Velbert. Im kommenden Jahr feiert die Stadt Velbert ein besonderes Jubiläum: Am 1. Januar 1975 schlossen sich die ehemals selbstständigen Städte Velbert, Langenberg und Neviges zur heutigen Stadt Velbert zusammen. Aus diesem Anlass ist im Velberter Skala-Verlag das Buch „Aus Drei mach Eins“ in der Reihe „Velbert im Quadrat“ erschienen.
Das Buch „Aus Drei mach Eins – 50 Jahre Velbert“ beleuchtet die verschiedenen Aspekte und Auswirkungen der kommunalen Neugliederung, die vor einem halben Jahrhundert die neue Stadt Velbert hervorbrachte. Neben der Verlegerin Dr. Jutta Scheidsteger, die die Einleitung geschrieben und Zeitzeugen interviewt hat, kommen in dem Buch insgesamt vier weitere Autoren zu Wort. „Das Buch ist nicht wissenschaftlich“, betont Scheidsteger, „es ist für jedermann geschrieben mit informativen und spannenden Texten.“
Mit der Neugliederung wurde in erster Linie das Ziel verfolgt, kompakte und moderne Verwaltungseinheiten zu schaffen. Doch dieses Ansinnen der Landesregierung stieß nicht überall auf Gegenliebe. Besonders aus den Städten, die ihre Selbstständigkeit verlieren sollten, kam teils heftiger Widerstand.
Neues Schwimmbad und neue Stadthalle
In Neviges wehrte man sich vehement gegen die Abtretung von Stadtgebiet an Velbert oder Wuppertal. Erst als die Eingemeindung nach Wuppertal drohte, beschloss der Rat mit Langenberg und Velbert die neue Stadt zu bilden. Doch nicht ohne ein gebührendes Abschiedsfest als eigenständige Stadt zu feiern. An einem Samstag vor dem Silvester 1974 kam man in der Stadthalle zusammen. Dort würdigte Bürgermeister Anker die Verdienste seiner Mitbürger und erinnerte an die rund 750-jährige Geschichte der Gemeinde Neviges. Die Stimmung sei damals zuversichtlich gewesen, schildert Lokalhistoriker Gerhard Haun in seinem Buchbeitrag. Der Tag gipfelte in zwei besonderen Ereignissen für Neviges: Am frühen Nachmittag wurde die neue Stadtbücherei eröffnet, und wenige Stunden später sprang Bürgermeister Anker als erster Badegast in das neue Nevigeser Schwimmbad, das damals erst im Prüfbetrieb lief. Rat und Verwaltung waren damals zufrieden mit sich, diese beiden Leuchtturmprojekte noch vor der Eingemeindung realisiert zu haben.
Langenberg wünschte sich einen Tunnel
In Langenberg waren die teils baufällige Substanz der historischen Altstadt und die chaotische Verkehrssituation auf der Hauptstraße ein großes Problem. Zwischen historischen Fassaden „stapelte“ sich die Blechlawine, wie historische Aufnahmen im Buch verdeutlichen. Die Bemühungen der Lokalpolitik galten deshalb dem Erhalt der Altstadt und der Schaffung einer neuen Verkehrsführung um den Ortskern herum, erinnert sich der damalige Juso-Vorsitzende Wolfgang Werner. Und Hermann-Josef Schmitz, der damals als Vorsitzender der Jungen Union politisch aktiv war, erinnert sich an die Rolle Heinz Schemkens, der sich als erster Bürgermeister des neuen Velberts für die Langenberger stark gemacht habe. Für Langenberg war die Neuordnung ein Erfolg: Heute fließt der Verkehr durch einen neuen Tunnel und nicht mehr über die Hauptstraße, wo nun kleine Geschäfte, Kneipen und Restaurant für Aufenthaltsqualität sorgen.
