Mettmann. Das Evangelische Krankenhaus Mettmann bietet eine neue Behandlungsmöglichkeit bei Draginkontinenz. Der Chefarzt für Geburtshilfe und Gynäkologie, Dr. med. Clemens Stock, erklärt die Botox-Therapie.
Bis zur Hälfte aller Frauen leiden im Laufe ihres Lebens an irgendeiner Form Harninkontinenz, verlieren also die Steuerung über ihren Beckenboden bzw. den Blasenmuskel und setzen in unterschiedlich kleinen Mengen unkontrolliert Urin ab. Im Rahmen der Dranginkontinenz leiden sie zum Teil unter ständigem Harndrang, obwohl die Blase nicht vollständig gefüllt ist. Alter und Ursachen sind bei der Behandlung zu unterscheiden.
Zu den Ursachen für Dranginkontinenz erklärt Chefarzt Dr. med. Clemens Stock: „Also zunächst einmal ist der Begriff Inkontinenz sehr generalistisch formuliert. Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen einer Belastungs- und einer Dranginkontinenz. Eine Belastungsinkontinenz kann beispielsweise nach einer Geburt auftreten – bedingt durch einen anatomischen Defekt. Naturgemäß sind die Frauen also dann eher jüngeren Alters. Hier bildet sich die Inkontinenz, also der nicht zu steuernde Verlust von Urin in der Zeit nach der Geburt auch oft wieder zurück. Nur wenn die Symptome des Urinverlustes z. B. beim Husten, Niesen oder Sport bestehen bleiben und die Betroffenen stören, werden wir medizinisch aktiv.“ Behandelt werden im Evangelischen Krankenhaus beide Formen der Inkontinenz.
Die genauen Gründe für die Entstehung der Dranginkontinenz ist nicht vollständig medizinisch geklärt, sie trete jedoch mit steigendem Lebensalter auf, erklärt der Experte: „Man kann von einem Hormonmangel oder einer Disbalance von Botenstoffen in der Blasenwand ausgehen. Ausgangspunkt sind die meist Wechseljahre, in denen der Körper in einen hormonellen Umbruch gerät.“
Die Beschwerden der Dranginkontinenz äußern sich dabei mannigfaltig. Der Chefarzt erläutert dazu: „Der meist formulierte Satz lautet „Ich kenne jede Toilette in der Stadt“. Die meisten Patientinnen kommen eben dann, wenn der Leidensdruck wächst, wenn die Lebensqualität durch den ständigen Harndrang eingeschränkt wird.
Das Problem ist dabei auch, dass die Blase nur minimal gefüllt ist, der Harndrang aber trotzdem da ist oder gelegentlich eine komplette Blasenentleerung unkontrolliert stattfindet.
Einige Frauen kennen das Gefühl mitunter bei einer Blasenentzündung. Es kann zermürbend sein.
Zuhause bekommt man den Alltag ja gut gemeistert, sobald man jedoch unterwegs ist, fühlen sich viele Betroffene unwohl und es soll ja nicht sein, dass diese Erkrankung dazu führt, dass sich die Patienten isolieren.“
Das Krankenhaus verzeichnet zwar einen Zuwachs an Patientinnen, neben Scham sei allerdings auch fehlendes Wissen über die Erkrankung ein Grund dafür, dass Frauen nicht zu einem Arzt gingen.
Insgesamt lasse sich die Dranginkontinenz gut behandeln, macht Dr. med. Clemens Stock Betroffenen Hoffnung. Es gebe verschiedene Behandlungssäulen, immer auch Abhängigkeit von der Patientin. Zum einen die lokalen Hormonbehandlungen mit Cremes und Salben als Basistherapie, dann die Medikation in Tablettenform, die den Harnreiz und die Blasenempfindlichkeit lindern soll und natürlich auch Physiotherapie und Elektrostimulationstherapie.
Neu ist nun die Behandlung der Dranginkontinenz mit Botulinumtoxin, kurz Botox. Das Nervengift ist jetzt in der Frauenheilkunde zugelassen: „Wir wenden das Botox dann an, wenn die anderen Therapien durchgeführt wurden, aber keine Wirkung gezeigt haben. Die Behandlung mit Botox ist nie das erste Mittel der Wahl und muss durch einen Experten mit entsprechender, ambulanter Ermächtigung durchgeführt werden.“
Die Behandlung selbst erfolgt ambulant, erklärt der Chefarzt: „Der Eingriff erfolgt ambulant, dennoch führen wir die sogenannte Blasenspiegelung unter Vollnarkose durch. In der Blasenwand werden dann an ca. 25 Stellen Botoxinjektionen gesetzt.“
Patientinnen mit Blutgerinnungsstörungen könnten nicht behandelt werden, eine hohe Dosis des Nervengifts könne zwischenzeitlich zu einer Blasenentleerungsstörung führen, so Dr. med Clemes Stock zu möglichen Nebenwirkungen. „Wichtig ist eben der richtig dosierte Einsatz der Therapie“. Die Wirkung setzt laut Chefarzt direkt nach der Behandlung ein und hält etwa sechs bis neun Monate an. Dann könne die Therapie aber erneut durchgeführt werden.
Der Weg zum EVK Mettmann steht Patientinnen mit Dranginkontinenz nun offen. Der Chefarzt kommentiert: „Wichtig ist, dass die Frauen eine Überweisung des niedergelassenen Gynäkologen, also ihres Frauenarztes mitbringen. Wir vereinbaren dann einen Termin in der Sprechstunde, führen die notwenigen Voruntersuchungen durch, z. B. eine Blasendruckmessung und vereinbaren dann den zeitnahen OP-Termin. Meine Mitarbeiterinnen aus dem Sekretariat geben gern über alles Notwendige Auskunft.„
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