"So ein Preis ist in erster Linie eine starke Teamleistung", Gastwirt Walter Stemberg bei der Preisverleihung in Hamburg. Foto: Busche-Verlag

Velbert. Hohe Auszeichnung für Walter Stemberg: Der Velberter Gastwirt, TV-Koch und Autor von 33 Kochbüchern ist als „Gastronom des Jahres“ ausgezeichnet worden. Der Preis wird einmal im Jahr bundesweit vom „Schlemmer-Atlas“ (Busche-Verlag) vergeben. Die Verleihung fand bei der Busche-Gala am Montag in Hamburg statt.

Herr Stemberg, wie fühlt man sich als Gastronom des Jahres?
Natürlich habe ich mich riesig über die Auszeichnung gefreut. Leider war die Stimmung bei der Preisverleihung etwas getrübt, weil die Meldung von einem neuen „Lockdown-light“ gerade die Runde machte. Das bereitete den aus dem ganzen Bundesgebiet angereisten Gastronomen Kopfzerbrechen, und die Sorge vor einer neuerlichen wochenlangen Schließung war leider das beherrschende Thema. Wir werden den Preis aber gemeinsam mit unseren Mitarbeitern noch feiern. Denn obwohl ich den Preis entgegenehme, ist er doch Ergebnis einer tollen Teamarbeit.

Was muss man alles richtig machen, um Gastronom des Jahres zu werden?
Die Redaktion vom Schlemmer-Atlas hat besonders hervorgehoben, dass wir schon in der fünften Generation erfolgreich sind. So etwas gibt es in Deutschland heute fast gar nicht mehr. Noch dazu in der Liga, in der wir spielen, mit einem Michelin-Stern und unter den besten 60 Restaurants in Deutschland.

1864 als Schmiede mit einem kleinen Gastraum für ungefähr zehn Personen hat diese Tradition mal angefangen. Ich habe 1975 übernommen und versucht, aus dem Gasthaus ein Gasthaus mit höherem Anspruch zu machen. Ich wollte aber immer ein Gasthaus bleiben und kein Gourmet-Tempel werden. Mein Konzept war damals „zwei Küchen von einem Herd“: Sprich Sie können bei uns eine hausgemachte Graupensuppe essen, nach dem Rezept meiner Mutter, oder hausgemachte Blutwurst, nach dem Rezept meines Großvaters. Wir servieren aber auch Degustations-Menü mit allen Finessen der modernen Sterne-Küche.

Ihr Konzept gilt als zukunftsweisend und ist mittlerweile auch ausgezeichnet worden. Was gehört noch dazu?
Wir setzen uns sehr stark für eine artgerechte Aufzucht ein und versuchen hier viel in der Region zu kaufen. Wir kriegen die Schweine aus Wuppertal, die Rinder und das Geflügel aus Wülfrath. Auch das Gemüse und die Kartoffeln stammen hier aus der Region.
Wichtig ist für uns, dass wir wissen, wo die Ware herkommt und beispielsweise nicht aus Massentierhaltung stammt. Dieses Thema hat in den letzten Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewonnen, sodass heute auch die Leute von den Restaurantführern sagen, das ist das Konzept der Zukunft.

Zuletzt wurden im „Feinschmecker“ die 30 Restaurants mit dem besten Konzept der Zukunft vorgestellt. Dabei ist mein Konzept – zwei Küchen von einem Herd – als das beste Konzept der Zukunft vorgestellt worden. Schön zu wissen, dass wir dieses Konzept im Haus Stemberg schon seit über 45 Jahren leben.

Seit 2005 hat ihr Sohn Sascha die Regie in der Küche übernommen, wie läuft die enge familiäre Zusammenarbeit?
Wir führen immer mal wieder ernsthafte Diskussionen, wie das wohl in jedem Haus mit zwei Betriebsleitern üblich ist. Normalerweise finden wir aber schnell gemeinsame Lösungen. Wichtig ist, dass wir getrennte Aufgaben haben: Mein Sohn kümmert sich zu hundert Prozent um die Küche, da rede ich ihm nicht rein. Dafür bin ich gemeinsam mit meiner Frau und meiner Schwiegertochter bei den Gästen und kümmere mich mit dem Team darum, dass der Service perfekt ist. Der Weineinkauf, das Marketing, die PR-Arbeit und was sonst noch so ist, fällt auch in meinen Verantwortungsbereich.

Unter den Top 50 im Aral-Schlemmer-Atlas, „Lieblingsrestaurant“-Award im „Feinschmecker“, bestes Restaurant-Konzept für die Zukunft und jetzt noch Gastronom des Jahres – was machen Sie, um diesen Erfolg zu halten oder gar noch zu steigern?
2018 war Michael Käfer Gastronom des Jahres, im letzten Jahr holte Jürgen Gosch sich den Preis, mit dem wir zusammenarbeiten und der in seinem Restaurant auf Sylt unsere Wein-Selektion, unser Eis und unsere Currywurstsauce verkauft. Ich finde mich hier in eine Reihe durchaus bekannter Namen wieder. Man freut sich über die Auszeichnung, aber es ist wichtig, nach vorne zu schauen und sich nicht darauf auszuruhen. Gerade jetzt, wenn wegen Corona die Gastronomie immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt wird. So haben wir unseren Take-away-Service wieder hochgefahren und bieten Festtags- und Weihnachtsmenüs in erstklassiger Qualität an, die Zuhause nur noch aufgewärmt werden müssen. Da haben wir sehr viel Zuspruch.

Gastromie in Corona-Zeiten, wie funktioniert das?
Wir haben ein umfassendes Hygienekonzept, das auch vom Gesundheitsamt regelmäßig überwacht wird. Und was mir persönlich noch viel wichtiger ist: Die Gäste haben Vertrauen in uns und fühlen sich sicher. Wir haben während des ersten Lockdowns unser Außer-Haus-Geschäft sehr stark weiterentwickelt und auch das Weingeschäft weiter ausgebaut. Sascha hat neue Eissorten entwickelt, die hier und in der Spitzengastronomie auf Sylt sehr gut angekommen sind. Man muss flexibel sein und sich was Neues einfallen lassen. Wir bieten wie gesagt schon wieder Take-Away an, dazu kommen kulinarische Boxen mit Enten und Weihnachtsspezialitäten. Die Boxen werden übrigens von einem Velberter Verpackungsunternehmen für uns je nach Größe schnell gefertigt.

In der Corona-Zeit ist uns vor allem wichtig, dass wir keine Mitarbeiter entlassen müssen. Denn da hängen Familien und Schicksale dran. Während des ersten Lock-Downs haben hier alle 22 Mitarbeiter hundert Prozent Gehalt bekommen. Kurzarbeit hat es hier nicht gegeben, und das versuchen wir auch für eventuell noch kommende Lock-Downs beizubehalten.