an die Sozialdemokraten hinterlassen. «Wir halten das aus, wenn uns jemand den Kopf wäscht», meinte Generalsekretär Frederick Cordes.
  • Das geht auch digital unter der frisch geschalteten Kampagne: NRWSPD. Wir haben verstanden. «Hier kannst Du uns alles sagen, was Du uns dazu schon immer sagen wolltest», heißt es über einem freien Kästchen mit der Aufforderung: «Klartext! Sag uns was Sache ist.»

Etwas konzilianter geht es möglicherweise bei der Einladung auf eine Currywurst aus dem SPD-Food-Truck zu. Immerhin hatte die NRW-SPD schon 2012 im Landtagswahlkampf erfolgreich auf den Slogan «Currywurst ist SPD» gesetzt.

SPD lädt ein: «Verpass uns einen Satz heiße Ohren»

Bei einer Landesparteiratssitzung sei die Kampagne mit 100 Prozent Zustimmung beschlossen worden, sagte Cordes. «Geig’ uns Deine Meinung!» oder auch die Aufforderung «Verpass uns einen Satz heiße Ohren bei unserer Zuhör-Tour» sei eine ernst gemeinte Konsequenz aus dem Abwärtstrend der Partei. Die Kampagne werde sowohl auf Plakaten in den Fußgängerzonen als auch mit Video-Clips in den sozialen Medien zu sehen sein (O-Ton: «Johannes Rau hätte uns den Hals umgedreht. Zu Recht.»)

22 Prozent landesweites Ergebnis bei der jüngsten Kommunalwahl in NRW könnten die SPD nicht zufriedenstellen, unterstrich  Landesparteichefin Philipp. Zu oft hätten Bürger das Gefühl gehabt, sie würden mit ihren Sorgen – etwa um Sicherheit und Sauberkeit – nicht ernst genommen. Wenn man eine Debatte über das Stadtbild nicht allein mit Rückführungen, sondern auch mit solchen Problemen verknüpfe, sei sie legitim und wichtig.

«Hingehen, wo es eins auf die Nase gibt»

«Schlimmer als verlieren? So tun, als wäre nichts geschehen», heißt es auf einem der neuen Kampagnen-Plakate. Er sehe das nicht als Selbstgeißelung, sondern als neuen Stil, sich ehrlich zu machen, sagte Cordes. Jetzt müssten die Sozialdemokraten «hingehen, wo es eins auf die Nase gibt verbal», kündigte Philipp an. «Wir wissen, das wird nicht unbedingt ein schöner Abend, wo uns alle zujubeln».

Im kommenden Januar wolle die NRW-SPD beginnen, über die Landtagswahl 2027 zu sprechen, sagte Cordes. Dafür verspricht sie bereits:

  • Kein Wahlprogramm über 100 Seiten, sondern 27 zentrale Punkte.
  • Keine Phrasen, sondern Klartext.
  • «Wir wissen, für wen wir kämpfen: Wir machen Politik für Berufstätige und ihre Familien.»