Der ehemalige Bürgermeister Stefan Freitag (l.) ist der Wählergemeinschaft "Velbert anders" von August-Friedrich Tonscheid beigetreten. Archivfotos: Mathias Kehren/"Velbert anders"

Velbert. Die Wählergemeinschaft „Velbert anders“ verzeichnet ein prominentes neues Mitglied in ihren Reihen: Der frühere Velberter Bürgermeister Stefan Freitag ist der örtlichen Wählergruppe unter dem Vorsitz von August-Friedrich Tonscheid beigetreten. Die Super Tipp-Redaktion hat mit beiden gesprochen.


Herr Tonscheid, Sie stehen auf Listenplatz eins und kandidieren im Wahlkreis Neviges – vermutliche bleiben Sie Fraktionsvorsitzender von Velbert anders?
Wie bei allen anderen demokratischen Fraktionen wird der Vorsitzende von der Fraktion gewählt – ich kann mir aber durchaus vorstellen, wieder zu kandidieren.

Einen Bürgermeisterkandidaten / -kandidatin stellt die Partei nicht?
Mit potentiellen Bürgermeisterkandidaten sind wir noch im Gespräch. Wir legen aber sehr viel Wert auf Kompetenzen, die zum Amt passen und werden auf keinen Fall Verlegenheitskandidaten aufstellen wie es andere machen. Da werden wir seriös bleiben und notfalls auch auf einen eigenen Kandidaten verzichten.

Wie kam es denn zum Kontakt mit Herrn Freitag?
Der Kontakt zu Stefan Freitag bestand seit seiner Zeit als Kämmerer bzw. Bürgermeister eigentlich durchgehend. In den letzten Monaten haben wir im Gespräch gemerkt, dass er die gleichen Sorgen bezüglich der Gesamtentwicklung in Velbert hat wie wir. Deshalb haben wir ihn einfach gefragt, ob er bei uns mitmachen möchte.

Herr Freitag, aus ihrer Zeit als Beigeordneter und Bürgermeister kennen Sie den Verwaltungsapparat der Stadt in und auswendig. Warum streben Sie nun die Rückkehr in den Velberter Stadtrat an?
Ich habe das Gefühl, dass ich aus meiner persönlichen Komfortzone raus muss. Mir geht es privat ausgezeichnet, ich bin gesund, habe eine tolle Familie, einen netten Freundeskreis, viel Zeit und keine materiellen Sorgen – aber was sich außerhalb meiner privaten Komfortzone abspielt, besorgt mich sehr. Nun kann ich weder für Weltfrieden sorgen noch bundes- oder landespolitisch etwas bewegen, aber hier vor Ort, wo ich mich auskenne, da kann ich vielleicht mit meiner Erfahrung ein wenig helfen.

Warum haben Sie sich für die Wählergemeinschaft Velbert anders entschieden und was möchten Sie (politisch) erreichen?
Der persönliche Kontakt zu August-Friedrich Tonscheid und Peter Oentrich, den führenden Köpfen der Wählergemeinschaft Velbert anders, ist eigentlich nie abgerissen. Ich habe schon als Kämmerer und als Bürgermeister gut und vertrauensvoll mit ihnen zusammengearbeitet. Ich bin aber auch inhaltlich überzeugt. Viele Velberter sind aktuell von CDU, SPD und Grünen schwer enttäuscht und politisch frustriert – aus meiner Sicht durchaus verständlich. Mit einer freien Wählergemeinschaft, die wie Velbert anders seit 30 Jahren etabliert ist, gibt es bei uns vor Ort dazu ein Gegenangebot, von dem ich die Menschen überzeugen möchte. Wenn wir im Stadtrat so stark werden, dass CDU, SPD und Grüne uns für Mehrheiten brauchen, dann können wir Einfluss nehmen und für Kurskorrekturen sorgen.

Bleiben Sie einfaches Fraktionsmitglied oder sind weitere Funktionen geplant?
Ich strebe keine politischen Ämter mehr an und sehe meinen Platz beratend und begleitend in der zweiten Reihe. Und ob ich überhaupt nach dem 14. September (Wahltermin) Fraktions- bzw. Stadtratsmitglied werde, müssen erstmal die Velberterinnen und Velberter, vor allem in meinen Wahlbezirk, entscheiden. Meine Kandidatur ist ein Angebot an alle, die etwas verändern möchten. Man müsste aus dem Ergebnis schon ablesen können, dass dieses Angebot angenommen wird. Wenn das nicht der Fall ist, habe ich es wenigstens versucht.

Was machen Sie hauptberuflich?
Man nennt das, glaube ich, rechtlich korrekt, „einstweiliger Ruhestand“. Ich berate nebenher gemeinnützige Organisationen und Vereine und zuletzt auch mal ein Start-Up – dies aber pro bono.

