Kreis Mettmann. Der heutige Weltfrauentag läuft unter dem Motto „Frauen in Führungspositionen: Für eine ebenbürtige Zukunft in einer Covid-19-Welt“. Auch im Kreis Mettmann beteiligen sich verschiede Akteurinnen und Akteure.
Weltweit wird am 8. März der Internationale Frauentag begangen; erstmals im Jahr 1911, damals jedoch an einem anderen Datum und erst ab 1921 jährlich. „Bereits vor 110 Jahren, am 19. März 1911, beteiligten sich Millionen von Frauen in Dänemark, der Schweiz, den USA, in Österreich und Deutschland am ersten Internationalen Frauentag“, würdigt die Wülfrather SPD den Aktionstag.
Der Weltfrauentag weist angesichts der pandemischen Lage auf die Relevanz des Einsatzes von Frauen hin. So sind laut Destatis von den 5,65 Millionen Beschäftigten im Gesundheitsbereich 76 Prozent Frauen. Dankbarkeit gibt es, echte Gleichberechtigung jedoch nicht. Die Corona-Lage erhellt daher auch die Schattenseiten. Die IG Bau kritisiert die „Karrierefalle Minijob“ und weist auf die Folgen der Pandemie hin, die insbesondere Frauen treffen – auch im Kreis Mettmann.
„Insbesondere Minijobs werden in der Krise zunehmend zur Karrierefalle“, kritisiert Bezirksvorsitzender Uwe Orlob. Nach Angaben der Arbeitsagentur sind aktuell 57 Prozent der insgesamt rund 44.000 geringfügig entlohnten Arbeitsverhältnisse im Kreis Mettmann in Frauenhand. In der Gebäudereinigung liegt der Frauenanteil bei den 450-Euro-Stellen sogar bei 67 Prozent. Geringfügig Beschäftigte gehen leer aus beim Kurzarbeitergeld und seien auch häufiger von Entlassungen betroffen, so die IG Bau.
Die IG Bau plädiert dafür, die Minijobs in der jetzigen Form abzuschaffen und sozialversicherungspflichtig zu machen. Eine Anhebung der Verdienstgrenze auf 600 Euro, wie sie einige Arbeitgeberverbände fordern, liefe hingegen auf einen Ausbau prekärer Arbeitsverhältnisse hinaus. Und: Das Ehegatten-Splitting stehe einer echten Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt im Weg. „Durch hohe Abzüge in der Steuerklasse 5 bleibt vielen Frauen nur wenig vom Bruttoverdienst. Das führt auch zu geringen Arbeitslosenansprüchen und Einbußen beim Elterngeld“, kritisiert Orlob.
Am Frauentag sind Männer besonders gefordert
In Zeiten geschlossener Kitas und Schulen bleibe die Kinderbetreuung nach wie
vor meist an den Frauen hängen, so IG Bau-Bezirksvorsitzender Uwe Orlob. Hinzu kämen die Arbeit im Haushalt und die Pflege von Angehörigen. Bei der IG Bau fordert man daher, die politischen Rahmenbedingungen zu verbessern.
Allerdings sei auch ein gesellschaftliches Umdenken nötig – und das betrifft auch Männer. „Männer, die beruflich etwas zurücktreten, können der Partnerin helfen, den nächsten Karriereschritt zu gehen und Lasten in der Familie fairer zu verteilen“, so Orlob. Erneut ist es die pandemische Lage, die Ungleichheiten offenlegt. Nach einer repräsentativen Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung ist die durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit von Frauen im Zuge der Corona-Krise stärker gesunken als die von Männern.
Vor Ausbruch der Pandemie arbeiteten Frauen demnach im Durchschnitt fünf Stunden pro Woche weniger als Männer in einem bezahlten Job. Im Herbst 2020 betrug die Differenz bei Erwerbstätigen mit betreuungsbedürftigen Kindern elf Stunden pro Woche. Zwei Drittel der befragten berufstätigen Frauen mit Kindern gab an, in der Partnerschaft den größeren Teil der Kinderbetreuung zu übernehmen. Sieben Prozent sahen die Hauptverantwortung bei ihrem Partner, 27 Prozent sprachen von einer Gleichverteilung der Sorgearbeit.
Institutionen und Städte weisen mit Aktionen und Stellungnahmen auf die bevorstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen hin. So heißt es von den Gleichstellungsbauftragten Städte Mettmann und Wülfrath: „Der internationale Frauentag am 8. März verbindet Frauen in der ganzen Welt in ihren Forderungen nach Gerechtigkeit und erinnert an die mutigen Streiterinnen, die eine weltweite Bewegung in Gang gebracht haben.“
Krisen verstärkten existierende Ungleichheiten, so auch die Corona-Lage. Als wären Benachteiligungen im Job-Sektor nicht Anlass genug für ein Umdenken, bereiten weitere Gefahren Sorgen. Krisenzeiten seien für Frauen besonders gefährlich, da sie schlechter vor häuslicher und sexualisierter Gewalt geschützt sind, so die Gleichstellungsbeauftragten. Übrigens: Im Jahr 2009 wurde der Weltfrauentag unter dem Motto „Männer und Frauen vereint, um die Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beenden“ begangen. Heute, Zwölf Jahre später, mahnt man immer noch.
