Hunderte Menschen zogen am Samstag durch die Velberter Innenstadt, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. Foto: Mathias Kehren

Velbert. Rund 350 Bürgerinnen und Bürger nahmen an zwei Demonstrationen  gegen Rechtsextremismus am Samstag, 22. Februar, in Velbert teil. Aufgerufen hatten die Initiative „Velbert bleibt bunt“, das Bündnis „Velbert steht auf!“ sowie die Jusos. 


Geht es nach den Veranstaltern, hätten am Samstag deutlich mehr Menschen an den beiden Demonstrationen in der Velberter Innenstadt teilnehmen sollen. Rund 350 Menschen waren es insgesamt – sie alle setzten gemeinsam ein Zeichen gegen rechtsextremistisches Gedankengut und für Vielfalt, Toleranz und eine wehrhafte Demokratie.

Dass es nicht mehr Demonstrierende waren, könnte an den Großdemos gelegen haben, die zeitgleich unter anderem in Wuppertal und Essen – und damit ist direkter Nachbarschaft zu Velbert – stattfanden. Das vermutet Jennifer Jäckel, die sich für das „Velbert steht auf!“ engagiert. Die 45-Jährige aus Langenberg zeigt sich dennoch zufrieden. „Wir haben Menschen mobilisieren können – und wir haben gezeigt, dass es auch hier in Velbert antifaschistische Strukturen gibt.“ Mit zukünftigen Treffen und einem Auftakt am 13. März möchte man nun in Velbert dafür sorgen, dass „dem Rechtsruck etwas entgegengesetzt wird“, so Jäckel. Sie sieht auch die Lokalpolitik in der Pflicht. Es sei wenig Bewegung drin. „Hier muss mal was passieren“, fordert die 45-Jährige. Sie fordert neue, junge und frische Strukturen.

In ihrer Auftaktrede stellte Jennifer Jäckel klar, man habe sich auf dem Platz am Offers versammelt, um „gegen Rassismus und Faschismus und gegen die AfD“ zu protestieren. Mit Blick auf die Bundestagswahl appelliert Jäckel: „Mit ist wichtig, dass wir den Mut nicht verlieren. Morgen werden wir die Ergebnisse sehen, das wird nicht schön werden, aber vielleicht werden sie nicht ganz so schlimm, wie sie hätten werden können, wenn wir in den vergangenen Wochen nicht auf die Straßen gegangen wären, für die Freiheit und eine parlamentarische Demokratie“. Die 45-Jährige spricht von Ängsten und Wut, aber auch von Hoffnung. „Wir sind mehr!“, so Jäckel. „Und das ist nicht bloß ein Satz: Wir sind tatsächlich mehr“, stellt sie klar.

Still wurde es Momente später, als die Velberterin Ursula Dotten über ihr Leben berichtete. Die heute 84-Jährige ist im Jahr 1939 geboren worden. „Ich habe den Krieg als Kind erlebt und überlebt, ich habe meine Mutter 1945 durch einen Bombenangriff verloren, habe auch nach dem Krieg alles mitgemacht: Armut, Hunger, Wohnungsnot“. Dotten – sie ist die Mutter des örtlichen MLPD-Kandidaten Horst Dotten – spricht offen über ihre Ängste. Sie habe Albträume, die aktuelle gesellschaftspolitische Lage bereite ihr schlaflose Nächte. „Lasst den Faschisten keinen Meter Platz einnehmen. Nirgendwo“, so Dotten. Im Gespräch erzählt die 84-Jährige, dass viele Erinnerungen wieder hoch kämen. Die große Herausforderung sieht die Velberterin darin, sich zu informieren über das, was versprochen wird und das, was von den Versprechen gehalten werden kann. Viele Menschen täten das nicht. „Sie glauben einfach, was man ihnen erzählt. Genau so war es damals. Die Menschen waren blind. Sie haben es einfach nicht gesehen. Und das sind heute viele wieder“.

Mit einem Protestzug durch die Innenstadt endete die Demonstration. Zeitgleich zogen die Jusos mit rund 60 Teilnehmenden ab der Noldestraße durch die Fußgängerzone und hin zum Europaplatz. Dort war es der Nevigeser Pfarrer Martin Weidner, der in einer Rede ein Engagement für die Demokratie und den Rechtsstaat forderte, „Entscheidend ist, dass die Menschlichkeit bleibt“, so Weidner. Auch er appellierte, man möge am Sonntag den Gang zur Urne antreten, um seine Stimme abzugeben.

Die Polizei zog nach beiden Demonstrationen ein positives Fazit. Die Proteste seien ohne nennenswerte Vorkommnisse verlaufen, hieß es seitens der Behörde.