Über „Velbert anders“

Die Wählergemeinschaft „VELBERT anders“ existiert seit mehr als 30 Jahren in der Stadt. Sie hat sich der „bürgernahen, konstruktiven Mitarbeit auf kommunaler Ebene“ verschrieben und legt dabei besonderen Wert darauf, „ideologisch unabhängig“ und keiner Landes- oder Bundesinstanz verpflichtet zu sein. Eine Philosophie, die laut August-Friedrich Tonscheidt in den letzten Jahrzehnten nicht an Aktualität verloren hat: Man wolle zu einer kompetenten Politik in Velbert beitragen, auch über die politischen Grenzen hinweg, so der Fraktionsvorsitzende.

Über Stefan Freitag

Die Fraktion, die vier Sitze im Stadtrat innehat, hat mit Stefan Freitag einen prominenten Zugang gewonnen. Freitag machte ab 1990 Karriere bei der Stadt Velbert. Er war unter anderem Projektverantwortlicher im Aufbau der Technischen Betriebe, Beigeordneter, Kämmerer und schließlich von 2004 bis 2014 Bürgermeister von Velbert. Einer politischen Partei gehörte er nicht an, fand aber trotzdem bis zuletzt eine breite Unterstützung aller größeren Fraktionen im Stadtrat. 2014 stellte er sich nicht mehr zur Wahl, er wechselte stattdessen in die Geschäftsführung der Stadtwerke. In dieser Funktion war er bis Ende 2024 aktiv. Siehe auch: Geschäftsführer Stefan Freitag verlässt nach 10 Jahren Stadtwerke Velbert – Ablösung nach 36 Jahren bei der Stadt Velbert

Der Zuwachs zur Wählergemeinschaft wurde bei der letzten Mitgliederversammlung bekannt. Bei dieser Veranstaltung wurden auch die Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahlkreise und die Positionierung auf der Reserveliste vorgestellt.

Auf der Liste stehen August-Friedrich Tonscheid und Peter Oentrich auf Platz eins und zwei. Danach kommt Stefan Freitag auf Platz drei, vor Brigitte Hagling auf vier. Sollte die Partei ähnlich viele Stimmen wie 2020 bekommen, wäre Stefan Freitag ein Platz im Rat der Stadt sicher.

Für „Velbert anders“ treten laut deren Homepage folgende Kandidatinnen und Kandidaten an:

Wahlkreis  1       Velbert – Unterstadt                 Anja Benz
Wahlkreis  2       Velbert – Mitte                          Meik Voß
Wahlkreis  3       Velbert – Mitte – Berg              Stefan Freitag
Wahlkreis  4       Velbert – Kostenberg               Nicole Wolfsbach
Wahlkreis  5       Velbert – Am Berg 1                 Kai Heuer

Wahlkreis  6       Velbert – Am Berg 2                 Günter Dorgelo

Wahlkreis  7       Velbert – Am Berg / Birth        Meikel Rottländer
Wahlkreis  8       Velbert – Birth                           Kirsten Albrecht
Wahlkreis  9       Velbert – Birth – Losenburg     Peter Oentrich
Wahlkreis 10      Velbert – Langenhorst              Martina Wolfsbach

Wahlkreis 11      Velbert – Nordstadt                  Walter Tappert
Wahlkreis 12      Velbert – Nordpark                   Jonas Tonscheid
Wahlkreis 13      Velbert – Mitte/Oberstadt        Selina Christoffel
Wahlkreis 14      Velbert – Tönisheide 3             Daniela Wähner
Wahlkreis 15      Velbert – Ost                               Tim Zobel
Wahlkreis 16      Velbert –Neviges – Tönisheide  A.-Fr. Tonscheid

Wahlkreis 17      Velbert – Tönisheide-Wimmersberg   Dieter Stoschek

Wahlkreis 18      Velbert – auf den Pöthen        Sabine Heuer
Wahlkreis 19      Velbert – Siepen                        Brigitte Hagling
Wahlkreis 20      Velbert – Siepen – Asbruch      Jennifer Doppke
Wahlkreis 21      Velbert – Nierenhof                  Barbara Begus-Meyer
Wahlkreis 22      Velbert – Bonsfeld                    Patricia Tonscheid
Wahlkreis 23      Velbert – Langenberg – Mitte  Benjamin Warncke
Wahlkreis 24      Velbert – Kuh-/Feldstraße       Bettina Wertmann
Wahlkreis 25      Velbert – Bökenbusch – Frohnberg Bernd Meyer

Reserveliste:
Platz 1      August-Friedrich Tonscheid
Platz 2      Peter Oentrich
Platz 3      Stefan Freitag
Platz 4      Brigitte Hagling
Platz 5      Martina Wolfsbach
Platz 6      Nicole Wolfsbach
Platz 7      Anja Benz
Platz 8      Daniela Wähner
Platz 9      Meikel Rottländer
Platz 10    Kirsten Albrecht
Platz 11    Günter Dorgello
Platz 12    Meik Voß
Platz 13    Jennifer Doppke
Platz 14    Walter Tappert
Platz 15    Dieter Stoschek