Kreis Mettmann. In sechs Städten des Kreises unterstützen Pflege-Scouts Menschen, wenn für die Erlangung eines Pflegegrads der Besuch des Medizinischen Dienstes ansteht.
Im Jahr 2018 startete die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher im Kreis Mettmann das Angebot, das Menschen, die einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegekasse gestellt haben, Unterstützung bei der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst bietet. Zu Beginn gab es das Angebot in Kooperation mit den Städten Monheim und Erkrath, sowie dem Kreis Mettmann. Inzwischen sind Hilden und Haan, Mettmann und Wülfrath hinzugekommen.
Während in Mettmann aufgrund einer starken Vernetzung in der Seniorenarbeit fünf bis sechs Pflege-Scouts aktiv sind, suchen Pflege-Scouts in Erkrath und Wülfrath noch Verstärkung. In diesen drei Städten arbeiten die Pflege-Scouts eng mit den AWO-Begegnungsstätten zusammen.
„Bei uns liegen die Infos zu den Pflege-Scouts seit Beginn aus. Oft spreche ich unsere Besucher auf das Angebot an; wenn ich sehe, dass sie nicht mehr so gut drauf sind“, berichtet Silke Dietz, Leiterin des AWO-Treffs in Erkrath-Hochdahl.
In Erkrath engagieren sich Harald Hetman und Ulrike Lehmkuhl als Pflege-Scouts. Über Hetman, der auch im ZWAR-Netzwerk aktiv ist, das sich regelmäßig in den Räumen der AWO trifft, kam die Verbindung zustande. Während Harald Hetman sich im Ruhestand sinnvoll betätigen wollte, ist Ulrike Lehmkuhl noch im Job und engagiert sich in ihrer Freizeit. Wie auch ihre Kollegin in Wülfrath, Ilona Fenko, würden sie sich über weitere Pflege-Scouts freuen.
Fachwissen sei für die Tätigkeit der Pflege-Scouts nicht notwendig. Beim Start hospitieren neue Pflege-Scouts bei bereits aktiven. Der Besuch des Medizinischen Dienstes dauere in der Regel nur eine Stunde und die Einstufung des Pflegebedürftigen folge einem festen
Fragenkatalog, den die Pflegescouts mit den Betroffenen zuvor durchgehen.
„Es ist essentiell vorher zu erfassen, wo sie wirklich Hilfe benötigen“, weiß Hetman aus der Praxis. „Wichtig für die Einstufung sei auch, dass die Menschen es beim Besuch des MDK auch wirklich so darstellen, wie es ist.“
Allzu oft würden Betroffene sich für den Besuch des Pflegedienstes anstrengen, mehr zu leisten als sie es im normalen Alltag eigentlich noch können, was dann zu einer Ablehnung oder zu einer zu niedrigen Einstufung führen kann. „Für dieses Ehrenamt braucht man vor allem viel Empathie. Ältere Menschen sind oft erst einmal in einer Art Abwehrhaltung und müssen Vertrauen zu uns fassen.“
Wer mit Harald Hetmann und Ulrike Lehmkuhl künftig in Erkrath oder mit Ilona Fenko in Wülfrath gemeinsam als Pflege-Scout aktiv werden möchte, kann sich telefonisch über die zentrale Rufnummer 0176 76 73 53 16 oder per Email an info@pflege-scouts.me melden.
Die gleichen Kontaktdaten gelten auch für die Anfrage auf eine persönliche Unterstützung durch die Pflege-Scouts.
Scouts bald auch in Ratingen?
Ingrid Herden, die in der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher bei den Digitalpaten mitwirkt, war in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Seniorenrats auch auf die Pflege-Scouts aufmerksam geworden. „Das brauchen wir in Ratingen auch“, war sie sich sicher.
Damit Angehörige und Pflegebedürftige bald auch in Ratingen auf diese Art der Begleitung hoffen dürfen, werden nun Menschen gesucht, die diese Aufgabe gerne übernehmen würden. „Keine Sorge. Hier sind weder juristische noch medizinische Fachkenntnisse erforderlich“, erklärt Erwin Knebel, Vorsitzender der Verbraucherorganisation.
Für Otto Berger ist das Ehrenamt als Pflegescout eine sinnstiftende Tätigkeit.
Als ehemals hoher Verwaltungsbeamter der Kreisverwaltung sei er zwei Jahre nach der Pensionierung ‚in ein tiefes Loch‘ gefallen.
Das Ehrenamt habe alles verändert, vor allem das Engagement bei den Pflege-Scouts, für das viel Empathie gefragt sei. Seine Erfahrung aus den letzten Jahren habe ihm gezeigt, dass viele Menschen, wenn sie dann einen Antrag stellen, schon ein bis zwei Jahre Leidensgeschichte hinter sich hätten. Viele darunter kämen nicht einmal mehr allein in den Bus oder säßen in der fünften Etage eines Mehrfamilienhauses fest. Das seien für ihn die Menschen, die ihn fühlen lassen, wie sinnvoll sein Ehrenamt sei.
„Ältere Menschen neigen oft dazu, sich beim Besuch des MDK von ihrer besten Seite zu zeigen und mobilisieren alle Kräfte für diesen Besuch“, weiß Berger. Aber genau das sei kontraproduktiv und bilde nicht deren Lebenswirklichkeit ab. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen nehme sich für den Besuch gerade einmal eine Stunde Zeit, in der zur
Einschätzung des Pflegebedarfs immer die gleichen Fragen gestellt werden.
Diesen Fragenkatalog gehen die Pflegescouts mit den Pflegebedürftigen vor dem Besuch durch. Auch bei Widersprüchen gegen abgelehnte oder zu gering eingestufte Pflegegrade seien sie behilflich, so Berger. Ist der Pflegegrad anerkannt, stellen die Pflegescouts auch den Kontakt zur Wohn- und Pflegeberatung der Städte her, wenn Pflegebedürftige Unterstützung benötigen.
Wer sich ehrenamtlich als Pflegescout in Ratingen engagieren möchte, erhält Informationen unter 0172 95 62 410 oder per E-Mail an info@pflege-scouts.me.