Ein Blick in die Produktion: Hier entstehen die Puky-Räder. Fotorechte: Puky/Brillux, Roland Borgmann

Wülfrath. Mit dem Wutsch fängt alles an. Jedenfalls in vielen Familien. Ältere werden sich vielleicht fragen: Was um Himmelswillen ist ein Wutsch? Für Eltern der letzten Jahrzehnte ist das kein Thema: Mit einem Wutsch waren ihre Kinder erstmals mobil unterwegs, im Wohnzimmer oder auf dem Spielplatz.


Ein Wutsch ist heute das, was früher mal ein Dreirad war, allerdings ohne Pedale und mit vier Rädern. Oder wie es der Hersteller, die Wülfrather Firma Puky erklärt: „Die ideale Vorstufe zum Laufrad.“

Das Unternehmen an der Fortunastraße – unweit der Sporthalle – feiert Jubiläum: Vor 75 Jahren wurde Puky gegründet. Obwohl das so gar nicht stimmt: Die Firma, die 1949 in Düsseldorf ins Leben gerufen wurde, hieß noch Puck. Und die Gesellschafter kamen eigentlich vom Autobau. Es gab allerdings einen Namensstreit mit Puch AG in Österreich, woraufhin 1956 aus Puck die Firma Puky wurde.

„Die kennt heute jedes Kind“, ist eine Redewendung, die wohl in seltenen Fällen so wörtlich zu nehmen ist. Denn Puky macht Produkte für Kinder – und zwar ausschließlich für Kinder. „Wir arbeiten dafür, Kinder in Mobilität zu bringen“, sagt Britta Sieper, seit 2021 Geschäftsführerin der Puky GmbH & Co. KG. Und es ist ihr anzusehen, dass die Freude, die die Kinder an den Puky-Fahrzeugen haben, auch ihr Freude macht.

Für noch kleinere Kinder, die gerade Laufen gelernt haben, gibt es auch schon ein Gefährt: das Pukylino. „Unser Evergreen ist das Laufrad“, sagt Marc Thiel, der seit 2023 ebenfalls Geschäftsführer des Familienbetriebs ist. Das Gespräch findet per Video statt. Thiel ist zu der Zeit gerade in Abu Dhabi, wo er – am Tag des Fahrrad – eine Sonderanfertigung in den Farben des dortigen Vereins übergeben hat. Überhaupt sind Sonderanfertigungen im gewünschten Design – ab 500 Stück – eine Spezialität des Wülfrather Unternehmens. So wurden auch schon Bayern München, der 1. FC Köln, BMW Mini und viele andere zu Geschäftspartnern von Puky.

Puky-Räder werden von Wülfrath aus in alle Welt geliefert. Die Gesellschaft hat Handelspartner in ganz Europa und sogar in China. Die Fertigung findet aber hauptsächlich in Wülfrath statt. Hier werden die Stahlrahmen hergestellt, bearbeitet und pulverbeschichtet. Hier sitzt vor allem auch die Ideenschmiede, die Fahrzeuge aller Art für die Kindermobilität entwickelt.

124 Menschen sind aktuell bei Puky selbst beschäftigt. Die Firmengeschichte ist eng verbunden mit den Werkstätten für Menschen mit Behinderung, die die Fahrzeuge montieren und verpacken. Die Werkstätten befinden sich zum Teil gleich nebenan in Velbert und Mettmann, aber auch in Düsseldorf, Bochum und an anderen Standorten. Die Montage findet zum Teil dort statt, ein Teil der Mitarbeiter kommt aber auch in die Montagehalle nach Wülfrath.

Neben dem „Evergreen“ Laufrad gibt es – neben vielen anderen Modellen – in der Produktpalette das, was früher der Tretroller war. Der heißt heute Scooter und hat mit dem Roller von damals nur noch das Grundprinzip gemein. Ansonsten sind die Designs vor allem viel „cooler“ als noch zu den Anfängen.

Spätestens wenn die Generation der Großeltern auf die Fahrräder schaut, die bei Puky entstehen – bis hin zum heißen Mountainbike -, möchten womöglich viele von ihr gerne selbst noch einmal Kind sein.

1960 zog das Unternehmen von Düsseldorf nach Wülfrath, war drei Jahrzehnte in der Schulstraße zuhause. 1991 erfolgte der nächste Umzug, seitdem ist Puky im Industriegebiet Zur Fliethe beheimatet, wo 2013 noch eine Erweiterung gefeiert wurde.
„Was Puky besser macht als die Konkurrenz“, berichtete die „Wirtschaftswoche“ schon im Jahr 2009. Das Fachblatt schrieb damals davon, dass das „Unternehmen aus dem rheinischen Wülfrath“ 450.000 Fahrzeuge produziere bei einem Umsatz von 28 Millionen Euro. Aktuelle Zahlen möchte die Geschäftsführung nicht veröffentlicht wissen, nur so viel: Die Zahlen von heute seien „deutlich höher“.

Am Freitag steht die Feier des 75-jährigen Bestehens an mit Geschäftspartnern, Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Angehörigen. Dabei will das Unternehmen zeigen, was alles entsteht in den Werkshallen in Wülfrath.

30 Jahre lang war Puky in der Schulstraße in Wülfrath zuhause. Fotorechte: Puky
Marc Thiel und Britta Sieper führen heute die Geschäfte bei Puky. Fotorechte: Puky/Brillux, Roland Borgmann