Laden ein zur öffentlichen Veranstaltung "Wülfrath wird klimaneutral": Katharina Strohmeyer und Stefan Holl. Foto: Kling

Wülfrath. Spätestens im Jahr 2040 soll Wülfrath Klimaneutralität erreichen. Die Stadtverwaltung soll bis 2035 klimaneutral arbeiten, ebenfalls spätestens. Diese Ziele hat sich der Stadtrat gesetzt. Wie das erreicht werden kann, darum geht es in einer öffentlichen Veranstaltung am Dienstag, 5. September, ab 19 Uhr im Gymnasium.


Wülfrath gehört zu den Städten, die auf dem Weg zur Klimaneutralität eine Vorreiterrolle spielen sollen. Für das „Vorreiterkonzept klimaneutrales Wülfrath“ bekommt die Stadt jedenfalls eine Förderung von knapp 100.000 Euro.

Etwa 180 Millionen Euro im Jahr werden in Wülfrath für Energie ausgegeben, berichtet Katharina Strohmeyer vom Beratungsbüro „ansvar2030“, das mit der Erstellung des Konzepts beauftragt worden ist. Bis 2040 sind das mehrere Milliarden Euro, die allein in Wülfrath für tanken, heizen, Strom und anderes ausgegeben werden. Für Katharina Strohmeyer machen diese Zahlen deutlich, dass der Klimawandel vor Ort auch eine große Chance bietet.

Denn die 180 Millionen fließen zu einem Großenteil in Kassen außerhalb der Stadt. Das müsse nicht sein. Der Klimawandel könne durchaus dazu führen, dass die Wertschöpfung vor Ort stattfinde, der Wirtschaft und den städtischen Finanzen zugute komme, Arbeitsplätze schaffe.

Der Untertitel zur Fragerunde „Wülfrath wird klimaneutral“ am kommenden Dienstag heißt somit auch: „Wie wir gemeinsam vom Wandel profitieren.“

In Wülfrath soll nicht erst eine großangelegte Bestandsaufnahme gemacht werden. Das Ziel lautet: „Wie können wir schnell große Erfolge erzielen“, sagt Strohmeyer und ergänzt: „Wir müssen weg von der Verzichtsdebatte.“ Wandel sei auch möglich, ohne dass die Lichter ausgingen oder die Wohnung nicht mehr geheizt werden könne.

In jeder Stadt gebe es viele Fachleute zu dem Thema. Sie zusammenzubringen, um mit anderen Interessierten am Thema Klimaneutralität vor Ort zu arbeiten, sei ein Ziel des Vorreiterkonzepts.

Erster Baustein könnte nach Ansicht von Katharina Strohmeyer die Gründung einer „Bürgerenergiegenossenschaft“ sein. „Sie könnte dafür sorgen, dass die Menschen vor Ort den Zubau erneuerbarer Energien mitgestalten, davon profitieren – und ihn deshalb akzeptieren“, erklärt Strohmeyer.

Dabei dürfte es sich vor allem um Windkraft und Flächen-Photovoltaik handelt, weiß Stefan Holl, Technischer Dezernent der Stadt und somit im Rathaus zuständig für den Umbau der Energieversorgung in den nächsten Jahren.

All diese Themen und mehr können in der Info- und Fragerunde am 5. September ab 19 Uhr im Gymnasium diskutiert werden. Nach Bürgermeister Rainer Ritsche spricht Klimafolgenforscher Udo Engelhardt. Katharina Strohmeyer und Stefan Holl stellen den Weg vor, den Wülfrath bis zur Klimaneutralität 2040 gehen soll. Spätestens.

In einer Mitteilung stellen Stadt Wülfrath und Beratungsbüro „answar 2030″ Einzelheiten zum Vorreiterkonzept Klimaneutralität“ vor:

Wie gelingt es, Wülfrath schnellstmöglich klimaneutral zu machen? Genau das versucht die Verwaltung gerade herauszufinden. Unter dem Motto „Emissionen runter – regionale Wertschöpfung hoch“ wird zur Zeit ein Konzept erarbeitet, um die Stadt Wülfrath zur Klimaschutz-Vorreiterin zu machen.

Der Leitgedanke: Die ganze Stadtgesellschaft soll vom Wandel profitieren. Zum einen durch bessere Luft und mehr Hochwasserschutz. Aber auch und gerade in finanzieller Hinsicht. Denn die Energiepreiskrise ist ein Alarmsignal. Sie verdeutlicht die strukturelle Abhängigkeit von teuren Energieimporten, insbesondere von fossilen Energien aus dem Ausland. Mehr Energiesouveränität ist daher nicht nur ein Schlüssel um den Wohlstand für die nächsten Jahrzehnte zu sichern, sondern gleichzeitig auch ein riesiger Hebel, um den Treibhausgasausstoß schnell zu senken.

Unterstützung bei der Konzepterstellung bekommt die Verwaltung durch das Regionalberatungsunternehmen ansvar2030. Das interdisziplinäre Team hat ein System entwickelt, wie Städte zeitnah klimaneutral und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich werden. Der ganzheitliche Ansatz basiert im Wesentlichen auf drei Säulen:

1. Die Vorteile der Digitalisierung nutzen Mit Hilfe eines digitalen 3D-Modells von Wülfrath, einem sogenannten digitalen Zwilling, wird zunächst eine Bestandsanalyse durchgeführt: Wie hoch sind die örtlichen Emissionen? Wo gibt es große Hebel? Was lässt sich schnell umsetzen? Anschließend hilft der digitale Zwilling der Stadt beim Modellieren. Zum Beispiel, um herauszufinden, in welchen Stadtteilen eine Nahwärmeversorgung sinnvoll ist, um Abwärme zu nutzen.

2. Die ganze Stadtgesellschaft mitnehmen Je mehr Menschen erkennen, dass es sich für sie lohnt, mitzumachen, desto mehr werden den Wandel in Wülfrath mitgestalten. Deshalb müssen möglichst alle mitgenommen und bei der Planung eingebunden werden. Formate wie Zukunftsworkshops könnten beispielsweise dazu dienen, die Transformation der örtlichen Wirtschaft zu unterstützen oder Zukunftsperspektiven für die Landwirtschaft zu erarbeiten.

3. Allianzen schmieden Ein erster Baustein könnte die Gründung einer lokalen Bürgerenergiegenossenschaft sein. Sie könnte dafür sorgen, dass die Menschen vor Ort den Zubau erneuerbarer Energien mitgestalten, davon profitieren – und ihn deshalb akzeptieren. Auch für die Umsetzung der Ideen, bedarf es vieler Menschen, die die Transformation unterstützen, beispielsweise im örtlichen Handwerk, wo durch großangelegte Sammelbestellungen Lieferengpässe umgangen werden könnten.