Am Internationalen Frauentag fällt jährlich auch der Blick auf die Bilanz der Erfolge im Kampf um Gleichberechtigung, das Frauenwahlrecht oder die Emanzipation von Arbeiterinnen. Aber: „Das, was in 100 Jahren erreicht wurde, bleibt ein flüchtiges Gut“, warnt die Wülfrather SPD. „Rechtsextremisten, die unsere liberale und offenen Gesellschaft missachten und unterwandern, greifen auch das gleichberechtigte Miteinander von Männern und Frauen an“. Es gelte, Widerstand zu leisten.
„Vom Homeschooling bis zur Betreuung von Kleinkindern: Es sind Frauen, die hier die Hauptlast tragen“, so die SPD. Die Gleichstellungsbauftragten der Städte Mettmann und Wülfrath nehmen den Weltfrauentag daher zum Anlass, um Danke zu sagen: „Danke, an alle, die den Laden in jeder Hinsicht am Laufen halten! Danke, für die unermüdliche Betreuung der Kinder und Enkel! Danke, für die Pflege von Menschen, die Hilfe benötigen! Danke, für Ihren Beitrag in dieser schwierigen Zeit.“
Der Frauentag ist international
Der Frauentag wird weltweit begangen. Darin liegt der Hinweis, dass Gleichstellung eine internationale Herausforderung ist. Die Grünen in Erkrath weisen mit einer Blumen-Aktion auf dem Hochdahler Markt darauf hin. 150 faire Rosen in leuchtenden Farben standen dort am Samstag zum Verschenken bereit.
Wie in jedem Jahr wollten die Grünen Frauen in Erkrath die Blumen anlässlich des Weltfrauentags verteilen und darüber informieren, „wie sehr die Frauen in Entwicklungsländern davon profitieren können, wenn sie in einer von Trans-Fair zertifizierten Rosenfarm arbeiten“. Für das Siegel müssen Kriterien erfüllt werden. So sollen die Arbeitsbedingungen für Frauen, aber auch die Klimabilanz verbessert werden.
„80 Prozent aller Blumen, die in Deutschland verkauft werden, stammen aus Afrika und Lateinamerika“, erläutern die Grünen zu den Hintergründen. Überwiegend arbeiteten Frauen auf den Blumenfarmen. „Oft unter furchtbaren Bedingungen: niedrige Löhne, Ausbeutung, gesundheitliche Gefährdungen.“
Die Rosen-Aktion soll auf Probleme hinweisen, aber auch Lösungen aufzeigen. „Das Tolle dabei ist, es ist eine echte Win-win-Situation“, sagt Barbara Geiss-Kuchenbecker, Grüne Ratsfrau und Mitglied der Steuerungsgruppe Faire Stadt Erkrath. „Die Rosen sind nämlich
besonders schön und langlebig. Man tut sich selbst und den Frauen in Kenia etwas Gutes.“
Die Erkratherinnen und Erkrather nahmen Notiz von der Aktion: „Die meisten freuten sich über die Rose, nahmen noch eine Informationsbroschüre mit, bedankten sich und gingen weiter“, so die Grünen. Eine Seniorin sei zunächst kopfschüttelnd stehengeblieben. Die Frau kritisierte, es sei ökologisch nicht vertretbar, Rosen aus Kenia zu verschenken. Der Hinweis auf die schwerpunktmäßige Produktion von Rosen in Afrika und Lateinamerika sei für die Hochdahlerin neu gewesen, so die Grünen, die mit ihrer Aktion Aufklärungsarbeit leisten.
Nach einem längeren Gespräch über die Chancen des fairen Rosenhandels nahm sie gerne eine Rose und das zur Verfügung stehende Informationsmaterial. „Wo kann man denn die fairen Rosen kaufen?“ fragte sie. „Ich bin ja jetzt in Rente, da habe ich mehr Zeit und
kann auch da einkaufen, wo es faire Rosen gibt.“
Eine Freude bereitete Kerstin Schoele, Mitglied im Kulturausschuss, den Verkäuferinnen der umliegenden Läden, indem sie sie mit einer fairen Rose überraschte. Als die Grünen-Frauen um 13 Uhr ihre Aktion beendeten waren fast alle Rosen verschenkt und auch vom Informationsmaterial von Trans Fair blieb wenig übrig.