Marcus Stimler hat das IHK-Positionspapier vorgestellt. Auch für die "Stadt-Galerie" (Illustration) wurden Pläne entwickelt, die über die ausschließliche Nutzung als Einzelhandelsstandort hinaus gehen. Foto: Mathias Kehren
Marcus Stimler hat das IHK-Positionspapier vorgestellt. Auch für die "Stadt-Galerie" (Illustration) wurden Ideen eingebracht, die über die ausschließliche Nutzung als Einzelhandelsstandort hinaus gehen. Foto: Mathias Kehren

Velbert. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hat ein Positionspapier herausgebracht mit Vorschlägen, wie Velbert fit für die Zukunft gemacht werden kann. In drei Workshops wurden dazu Ideen von rund 100 Unternehmensvertretern zusammengetragen und ausgewertet.


Die Stadtentwicklung unterliegt einem ständigen Wandel. Zuletzt stark gefordert durch die Corona-Pandemie und aktuell durch die hohe Inflation, Fachkräftemangel und Energiekrise, erscheint es derzeit wichtiger denn je, die Krisenfestigkeit zu steigern.

Vor diesem Hintergrund hat sich die IHK auf den Weg gemacht, Ideen zu sammeln und Handlungskonzepte zu entwickeln, die die Attraktivität des Standorts aus unternehmerischer Sicht steigern. Nach den Städten Düsseldorf und Langenfeld ist Velbert die dritte Kommune, in der das Projekt „Stadt der Zukunft“ stattgefunden hat.

Im Sommer letzten Jahres fand das erste von drei Zukunftslabors statt, zu der die IHK ihre Mitglieder eingeladen hatte. Insgesamt kamen rund 100 Unternehmerinnen und Unternehmer zusammen, die ihre Positionen eingebracht haben. Daraus wurden Projektideen entwickelt, die nun ein Impuls für einen „breiten Dialogprozess“ bilden können, so die Kammer.

Eine der Projektidee ist die Attraktivierung der Friedrichstraße durch „aktive Schrumpfung“. Das Einzelhandelskonzept der Stadt Velbert stamme von 2007 und wurde seitdem kaum verändert, stellen die IHK-Zukunftsplaner fest. Jedoch reiche der Handel allein nicht mehr aus, um die Menschen in die Innenstadt zu bewegen. Viel mehr benötige die „Stadt von morgen“ mehr Erlebnispotential durch eine Mischnutzung, Events und Aufenthaltsqualität.

Anfänge davon seien laut dem Positionspapier in Velbert schon gut erkennbar: Das Café Extrablatt und die Bar Keks seien schon etabliert und könnten die Basis für eine gastronomische „Meile Velbert“ sein. Diese müsse ausgebaut werden, so die Position der IHK. Dazu böten Mehrfachnutzungen (tagsüber Café, abends Bar), „qualitativer Einzellhandel“ und eine Kürzung der Einkaufsstraße neue Chancen. „Klasse statt Masse“ sollte die Devise in der Innenstadt heißen, so die IHK-Position.

Das größte Potential für die Innenstadt sehen die Zukunftsdenker übrigens auf dem Abschnitt von der Sternbergstraße bis zur Grünstraße. Hier komme der zentral gelegenen „StadtGalerie“ eine wesentliche Bedeutung zu. Doch neben der Möglichkeit dort – überdacht – Handel und Gastronomie stattfinden zu lassen, sei ebenso eine Mischnutzung aus Büro- und Wohnräumen denkbar. Ergänzend böte sich auf dem Dach sogar „Urban Farming“ an.

Die Ideenschmiede der IHK stelle bewusst auch unkonventionelle Denksansätze zur Diskussion, erklärt Marcus Stimler, IHK-Zweigstellen in Velbert. Ziel dabei sei stets, die Stadt zukunftsfest zu machen.

Potential sieht die IHK-Studie auch bei der Schaffung preiswerten Wohnraums unter anderm um benötigte Fachkräfte anzulocken. Energie- und ressourcenschonend könnten Bestandsimmobilien baulich und klimaresilient aufgerüstet werden. Als Projektvorschlag nennt das Positionspapier das Hochhaus an der Bismarkstraße, unweit der Ecke Friedrichstraße in der Velberter Unterstadt.

Hier könne attraktiver Wohnraum entwickelt werden. Die Dachterrasse böte außerdem Potential für Urban Gardening-Projekte. In unmittelbarer Nähe des Panorama-Radwegs ist für die Vordenker der IHK auch eine Mischnutzung, beispielsweise mit einer Fahrradwerkstatt im Erdgeschoss des Wohnhauses denkbar.

Weiteres Potential sieht die zukunftsorientierte Unternehmerschaft auch bei der Schaffung von fahrradfreundlichen Verkehrswegen. Während sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schon mit klimaschonenden Job-Rädern auf den Weg zum Betrieb machten, fehle es teils noch an entsprechender Infrastruktur. Besonders von Langenberg und Neviges nach Velbert-Mitte und ins Industriegebiet Röbbeck würden gute Wege vermisst. Die Planung eines Radschnellwegenetzes in und um Velbert solle aber vor allem auf Basis eines nachweislichen wirtschaftlichen Nutzens erfolgen.

„Ein Industriegebiet wird heute ganz anders geplant als noch in den fünfziger Jahren“, gibt Marcus Stimler zu bedenken. Photovoltaik und Dachbegrünung gehörten dazu, insgesamt sei alles deutlich grüner und entzerrter so Stimler, denn der Aufenthaltsqulität würde mehr Beachtung geschenkt.

Daneben gewinne die Reduzierung des Flächenverbrauchs ebenfalls an Bedeutung. Dazu könnten die Aufwertung und Neunutzung von Bestandsbauten beitragen, aber auch die Stapelung von Produktionsabläufen auf mehreren Geschossen. Die Fabrik von morgen wächst also eher in die Höhe denn in die Breite.

Standortattraktivierung und Verbesserung der Rahmenbedingungen aus Sicht der Wirtschaft sind ein Kernanliegen der IHK, führt Marcus Stimler zur Motivation für das Positionspapier an. Velbert könne von diesen Ideen nun profitieren.

Hochhaus an der Bismarkstraße in Velbert. Der Panorama-Radweg in der Nachbarschaft erhöht das Potential für einen attraktiven Wohnstandort an dieser Stelle. Foto: Mathias Kehren
Beispielprojekt Hochhaus an der Bismarkstraße in Velbert. Der angrenzende Panorama-Radweg erhöht das Potential für einen attraktiven Wohnstandort an dieser Stelle. Foto: Mathias Kehren