Die Zusammenführung der drei Verwaltungseinheiten lag damals maßgeblich in den Händen von Stadtdirektor Hans-Günter Steinhauer. Der erinnert sich, damals eine „gute Truppe“ gehabt zu haben: „Wenn Bereiche zusammengelegt wurden, musste jemand in die zweite Reihe treten. Das war nicht immer einfach, aber wir hatten gute Leute. Die wussten, was zu tun war.“ Dass er als „Bodenständiger“ vor Ort akzeptiert war und auf guten Kontakten aufbauen konnte, habe ihm beim Aufbau der neuen Verwaltung sehr geholfen, so Steinhauer im Rückblick.
Scorpions in Velbert
Die neue Stadt Velbert ließ es sich etwas kosten, ihre Bürgerinnen und Bürger von sich zu begeistern. So wurde gleich im Frühjahr 1975 ein dreitägiges Stadtfest gefeiert, um den Zusammenhalt zu fördern. Ein Höhepunkt war das Konzert der „Scorpions“, eine damals noch relativ unbekannte Rockband aus Essen, die ein Jahr später ihre erste goldenen Schallplatte bekommen würde.
Wolfgang Menne widmet sich in einem eigenen Kapitel dem Zusammenschluss der Feuerwehren. Besonders bemerkenswert fand der ehemalige Stadtbrandmeister die unterschiedliche Aufstellung der Wehren in den einzelnen Städten: Während in Velbert 20 Berufsfeuerwehrleute im Einsatz waren, verfügten Langenberg und Neviges lediglich über Krankenwagen und alarmierten bei Bränden und anderen Einsätzen freiwillige Feuerwehrleute mittels Sirenenalarm. Während es relativ einfach war, das Personal – Berufs- und Freiwillige – in effektiveren Einheiten zusammenzufassen, stellte die veraltete Ausrüstung und die unzureichenden Sozial- und Unterrichtsräume in den Gerätehäusern ein größeres Problem dar. Dieser Zustand habe sich durch den Zusammenschluss zunächst nicht wesentlich verbessert, resümiert Menne. Erst ein 1989 erstelltes Feuerwehrkonzept und dessen Umsetzung mit dem Bau neuer Feuerwachen in allen drei Stadtteilen brachten die entscheidende Verbesserung.
Neue Adresse ohne Umzug
In einem eigenen Kapitel widmet sich der Journalist Reinhard Lüdeke der Neubenennung von Straßen. Insgesamt mussten 90 Straßen umbenannt werden, davon 37 in Velbert, 32 in Neviges und 21 in Langenberg. Die Verwaltung verfolgte dabei den Grundsatz, die längste Straße in jedem Stadtteil beizubehalten, um die Anzahl der Anwohner mit einer neuen Adresse zu minimieren. Viele Anwohner hätten ihre neue Adresse einfach hingenommen, berichtet Lüdeke: „Da gab es einen Aufkleber in den Personalausweis und fertig.“ In den Köpfen hat der Prozess hingegen deutlich länger gedauert. „Ich habe heute noch so meine Probleme mit der Cranachstraße, die früher Wilhelmstraße hieß“, ergänzt Steinhauer.
„Die einzelnen Städte hätten allein nicht überleben können“, hält der heutige Bürgermeister Dirk Lukrafka Bedenkenträgern entgegen, die womöglich auch jetzt noch an der Sinnhaftigkeit des Zusammenschlusses zweifeln. Viele Leistungen der Stadtverwaltung, beispielsweise bei den Kitas und Schulen, bei der Feuerwehr und im Gesundheitswesen, oder auch bei Sport- und Kultureinrichtungen, könnten in kleineren Einheiten nicht in gleicher Qualität erbracht werden, so Lukrafka. Es sei eine „sehr gute Entscheidung gewesen, die große Einheit zu bilden“, ist er überzeugt.
Das Buch trägt die ISBN 978-3-9824061-7-6 und ist ab sofort im Buchhandel erhältlich.
Anm. der Redaktion: Der Autor Gerhard Haun ist am Tag der Buchvorstellung (28. November 2024) überraschend verstorben. Der Nevigeser Ortsverein der CDU erinnert in einem Nachruf an sein langjähriges Mitglied: Nevigeser CDU trauert um langjähriges Mitglied.